IT-Manager wetten

Etablierte Unternehmen brauchen Startups

04.05.2018
Von Carsten Priebs

Diese Kraft wird gleichsam durch eine bedächtige Vorgehensweise kanalisiert: Zuerst geht es darum, als Ausgangspunkt die Kundenbedürfnisse zu verstehen, dann werden Hypothesen aufgestellt, wie diese befriedigt werden könnten. Die Ergebnisse fließen in ein erstes, einfaches Produkt ein, um es dann möglichst schnell mit ersten Kunden zu testen. Passt es nicht, wird es geändert, sonst wird auf Basis der datengetriebenen Kundenbeobachtung weiter ausgearbeitet - und wieder schnell getestet und so weiter.

Dieses Vor­gehen sichert Kundennutzen und reduziert die Kosten von Fehlentwicklung. Fehler sind hierbei willkommen, zeigen sie doch, an welcher Stelle das Produkt oder die Dienstleistung besser werden kann. Die Stichworte lauten: Lean Startup, Design Thinking, Agilität, Minimum Viable Product.

Freies Arbeiten wichtig

Dazu brauchen das Startup und die Menschen im Startup Unabhängigkeit. Sie machen Fehler, sie lernen, sie haben Raum und Zeit für Kreativität, sie bearbeiten miteinander Probleme intensiv ohne Hierarchie oder Abteilungsgrenzen. Das fordert allerdings einerseits von den Menschen die Fähigkeit, so zu arbeiten, und andererseits speziell von den Führungskräften, kon­kreten Nutzen durch das Schaffen dieses Umfelds und die individuelle Förderung von Mitarbeiter-Fähigkeiten zu stiften.

Wenn hier eigentlich allgemein von Innovation die Rede sein sollte, wie kommt es, dass jetzt praktisch nur von Digitalisierung die Rede ist? Weil zu erwarten ist, dass Software in fast allen Produkten und Dienstleistungen einen oder den entscheidenden Produktionsfaktor ausmachen wird: Sei es Software für das autonome Fahren, die Ladesteuerung von Batterien, 3D-Druck, Krebs­bekämpfung, Essenbringdienste. Software ist heute das universelle und bedeutendste Werkzeug, so wie der Stein in der Steinzeit.

Wenn Software das universelle Werkzeug ist, dann ist Programmierung ihre Anwendung und Startup-Kultur ihr Erfolgsfaktor. General Electric lässt alle neuen Mitarbeiter Programmierkurse durchlaufen - unabhängig vom fachlichen Ein­satz­gebiet. Daimler will 20 Prozent seiner Mitarbeiter in einer Schwarmorganisation, also vernetzten Teams außerhalb einer Hierarchie, arbeiten lassen.

Also jetzt handeln …

Das funktioniert also auch in Deutschland. Das Frankfurter Insurtech Clark, das alle Versicherungen des Kunden in einer App auf dem Smartphone zusammenfasst und das Portfolio gemäß den Kundenbedürfnissen per Robo-Advisor und künf­tig sicher auch per künstliche Intelligenz optimieren will, hat es innerhalb von weniger als 80 Tagen von der Idee bis zum ersten Kunden in der App geschafft - gemeinsam mit den Aktivitäten ähnlicher Insurtechs ein klarer Angriff auf sämtliche nichtdigitalisierten Versicherungsmakler.

Wie können auch mittelständische Unternehmen und Konzerne eine solche Geschwindigkeit erzielen und potenziell disruptive Innovationen schaffen? Es gibt sicher für jedes einzelne Unternehmen eine optimale Strategie, die man durch intensives Nachdenken erarbeiten könnte. Vielleicht kann man es aber auch so machen wie die Digitalisierer im Silicon Valley: vorhandene Tools und Vorgehensweisen, die sich als erfolgreich herausgestellt haben, identifizieren, selber ausprobieren und anpassen - einfach machen!

… und zwar richtig

Wenn wir vom Kunden her denken, seine Pro­bleme und Bedürfnisse kennen, können wir die Marktspielregeln umgehen oder außer Kraft setzen oder einen ganz neuen Markt schaffen. Das wird zwar nicht in einem einzigen Schritt zu schaffen sein, aber die Vision dafür sollte formuliert sein. Einige Venture Capitalists (VCs) im Silicon Valley investieren nur in Startups, die die Phantasie haben, eine Bewertung von einer Milliarde Dollar zu erreichen - erst dann ändern sie nämlich wirklich Märkte! Die Motiva­tion für die Unternehmen: Wenn sie es nicht selbst tun, wird es jemand anders in die Hand nehmen. Also: Keine graduellen Verbesserungen von Bestehendem oder leichte Abwandlungen - hier sind echte Game Changer gefragt.

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Foto: cio.de

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