Ethik-Software

26.10.1990

Sebastian Trauerwein, Information Resources Manager

Das hält Trauerwein im Kopf nicht aus: In Amerika (wo sonst?) wurde jetzt von einigen Softwareherstellern eine Non-Profit-Organisation gegründet, die traditionelle Werte wie Ehrlichkeit und Liefertreue sowie den Glauben an die Selbstheilungskraft der Weichware-Industrie beschwören soll. Mit Selbstbedienungsläden für Personal Computer hat das SBPC nichts zu tun, das Kürzel steht vielmehr für "Software Business Practices Council". Wenn Sebastian das SBPC-Ethik-Programm richtig mißverstanden hat, dann handelt es sich um ein vorwegeilendes Schuldbekenntnis, daß nämlich durch mangelhafte Software Schäden verursacht würden, ein freiwilliges Bekenntnis überdies, weil diesbezüglich ja von niemandem Anklage erhoben wurde. Die Voraussetzungen dafür müßten ohnehin erst geschaffen werden. Die Schuldfrage stellt sich nicht, denn niemand erwartet ernsthaft von einer Software, daß sie funktioniert, ein Schaden kann also auch nicht nachgewiesen werden. Was die SBPC-Mitglieder wirklich wollen, bleibt ihr Geheimnis. Trauerwein kann sich aber immerhin denken, warum die IBM dem Zeigefinger-Verein nicht beigetreten ist. Das größte Softwarehaus der Welt hat eben ein reines Gewissen.