Frost & Sullivan analysieren europäischen Unix-Markt

Etablierte DV-Hersteller hätten den Unix-Boom fast verschlafen

24.04.1992

MÜNCHEN (CW) - Eine Studie von Frost & Sullivan bestätigt, was Hard- und Softwarehersteller nicht gerne hören: Gerade führende Anbieter wie IBM und Digital Equipment, aber auch die europäischen Software-Anbieter hatten massive Schwierigkeiten, auf den Unix-Zug aufzuspringen. Zu lange bauten sie auf ihre Stammkunden, die sie in großer Zahl mit Hilfe proprietärer Produkte an sich gebunden hatten.

Obwohl das Multiuser-Betriebssystem bereits seit über 20 Jahren stetige Wachstumszahlen aufweist, hat es laut Frost & Sullivan den Durchbruch erst in den vergangenen drei Jahren geschafft. Die Studie mit dem Titel "Der europäische Absatzmarkt für Unix-Systeme" nennt den Grund: "Gut eingeführte und allgemein verbreitete, aber proprietäre Systeme wurden Hals über Kopf für Unix aufgegeben."

Im Klartext bedeute dieser Trend, daß sich die Anwender auch von qualitativ hochstehenden Produkten abgewandt haben, sofern diese nicht offen waren. Angesichts heterogener DV- Landschaften fordern sie portable Betriebssysteme und Anwendungen.

"Es scheint fast", so der Bericht, "daß die Bedeutung der proprietären Betriebssysteme in den vergangenen beiden Jahren ganz von selbst immer mehr verblaßt." Die in diesem Zeitraum manchmal erbittert, aber medienwirksam geführten Auseinandersetzungen der verschiedenen Open-Sytems-Interessengruppen erwähnen die Analysten nicht.

Die Zeichen der Zeit frühzeitig erkannt haben vor allem die Behörden, die nicht nur mit Beschaffungsrichtlinien, sondern auch mit gezielten Investitionen offene Systeme gefördert hätten. Trotzdem lagen sie 1991 mit einem Etat für Unix-Produkte von 1,5 Milliarden Dollar noch hinter den Industrieunternehmen, die für offene Systeme knapp zwei Milliarden Dollar ausgaben.

Eine Betrachtung nach Ländern ergab, daß Deutschland mit einem Volumen von 1,93 Milliarden Dollar den größten nationalen Markt darstellt. Knapp dahinter in der Hitliste liegt Großbritannien mit 1,83 Milliarden Dollar, während Frankreich mit 1,4 Milliarden Dollar Rang drei für sich beanspruchen kann. Das Marktvolumen für die mittel- und osteuropäischen Staaten gibt Frost & Sullivan mit insgesamt 141 Millionen Dollar an.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr europaweit acht Milliarden Dollar mit Unix-Produkten erwirtschaftet Damit steuert Europa nach Informationen von Frost & Sullivan nahezu die Hälfte zum weltweiten Umsatz für Unix-Produkte bei. Dieser Boom hält nach den Prognosen der Analysten an: Bis 1996 soll der Markt auf über 20 Milliarden Dollar anwachsen.

Eine weitere Studie der Marktbeobachter beschäftigt sich mit dem weltweiten Workstation-Markt für Unix. Der Bericht mit dem Titel "Unix in the 32 Bit Supermicrocomputer Market" betrachtet die Entwicklung von 1990 bis 1995. In diesem Bereich sollen die Umsätze von vier Milliarden Dollar auf zehn Milliarden Dollar ansteigen.

Die Untersuchung über den europäischen Markt ist für 3900 Dollar bei der Frankfurter Niederlassung von Frost & Sullivan zu beziehen.

Die Marktanalyse für die 32-Bit-Unix-Systeme kostet 2900 Dollar.