OMG-Chef Richard Soley über neue Standards für die Anwendungsmodellierung

Erstmals Zertifizierung für UML-Experten

09.01.2004
In Kürze wird das Herstellerkonsortium Object Management Group (OMG) mit Version 2.0 der Unified Modeling Language (UML) einen wichtigen Standard für den Entwurf von Softwarelösungen verabschieden. OMG-Vorstand Richard Soley erklärt im CW-Gespräch mit Claudia Schröder*, wie Entwickler ihre UML-Kenntnissen zertifizieren lassen können, um mit dieser Qualifikation ihre Chancen am Markt zu steigern.

CW: Warum sollte ein Softwareentwickler ein "OMG Certified UML Professional" werden?

SOLEY: UML ist heute der De-facto-Standard zur Modellierung von Anwendungen. Er hat viele der früheren Eigenentwicklungen in diesem Bereich abgelöst und wird in Zukunft ein noch wichtigerer Bestandteil von Softwareprojekten sein. So betonen auch bekannte Persönlichkeiten aus der Industrie wie Bill Gates und IBMs Softwarestratege Steve Mills immer wieder, wie zentral die Modellierung für die Softwareentwicklung ist. Viele Hersteller und die Open-Source-Gemeinde haben bereits damit begonnen, ihre Werkzeuge an die neue Version 2.0 anzupassen. Das Einsatzspektrum der Tools reicht dabei von der Arbeit unter Windows, Unix und Linux bis hin zu Embedded-Systemen und Mainframes. Zudem ist die UML 2.0 der Grundstein der OMG-Initiative zur Model Driven Architecture (MDA).

CW: Wie können sich Softwareentwickler auf den neuen Standard vorbereiten?

SOLEY: Angesichts der großen Verbreitung von UML sollten sich Entwickler jetzt auf die Arbeit mit dem neuen Standard vorbereiten. Hierzu bieten wir das Programm "MDA-Faststart", das Informationen zur MDA-Initiative (www.omg.org/faststart/index.htm) versammelt, sowie das "OMG-Certified UML Professional Program" (OCUP). Letzteres ist das offizielle Zertifizierungsprogramm, das wir mit unserem Partner UML Technology Institute entwickelt haben (www.omg.org/uml-certification/index.htm).

CW: Es wird für OCUP mehrere Zertifizierungsstufen geben. Was benötigt ein Entwickler für den Einstieg?

SOLEY: OCUP untergliedert sich in die Fertigkeitsstufen Fundamental, Intermediate und Advanced. Wir erwarten, dass sich die meisten Interessenten mit der Fundamental-Stufe zufrieden geben. Diese Zertifizierung ist bereits jetzt in Japanisch und Englisch möglich. Entwickler, die belegen wollen, dass sie weitergehende UML-Kenntnisse besitzen und auch komplexe Aufgaben meistern können, werden sich für die anderen beiden Stufen prüfen lassen.

CW: Die UML 2.0 ist noch nicht endgültig verabschiedet. Kommen die Tests nicht zu früh?

SOLEY: Die Spezifikationen sind technisch komplett. Es müssen jetzt nur noch die verschiedenen, sich ergänzenden Einzelbeiträge zu UML 2.0 zu einer gemeinsamen und vereinfachten Dokumentation zusammengefasst werden. Daran arbeitet derzeit die UML 2.0 Finalization Task Force der OMG.

CW: Viele Programmierer nutzen in der Praxis bisher nur wenige, einfache Elemente von UML. Die Anforderungen für eine Zertifizierung für Version 2.0 sind aber wesentlich umfassender. Wie sind Ihre Erwartungen zur Akzeptanz des Zertifizierungsprogramms?

SOLEY: Es ist sicher richtig, dass viele Entwickler die UML nur für einen speziellen Bereich benutzen, vor allem Klassendiagramme und Use Cases; aber dies ignoriert die Stärke und die Eleganz der Sprache. Die UML verfügt nun über sehr mächtige Ausdrucksmittel, um komplexe Geschäftsprozesse und Zeitabhängigkeiten von Echtzeitsystemen zu definieren. Die UML nur zu benutzen, um hübsche Bilder zu malen, ist eine überholte Technik.

CW: Für was sollte UML ihrer Meinung nach genützt werden?

SOLEY: Wir hoffen, dass OCUP Entwickler und Entwicklungsorganisationen dabei hilft und motiviert, mit UML auch umfassende modellgetriebene Architekturen zu entwerfen, mit denen sich Systeme bauen lassen, die Jahrzehnte und nicht nur Monate überdauern. Außerdem sollten sich Entwickler nicht vom Umfang der UML-2.0-Spezifikationen einschüchtern lassen. Diese sind in erster Linie für Implementierer wie etwa Werkzeughersteller wichtig. Wer sich jetzt erst einmal mit dem Standard vertraut machen möchte, sollte sich eines der vielen neuen Bücher zu UML 2.0 und MDA besorgen.

CW: Wie läuft die Zertifizierung ab?

SOLEY: Die OCUP-Tests sind über den OMG- und UTI-Testpartner Thomson Prometric (www.2test.com/index.jsp) erhältlich. Ein Überblick des Programms in Englisch findet sich unter: www.omg.org/uml-certification/index.htm. Andere Sprachen werden 2004 verfügbar sein. Zusätzlich entwickeln wir und UTI derzeit zusammen mit Konferenzveranstaltern weitere Testangebote. Im deutschsprachigen Raum findet die Premiere im Januar auf der Konferenz "OOP" in München statt. Dort werden wir zusammen mit dem Veranstalter und dem deutschen UML-Spezialisten oose.de eine Zertifizierung für die Konferenzteilnehmer anbieten, und ich werde den ersten Absolventen das Zertifikat persönlich übergeben.

CW: Wie kann sich ein Softwareentwickler auf den Test zum OMG Certified UML Professional vorbereiten?

SOLEY: Bisher gibt es keine gebilligten Trainingsprogramme oder Organisationen. Wir haben aber alle Anforderungen in einer "Coverage" veröffentlicht (www.omg.org/uml-certification/program.htm). Da an OCUP bekannte Autoren mitgewirkt haben, können Sie mit entsprechenden Büchern zur Testvorbereitung rechnen. (as)

*Claudia Schröder arbeitet als unabhängige IT-Beraterin und koordiniert das Thema UML-Zertifizierung im deutschsprachigen Raum.

OOP-Konferenz 2004

Einen Überlick über die neuesten Trends im objektorientierten Programmieren liefert die OOP-Konferenz, die zum 14. Mal in München stattfindet: Vom 19. bis zum 23. Januar geht es unter anderem um die Model Driven Architecture und den neuen Standard UML 2.0. Weitere Themen sind Java, .NET, E-Government, Open Source, Grid Computing und Projekt-Management. Die Konferenz, die von einer Ausstellung begleitet wird, richtet sich an Softwarearchitekten, IT-Projektleiter und Entwickler. Veranstalter ist die Sigs-Datacom GmbH. Mehr Informationen gibt es unter www.oopconference.com.