Verfahren an Appellationsgericht verwiesen

Etappensieg für Microsoft vor Oberstem US-Gericht

06.10.2000
MÜNCHEN (CW) - Das höchste US-Gericht, der Supreme Court, wird den Kartellprozess gegen Microsoft nicht selbst verhandeln. Die Richter beschlossen mehrheitlich, den Fall an das Appellationsgericht zu verweisen. Microsoft kann diese Entscheidung als Etappensieg feiern.

Lediglich einer von neun Richtern des Supreme Court sprach sich gegen den Beschluss aus, den Microsoft-Prozess als einen exemplarischen Fall an eine untergeordnete Instanz abzugeben. Die andere acht votierten gegen den Wunsch der Kläger, das Verfahren vor dem Obersten Gericht zu verhandeln, und schlossen sich der Argumentation Microsofts an. Der Hersteller hatte stets darauf gedrängt, zunächst das Appellationsgericht des Staates Columbia einzuschalten, da diese Instanz das komplizierte und wirtschaftlich bedeutende Verfahren besser abwickeln könne.

Zwar spielte Microsoft-CEO Steve Ballmer den juristischen Erfolg mit den Worten "Das ist nur ein prozessualer Schritt" herunter, doch Beobachter werten diese Entscheidung als Erfolg für die Softwerker. Immerhin hatte das nun verantwortliche Gericht in der Vergangenheit bereits eine richterliche Entscheidung zugunsten von Microsoft aufgehoben. Zwei der damals drei beteiligten Richter sind Mitglieder des siebenköpfigen Gremiums, das nun erneut über Microsoft zu Gericht sitzt.

Damit hat sich auch die Hoffnung des US-Justizministeriums und der 19 Bundesstaaten auf eine schnelle Urteilsfindung zerschlagen. Deren Klage hatte zum Votum des Bezirksrichters Thomas Jackson geführt, Microsoft in zwei Teile aufzuspalten. Obwohl das nun zuständige Appellationsgericht schnell reagierte und bereits wenige Stunden nach der Entscheidung die ersten Schritte zur Terminkoordination mit Microsoft einleitete, wird sich der Prozess voraussichtlich über wenigstens zwei Jahre hinziehen - in der schnelllebigen IT-Branche ist das eine sehr lange Zeit.

Die Verzögerung könnte sich für Microsoft in weiterer Hinsicht auszahlen. Im November finden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Sollte der republikanische Kandidat George Bush dabei die Mehrheit erlangen und ins Weiße Haus einziehen, kann der Redmonder Konzern auf Unterstützung hoffen. Bush hatte in der Vergangenheit das Verfahren heftig kritisiert und insbesondere die vorgebliche Aggressivität der Regierungsstellen angeprangert. Nun spekulieren Beobachter bereits, inwiefern eine republikanische Regierung Einfluss nehmen könnte.