Es muss nicht immer Netweaver sein

26.05.2006
Von Alexander Ehle
Das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart hat ein Portal einrichtet, in das sich die vorhandene SAP-Software integrieren ließ. Dabei verließen sich die Schwaben auf "Intrexx" von United Planet.

Portale leben als unternehmensweite Plattform von der Anbindung und Integration von IT-Systemen, um den Zielgruppen wie Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden oder Partnern einen möglichst einheitlichen und einfachen Weg zur benötigten Information und Funktion zu er ermöglichen. Zu den wichtigsten Kriterien bei der Softwareauswahl zählt, wie flexibel diese Lösungen bei der Einbindung bestehender Software sind.

Fazit

Die SAPs Netweaver hat bei der direkten Erzeugung und Bearbeitung von Daten im SAP-Umfeld sowie für Prozesse wie die Buchhaltung seine Berechtigung. Doch alternative Zusatzlösungen wie Intrexx Xtreme lassen sich in kurzer Zeit einführen. Applikationen können zum Teil interaktiv am Bildschirm entwickelt und verbessert werden.

Xtreme hat sich im Umgang mit verschiedenen Datenquellen sowie dem Im- und Export von Daten bewährt.

Problematisch bei einem direkten Datenbankzugriff könnten Änderungen an den Datenstrukturen von SAP bei einem Release-Wechsel sein. In diesem Projekt waren trotz R/3-Upgrades und Versionswechsel der unterliegenden Oracle-Datenbank keine Anpassungen notwendig.

Projektverlauf

Mitte 2003: Start des ersten Intranet-Portals

Frühjahr 2004: Entwicklung und Inbetriebnahme des Medizinsoftware-Portals mit Tumordokumentation für das RBK-Brustzentrum

Januar 2005: Einführung eines Management-Systems für MDK-Anfragen und eines Aktenverwaltungssystems.

Herbst 2005: Inbetriebnahme eines Extranet und eines Auskunftssystems über anwesende Patienten für Empfangsmitarbeiter.

Frühjahr 2006: Start eines überarbeiteten und erweiterten Mitarbeiterportals. Inbetriebnahme eines Qualitäts-Management-Handbuchsystems.

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Robert-Bosch-Krankenhaus

Das Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) ist ein Stiftungskrankenhaus, das auf eine private Initiative Robert Boschs aus dem Jahr 1936 zurückgeht. Trägerin des heutigen Krankenhauses ist die Robert Bosch Stiftung. 1350 Mitarbeiter betreuen im Jahr über 20 000 stationäre Patienten.

Auswahl des Portalsystems

Als das Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) sich auf die Suche nach einer Portalsoftware begab, gab es am Markt viele reine Content-Management-Systeme, die jedoch nur zum Teil zum Bauen von Portalen taugten. Da das RBK SAP R/3 nutzt, kam die "Net- weaver"-Plattform der SAP in die engere Wahl. Den Zuschlag erhielt aber das deutsche Softwarehaus United Planet mit "Intrexx Xtreme". Das Out-of-the-Box-Produkt war schon damals ein schlankes, kostengünstiges und standardisiertes Komplettsystem zur Erstellung und Pflege von Portalen. Das System bietet Komponenten für die Benutzerverwaltung, einen Layout- und Menüdesigner sowie einen visuellen Applikationsdesigner. Für das Krankenhaus war es wichtig, ohne viel Programmieraufwand und möglichst rasch ein Intranet-Portal (heute spricht man von Mitarbeiterportal) zu realisieren. Anbieter komplexer Portalsysteme wie SAP oder IBM mit "Websphere" benötigen erheblich mehr Vorlaufzeit für eine Umsetzung, und vor allem bedarf es Spezialistenteams für die Einführung. Die Philosophie der "offenen und produktunabhängigen Schnittstellen" war ein zweites wichtiges Auswahlkriterium, denn die An- beziehungsweise Einbindung von SAP R/3 und anderen Subsystemen in die Portallösung sollte jederzeit möglich sein.

Nach der Installation von Intrexx konnten die Anwender Layouts definieren und die ersten Inhalte auf der Basis der vorhandenen Applikationsvorlagen erstellen. Nach wenigen Tagen wurde Entscheidungsträgern und Projektteammitgliedern der erste einsatzfähige Prototyp vorgestellt. Projektbeteiligten erkannten schnell, welche Möglichkeiten das System bietet.

Anbindungsmöglichkeiten

Intrexx bietet drei verschiedene Verfahren, Daten von verschiedenen Systemen in das Portal zu integrieren:

Das Modul "Bizwalker" ermöglicht den Import von Daten aus Datenbanken und Dateien in die Datenbanktabellen einer Intrexx-Applikation. Eine Variante, die für einen einmaligen Import von Daten (Migrationen), aber auch zum redundanten Datenabgleich verwendet werden kann.

Eine direkte Methode, Daten aus anderen Quellen einzubinden, erlaubt das Modul "Fremddatenanbindung". Hierbei wird die Datenquelle via JDBC-Treiber direkt mit Intrexx verbunden und die jeweilige Tabelle oder View als "Fremddatenquelle" in der Applikation angelegt.

Eine Programmierschnittstelle gestattet unmittelbare Datenoperationen über Fremdsysteme. Damit können beispielsweise direkt RFCs (Remote Function Calls) und BAPIs von SAP-Systemen (R/3 oder CRM) angesprochen werden. Um im Falle von R/3 den Zugriff auf die Daten unter Berücksichtigung des Mandanten- und Berechtigungswesens zu gewährleisten, gibt es den "Intrexx Xtreme Business Adapter for SAP Business Suite". Der Zugriff erfolgt via RFC-Funktionen über den "SAP Java Connector". Damit lassen sich auch komplexe Portalszenarien unter Einbindung bestehender SAP-Backends abbilden.

Applikationsprojekte

Die erste Herausforderung bei der Anbindung des SAP-Systems bestand Intrexx Xtreme, als innerhalb von zwei Monaten ein Tumordokumentationssystem für Brustkrebserkrankungen im Rahmen der Zertifizierung des interdisziplinären Brustzentrums etabliert werden sollte. Um überflüssige Eingaben zu vermeiden, sollte die mit Intrexx erstellte Applikation auf die Daten zum Patientenstamm in "SAP IS-H" (Branchenlösung für den Gesundheitsbereich) zugreifen. Hinzu sollte ein Datenabgleich mit dem Klinikteil "onkologische Schwerpunkt" in Stuttgart kommen, um Überlebensstatistiken in Verbindung mit der Erforschung von Therapiemethoden und der Therapiewahl erstellen zu können. Hierzu wurde ein spezielles Web-basierendes Analysewerkzeug in die Portalapplikation integriert.

Weitere Berührungspunkte mit der SAP-Software sind Materiallisten, die für das Portal speziell sortiert werden. Über das Frontend können Anwender Krankenakten sowie Anfragen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) verwalten. Bei letzterer Anwendung kombiniert das Intrexx-System unterschiedliche SAP-Daten über ein Workflow-Management.

SAP-Anbindung

Für die Einsatzszenarien wurde aus Zeit- und Kostengründen keine spezielle Programmentwicklung auf API-Basis realisiert, zumal das entwickelte Konzept im Rahmen eines ausschließlich lesenden Zugriffs ausreichend Sicherheit bietet. Der direkte Zugriff ist in diesem Fall nur mit großer Disziplin und im Zusammenspiel von SAP-Basisadministrator, Datenbankadministrator und Intrexx-Applikationsentwickler möglich. Zudem sollte nach einem vorher exakt festgelegten Verfahren vorgegangen werden - besonders bei der Verwendung von Views, da diese in der Quelldatenbank, also im SAP-System, angelegt werden müssen. Es hat sich bewährt, Views vorab ausgiebig in einem SAP-Testsystem zu prüfen, denn ungünstige SQL-Konstrukte können die Performance beeinträchtigen. Das folgende Beispiel zeigt die Ergänzung von Preisangaben aus dem Materialstamm von SAP in einer Intrexx-Applikation, welche die in der Apotheke verfügbaren Arzneimittel inklusive medizinisch relevanter Informationen beinhaltet.

Einrichtung eines Datenbankbenutzers

Zunächst wird ein Datenbankbenutzer auf der SAP-Datenbank mit Zugriffsberechtigung auf relevante und von den verantwortlichen Stellen freigegebene Tabellen (nur lesend) erzeugt. Der Zugriff auf unternehmenskritische Daten über das Portal lässt sich somit weitgehend verhindern.

Datenverbindung herstellen

Die Einbindung einer Datenquelle in Intrexx erfolgt über einen Assistenten oder über die Auswahl der entsprechenden Datenquellen- und Descriptorklasse. Ferner sind Verbindungsparameter zu definieren. Diese Vorgaben liefert der Datenbankadministrator.

Anlage einer Fremddatengruppe in der Applikation

Die Auswahl der SAP-Tabelle in einer Intrexx-Anwendung erfolgt in der Struktur des Applikationsdesigners mittels rechter Maustaste auf dem Wurzelelement des Baumes. Anschließend wird die Tabelle oder View ausgewählt. Wechselt man nun auf den Reiter Datenfelder, ermittelt Intrexx alle verfügbaren Felder der Tabelle, die über die Schaltfläche "Hinzufügen..." wählbar sind. Bei Bedarf lässt sich der Datentyp des jeweiligen Feldes anpassen. Dieser verändert nicht den Feldtyp in der SAP-Datenbank, sondern nur die Zuordnung in Intrexx.

Verwendung von R/3-Feldern

Die im vorherigen Schritt angelegte Fremddatengruppe steht nun für den Seitenentwurf zur Verfügung. Im einfachsten Fall erzeugt der Anwender eine Ansicht, auf der ein Tabellenelement mit Verknüpfung auf die Fremddatengruppe platziert wird.

Der Portaldesigner kann eine Ansichtsseite im Menü der Applikation einfügen und die Berechtigungen für den Zugriff definieren. Nach dem Speichern steht die Anwendung im Portal bereit.

Bei einem Portalprojekt sollte die Sicherheit eine große Rolle spielen. Beispielsweise müssen Mechanismen verhindern, dass unbefugte Anwender auf Daten zugreifen und diese verändern. Deshalb dürfen Intranet-Nutzer auf die Daten in der SAP-Software nur lesend zugreifen. Dies gewährleistet zum einen die als nur lesend konfigurierte Zugriffsfunktion von Intrexx. Zum anderen wurde ein spezieller User in der SAP-Datenbank eingerichtet. Seine Berechtigung gestattet lediglich SQL-Befehle auf freigegebene Tabellen. Das Portal präsentiert dem Benutzer nur solche Inhalte, die seinen individuellen oder gruppenbezogenen Berechtigungen entsprechen. (fn)