Zwei Carrier im Boot: Uunet und Telekom

Escada teilt sich VPN-Betrieb mit Vanco

12.07.2002
MÜNCHEN (sra) - Der Modehersteller Escada verbindet Tochtergesellschaften und Läden über ein Virtual Private Network (VPN), das Vanco als Generalunternehmer betreut. Um den Know-how-Verlust so gering wie möglich zu halten, teilt sich Escada das Management des Netzes mit dem Dienstleister.

Designermode ist das Kerngeschäft von Escada. Anders als Gucci oder Prada verdient die Firma eigenen Angaben zufolge mehr Geld mit Kleidung (Marken "Escada" und "Escada Sport") als mit Accessoires wie Schuhen oder Taschen. Das Unternehmen hat weltweit zehn Tochtergesellschaften sowie 4500 Mitarbeiter. Bis vor kurzem betrieben alle Töchter unterschiedliche lokale IT-Lösungen, denn jedes Land durfte eigenverantwortlich entscheiden, welche Systeme und Technologien es einsetzt. Nur das (Geschäfts-)Ergebnis zählte. Resultat war ein bunter Flickenteppich historisch gewachsener Lösungen: X.25 war im Netz ebenso vertreten wie SNA und Novells IPX. "Alles, was es so im Netzwerkbereich gibt, war irgendwo in Betrieb und musste auch gewartet werden", fasst Hans-Peter Obermaier, DV-Leiter bei Escada, zusammen.

Länderübergreifende Projekte wie das weltweite Extranet "Escada Online Information System" (EOIS) lösten schließlich Bestrebungen aus, die Infrastruktur zu vereinheitlichen. Als Basis für das neue Netz dient TCP/IP, und zwar sowohl im WAN als auch an den einzelnen Standorten. Ansonsten stand anfangs nicht fest, welche Technologie zum Einsatz kommen sollte. Eine Ausschreibung berücksichtigte zunächst Standleitungen, ein Ebene-2-Netz von AT&T, ein privates Netz der Telekom sowie zwei oder drei Anbieter von VPNs. "Wir sind relativ schnell dazu gekommen, die VPN-Technologie zu bevorzugen", erläutert Obermaier. Ausschlaggebend sei vor allem der Wunsch gewesen, das Management und den Betrieb der Infrastruktur zu optimieren sowie ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen.

Der Rollout des VPN ist noch im Gange. Aktuell sind Deutschland und Frankreich angeschlossen. Italien und Großbritannien sollen folgen, sobald die Arbeiten fertig gestellt sind. Als nächstes stehen die Töchter in den USA, dann in Japan und Korea auf der Warteliste.

Auf den Dienstleister Vanco fiel die Wahl aus mehreren Gründen: "Die haben eine maßgeschneiderte Lösung angeboten", lobt der DV-Leiter. Zudem habe ihm die Aufgabenteilung zwischen Escada und Vanco beim Betrieb des Netzes gefallen. Sie liegt nämlich in beiden Händen. Den First Level erledigt Escada, größere Probleme werden an Vanco übergeben. Dazu existieren Service-Level-Agreements (SLAs) und Prozessbeschreibungen. Konfigurationsänderungen an der Firewall zum Beispiel werden von internen Mitarbeitern vorbereitet und von Vanco geprüft, bevor sie in die Produktion gehen. Darüber hinaus bot der Dienstleister Unabhängigkeit von einem einzelnen Carrier, und er unterstützte Technik von Cisco und Checkpoint, die schon vorher bei Escada eingesetzt wurde.

Hohe Anforderungen an die Sicherheit

Auch mit dem Carrier Uunet hatte Escada bereits zuvor zusammengearbeitet. Als zweiter Betreiber wird die Telekom in die Pflicht genommen, die hauptsächlich im deutschsprachigen Raum stark beansprucht wird.

Über das VPN betreibt Escada heute beispielsweise Einzelhandels-Anwendungen sowie das EOIS. Die Retail-Anwendungen sorgen dafür, dass bis zum Point of Sale ein durchgängiges Warenwirtschaftssystem zur Verfügung steht. Bei EOIS handelt es sich um eine Informationsplattform, die den Vertriebs- und Marketing-Prozess unterstützt. Sie enthält zum Beispiel eine Produkt-Datenbank sowie eine Retail-Academy, die Mitarbeitern Verkaufs- und Kollektionstraining für vier Kollektionen im Jahr bietet, sowie eine Enzyklopädie mit firmenspezifischen Ausdrücken. Darüber hi-naus sind etwa Bestellungen von Schaufensterdekoration für die Läden damit möglich.

"Wir haben jetzt schon die Sommerkollektion für 2003 im EOIS. Das ist noch nicht für jedermann bestimmt", erläutert der DV-Experte, warum er die Sicherheitsanforderungen als hoch einstuft. Entsprechende Schutzmaßnahmen sind Teil der VPN-Technologie.

Schwierigkeiten mit der Realisierung des Projekts will Obermaier nicht gehabt haben. Überschneidungen von IP-Adressen - bei VPNs oft ein Problem - traten nicht auf, da Escada alle IP-Adressen im Rahmen der TCP/IP-Einführung umgestellt hatte. Exportbeschränkungen könnten allenfalls bei der Anbindung von Hongkong ein Thema werden. Um Probleme mit Latenzzeiten oder Bandbreitenengpässen zu vermeiden, wurden mit Vanco entsprechende Service-Levels vereinbart (zum Beispiel, dass Datenpakete innerhalb von Deutschland nicht länger als 65 Millisekunden hin und zurück unterwegs sein dürfen). Zudem hat Escada eigenen Angaben zufolge "einfach nicht mit Bandbreite gegeizt".