Escom und Peacock mit vorinstallierter Novell-Software Novell will mit Perfect Office 7.0 im Applikationsmarkt ueberleben

20.10.1995

MUENCHEN (ws) - Novells Rueckbesinnung auf das Kerngeschaeft Netzwerktechnologie koennte bald das Ende fuer "Perfect Office" bringen. Die Zukunft des Office-Pakets haengt jetzt davon ab, wie sich die Windows-95-Version 7.0 im Markt behaupten kann.

Das Rennen um Marktanteile bei 32-Bit-Office-Paketen fuer Windows 95 tritt Novell mit einem gravierenden Handicap an: Gerade fuenf Prozent aller verkauften Anwendungssuites fuer Windows 3.x stammen von den Netzwerkern aus Utah, waehrend es Erzrivale Microsoft in diesem Marktsegment auf stolze 90 Prozent bringt.

Damit dem Start in die 32-Bit-Aera mehr Erfolg vergoennt ist, setzt Novell bei Perfect Office vor allem auf eine engere Integration mit Netware. Angesichts dessen weiter Verbreitung geht das Unternehmen davon aus, dass eine gute Abstimmung der Applikationen mit dem hauseigenen Netzwerk-Betriebssystem ein entscheidendes Verkaufsargument fuer Perfect Office sein koennte.

Eine zentrale Rolle bei der Integration von Perfect Office mit Netware kommt den Netware Directory Services (NDS) zu. Das Nebeneinander von drei verschiedenen Adressbuechern beim 16-Bit- Office soll zukuenftig einem zentralen, NDS-basierten Adressbuch weichen. Fuer das Gros der eingesetzten Netware-Server ist diese Funktion allerdings ohne Belang, da sie unter der Version 3.1x laufen und statt ueber NDS noch mittels Bindery verwaltet werden. Da Microsoft Novells Angebot zur Lizenzierung der NDS fuer Windows NT abgelehnt hat, beschraenken sich die Vorteile der NDS- Unterstuetzung von Perfect Office 7.0 auf die vorerst relativ schmale Basis der installierten Netware-4.x-Netze.

Trotzdem soll Perfect Office auch von Netware-3.x-Servern profitieren: Engere Anbindung an Datei- und Druck-Server-Dienste sowie Server-basierte Lizenzkontrollen sollen auch hier eine gute Netzintegration ermoeglichen.

Novell setzt auf Groupware-Funktionen

Neben Netware-Unterstuetzung setzt Novell bei Perfect Office auf Groupware-Funktionen. Die Workflow-Engine aus Novells "Groupwise" uebernimmt die Verteilung und Versionsverwaltung von Dokumenten innerhalb von Arbeitsgruppen. Daneben soll eine Schnittstelle zu Lotus Notes den Zugriff auf Notes-Datenbanken moeglich machen.

Laengerfristig plant Novell im Rahmen seiner "Netware Workgroup Services" die Entwicklung eines eigenen Perfect- Office-Servers. Ausserdem ueberlegt der Hersteller, Perfect Office gleich mit Netware in einem Paket zu verkaufen.

Insider gehen davon aus, dass Perfect Office 7.0 eine Bewaehrungsfrist von einem Jahr erhaelt. Novell schaetzt optimistisch, bis dahin fuenfundzwanzig Prozent des Office-Marktes erobern zu koennen.

Sollte aber der Verkauf des Anwendungspakets weiterhin stagnieren, wird CEO Robert Frankenberg kaum zoegern, nach Novell DOS und Unixware auch Perfect Office abzustossen.

Vorerst scheinen die Zeichen fuer Novells Anwendungssoftware jedoch nicht schlecht zu stehen: Die Escom AG gab bekannt, dass sie Perfect Office mit ihren Rechnern ausliefern wolle. Auch die Peacock AG, Wuennenberg, installiert Novell-Applikationen auf ihren PCs, naemlich das integrierte Paket "Perfect Works".

Gefahr droht Perfect Office jedoch nicht nur durch uebermaechtige Konkurrenz, sondern vor allem durch interne Verzoegerungen: Novell gab mittlerweile zu, dass sich der urspruenglich angekuendigte Auslieferungstermin fuer Perfect Office 7.0 nicht einhalten laesst. Waehrend Microsofts Office 95 bereits erhaeltlich ist, verzoegert sich die Fertigstellung von Perfect Office um drei Monate bis ins zweite Quartal 1996. Sollten sich dann noch weitere Verspaetungen ergeben, koennte Novell die fuer Mitte 1996 erwartete Umstiegswelle auf Windows 95 verpassen.