Wegen MySQL-Datenbank

EU blockiert Sun-Übernahme durch Oracle

10.11.2009
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Mit dem Kauf von Sun Microsystems würde Oracle dem Wettbewerb im Datenbank-Markt schaden, argumentieren die Kartellwächter der EU.

Die EU-Kommission hegt ernste wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen die milliardenschwere geplante Übernahme von Sun Microsystems durch Oracle. Am Montag formulierten die Kartellwächter ihre Einwände in einem formalen "Statement of Objections". Weil der von Larry Ellison geführte Konzern mit Sun auch die Kontrolle über die populäre Open-Source-Datenbank MySQL gewönne, würde dem Wettbewerb Schaden zugefügt, lautet das Kernargument der EU.

Zwar hatte die Kommission bereits im September erklärt, den Deal genau prüfen zu wollen. Doch vor allem für amerikanische Beobachter kommen die jetzt bekannt gewordenen Einwände einigermaßen überraschend. So hatte die US-Kartellbehörde den Merger nach kurzer Prüfung durchgewunken. Entsprechend verschnupft reagierte Oracles Management auf die Nachricht aus Brüssel. Man werde sich energisch gegen die EU-Position zur Wehr setzen, teilte der Softwarekonzern mit. Diese beruhe auf "einem grundlegend falschen Verständnis" des Wettbewerbs im Datenbank-Markt und der Dynamik im Open-Source-Umfeld. Das US-Justizministerium erklärte, man habe die Übernahme sorgfältig geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs "unwahrscheinlich" sei.

Die formalen Einwände bedeuteten nicht, dass die EU-Kommission den Merger blockieren wird, betonte Sun in einer Erklärung. Selbst gegen eine abschließende Entscheidung der Behörde, die voraussichtlich im Januar 2010 fallen wird, könne man noch Berufung einlegen. Tatsächlich handelt es sich bei besagtem Statement of Objections um einen üblichen Verfahrensschritt, dem nun eine formale Antwort Oracles folgen wird.

Oracle hatte im April angekündigt, Sun Microsystems für rund 7,4 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen (siehe dazu auch die Analyse: Sun macht Oracle zum Komplettanbieter).

Schon vor den offiziellen Einwendungen der EU-Kommission legte Oracle am Montag seine Verteidigungsstrategie dar: Der Zukauf bedrohe den Wettbewerb nicht im Geringsten, heißt es in dem Dokument. Gerade im Datenbank-Markt herrsche ein intensiver Wettbewerb mit mindestens acht starken Playern, darunter IBM, Microsoft und Sybase. Dazu zählten auch drei unterschiedliche Open-Source-Anbieter. Wer mit Open-Source-Software vertraut sei, müsse zu dem Schluss kommen, dass ein Produkt wie MySQL am Ende von niemandem kontrolliert werden könne.

Mit Blick auf den Markt für Markt für Highend-Server sei der Deal sogar wesentlich für den Wettbewerb, argumentiert die Ellison-Company. Oracle werde Suns Prozessorplattform Sparc und das Unix-Derivat Solaris revitalisieren. Auch die Position von Java als Entwicklungsplattform werde gestärkt.

Diese Sicht teilen indes längst nicht alle Marktbeobachter. Seit dem Bekanntwerden der Übernahmepläne gibt es immer wieder Spekulationen um die Zukunft von Suns Hardwaregeschäft. Erst kürzlich etwa hatte der IDC-Analyst Rüdiger Spies erklärt, die Sparc-Plattform werde unter dem Dach von Oracle kaum überleben. Für Ellison jedenfalls wird die Verzögerung der Übernahme teuer. Mit jedem Monat, den Sun auf die behördliche Genehmigung warte, verliere das Unternehmen 100 Millionen Dollar, erklärte der Oracle CEO.

Weitere Hintergründe zur geplanten Übernahme von Sun durch Oracle finden Sie hier:

Stimmen zum Deal: Das sagen Analysten und Anwender

FAQ: Die wichtigsten Fragen zur Übernahme

Oracle schluckt Sun: Die Fakten