Trend zur Heimarbeit

Es zählt nur das Ergebnis

28.03.2015
Von Ferdinand Knauß
Nach Microsoft folgt auch der Zuliefererkonzern Bosch dem Trend zur Befreiung der Arbeit von Raum und Zeit. Zählen soll nur das Ergebnis.
  • Nach Microsoft hat auch Bosch das mobile Arbeiten erleichtert.
  • Was sich Konzerne vom Home Office versprechen.

Es gibt sie immer noch. Jene Chefs, die auf die Bitte nach Heimarbeit antworten: "Aber dann sehe ich ja gar nicht mehr, was du machst!" Doch solche Führungsmethoden nach dem Vorbild von Gefängnisaufsehern werden seltener.

Nach Microsoft hat auch Bosch seinen Mitarbeitern das mobile Arbeiten von zu Hause oder wo auch immer sie wollen erleichtert. Beim Automobilzulieferer zieht aber auch umgekehrt das private Leben ins Büro ein.

Was ohnehin für die meisten Büroarbeiter selbstverständlich ist, wird von Bosch offiziell erlaubt: die private Nutzung von E-Mail, Internet und Telefon am Arbeitsplatz. Auch private Reisen oder Einkäufe können nun ohne Heimlichtuerei am Dienst-PC gebucht werden.

Vor wenigen Monaten gab Microsoft bekannt, dass die Anwesenheitspflicht für seine Mitarbeiter im Büro vollständig abgeschafft ist. Schon 1998 hatte der Software-Konzern die die festen Arbeitszeiten abgeschafft. Mitarbeiter dürfen ihre Arbeit künftig wann und wo sie wollen verrichten. Für die Mitarbeiter in Deutschland wird der "Vertrauensarbeitsort" in einer Betriebsvereinbarung verbindlich geregelt.

Heimarbeit in der einen oder anderen Form ermöglichen die meisten Firmen. Bei Siemens darf jeder Büromitarbeiter einen Tag pro Woche zuhause arbeiten. Beim Chemiekonzern BASF trat 2013 eine Betriebsvereinbarung zum Mobilen Arbeiten in Kraft, wonach bedarfsorientiert Mitarbeiter an einem anderem Ort als ihrem Büroplatz arbeiten können.

Bosch will, so heißt es in einer Pressemitteilung, "den Wandel von der Präsenzkultur hin zu mehr Flexibilität und Ergebnisorientierung weiter voranbringen" und "die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben" stärken. Mit dem Konzernbetriebsrat wurden dazu zwei neue Konzernbetriebsvereinbarungen erarbeitet, die für die Bosch-Beschäftigten in Deutschland gelten sollen.

Er sei "von den Vorteilen flexibler Arbeitsmodelle überzeugt", begründet Christoph Kübel, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor bei Bosch die neuen Regeln. "Die freie Wahl von Arbeitsort und -zeit steigert die Zufriedenheit der Mitarbeiter, liefert bessere Arbeitsergebnisse und stärkt die Kreativität."

Bislang mussten bei Bosch Vorgesetzte einzeln genehmigen, wenn ein Mitarbeiter vorübergehend an einem anderen Standort oder von zuhause aus arbeiten wollte. Jetzt haben Mitarbeiter grundsätzlich einen Anspruch darauf - sofern die berufliche Aufgabe es zulässt.

Die Personalchefin von Microsoft Deutschland, Elke Frank, glaubt, dass Anwesenheit im Büro "nichts über die Qualität der Leistung von Mitarbeitern" aussage, wie sie das Magazin "Impulse" zitiert. Entscheidend für Microsoft sei nicht der Ort der Arbeit, sondern nur das Ergebnis.

Was unzählige arbeitspsychologische Studien zeigen, ist offenbar allmählich in den Köpfen der Personalmanager angekommen: Unter den wachsamen Augen eines kontrollwütigen Vorgesetzten und zwischen dem Geschnatter der Großraumkollegen kann man nur schlecht konzentriert an einem Projekt arbeiten oder kreative Ideen haben. "Wer in Ruhe arbeiten will, arbeitet von zu Hause", sagt Frank.

Trennung von Beruf- und Privatleben

Als Kehrseite der Freiheit fürchten manche, dass Arbeit und Freizeit vollständig ineinander übergehen. Bei Bosch zumindest hat der Betriebsrat daher bei den neuen Regelungen auf eine klare Trennung von Beruf- und Privatleben geachtet. "Jeder Mitarbeiter legt deshalb zum Beispiel Pausenzeiten und Zeiträume fest, in denen er ungestört bleiben will", sagt Bosch-Betriebsratschef Löckle. Die Arbeitszeiten werden auch zuhause erfasst und begrenzt.

Dass die Arbeit zuhause möglicherweise für den einen oder anderen ganz eigene Probleme mit sich bringt, vor allem wenn da Kinder und andere Quellen der Ablenkung sind, bestreiten auch die Apostel einer neuen Arbeitswelt wie die Buchautoren Cali Ressler und Jody Thompson nicht.

Ihr Programm ROWE - "Results only work environment" - heißt ja gerade, dass eben die Resultate der Arbeit im Vordergrund stehen sollen. So wenig wie die Anwesenheit im Büro bedeutet der Schreibtisch zuhause unbedingt und für jeden die produktivste Lösung. Ein den persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen entsprechendes Büro kann für den einen ein ebenso guter Arbeitsort sein - wie der Platz im Kaffeehaus für den anderen. (Wirtschaftswoche)