Ethernet erobert die Produktion

28.07.2005
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Klassische IT-Produkte sind aber auch aus einem anderen Grund für das Industrieumfeld kaum geeignet: Hier werden die Geräte nicht als Rack in einem 19-Zoll-Schaltschrank montiert, sondern sitzen auf der so genannten 35-Millimeter-DIN-Hutschiene, die als Tragschiene dient. Ferner werden zur Energieversorgung der Komponenten meist 24 Volt verwendet, während LAN-Equipment einen 220-Volt-Anschluss hat.

Erschwerend kommt hinzu, dass Ethernet durch seine Grundkonzeption nicht echtzeitfähig ist. Während beispielsweise in der Prozesssteuerung von Aktoren - etwa bei der Ansteuerung eines Elektromotors - mit Reaktionszeiten im Mikrosekundenbereich gearbeitet wird, waren die Netzwerker lange Zeit froh, wenn sie sich im Bereich von mehreren 100 Millisekunden bewegten. Der Grund hierfür liegt im undeterministischen Charakter von Ethernet. Aufgrund des verwendeten Verfahrens zur Kollisionsvermeidung (CSMA/CD) lässt sich der Transport eines Datenpakets zeitlich nicht exakt vorhersagen. Dieses Problem relativiert sich mit dem Einsatz von Switches, doch selbst Ethernet-Verfechter raten zur Vorsicht, wenn es um die Verwendung im Motion-Control-Bereich geht. Cisco-Manager Roschek würde beispielsweise in der Papierproduktion zur Steuerung der Walzen einer Strasse, die per Königswelle synchronisiert werden, nur bedingt zu Ethernet raten: "Es gibt noch Grenzen." Allerdings verschieben sich diese zugunsten von Ethernet.

Laufzeitprobleme für WLANs

Laufzeitprobleme drohen, wie Lancom-Manager Traber ausführt auch beim Einsatz von WLANs in der Produktion, wenn etwa größere Strecken zu überbrücken sind. Hier besteht die Gefahr, dass der Sender Datenpakete wiederholt ausstrahlt, weil er vergeblich auf eine Empfangsbestätigung innerhalb des definierten Timeouts wartet. Deshalb sollte sich in den Access Points die Entfernung zur nächsten Funkstation einstellen lassen. Ferner gilt es zu berücksichtigen, dass im industriellen Umfeld aufgrund des vorhandenen Metalls mit einem anderen Reflexionsverhalten der Funkwellen zu rechnen ist. Dabei wechseln die Wellen etwa von der horizontalen zur vertikalen Polarisation. Um Empfangsbeeinträchtigungen zu vermeiden, raten die Hersteller zu Diversity-Antennen. Noch stärker als klassische Ethernet-Komponenten haben WLAN-Access-Points zudem mit Temperaturproblemen zu kämpfen. Denn mit den Schwankungen verändert sich die Frequenz der Funkmodule. Um diese in einem definierten Bereich zu halten, baut Lancom in einem Access Point eine Heizung und Kühlung ein.