Quantenkryptographie

Erstes abhörsicheres Kommunikationsnetz in Wien gezeigt

08.10.2008
Quantenphysiker und Techniker haben am Mittwoch in Wien nach eigenen Angaben zum ersten Mal über ein komplett abhörsicheres Netz telefoniert.

Die Gesprächsdaten wurden durch ein Verfahren aus der Quantenphysik verschlüsselt und über handelsübliche Glasfaserkabel geschickt. Ein Abhören sei aus physikalischen Gründen unmöglich, erläuterte der Quantenphysiker Anton Zeilinger von der Universität Wien. "Die momentan angewandten klassischen Schlüssel können von Supercomputern geknackt werden, das geht damit nicht." Potenzielle Kunden für so ein System könnten das Militär, Banken, Regierungen und Unternehmen sein.

Die sogenannte Quantenkryptographie zur Verschlüsselung von Daten ist nicht neu und wird in Teilen auch bereits angewendet. Bisher war es aber immer nur möglich, zwei Stellen direkt miteinander zu verbinden. In Wien wurden nun erstmals sechs Punkte im Umkreis der österreichischen Hauptstadt miteinander vernetzt - über Entfernungen von sechs bis 85 Kilometer. Das beweise, dass sich diese momentan noch mindestens 100.000 Euro teure Technik auch für Computernetze eigne. Mit Hilfe der Quantenkryptographie lassen sich nach Angaben der Forscher jegliche elektronischen Informationen wie E-Mails oder Videokonferenzen sicher verschicken.

Für die Erzeugung der sicheren Verschlüsselung werden den Angaben zufolge einzelne Lichtteilchen speziell präpariert und zwischen Partnern im Netzwerk ausgetauscht. Ein möglicher Lauscher könne prinzipiell keine Information über den verwendeten Datenschlüssel bekommen egal welche erdenklichen Möglichkeiten er zur Verfügung habe. Dafür sorgen die Gesetze der Quantenphysik, wo jede Messung dauerhafte Spuren hinterlässt. Die Lichtteilchen änderten sofort ihren Zustand, wenn jemand von außen versuche, darauf zuzugreifen. Während die Messung der Lichtteilchen durch die Partner im Netzwerk beabsichtigt ist, manifestiert sich eine Messung eines Lauschers in einer Fehlerrate im System, die von den Kommunikationspartnern bemerkt wird.

Durch einen Lauscherangriff ändert sich nichts an der Sicherheit im System, die Fehlerrate steigt jedoch. Steigt die Fehlerrate dadurch über einen gewissen Schwellenwert, kann auf der betreffenden Verbindung kein Datenschlüssel mehr erzeugt und verteilt werden. Bei einer Verbindung von nur zwei Stellen bricht die Kommunikation zusammen. In einem Netzwerk kann sich der weiterhin sicher verschlüsselte Datenstrom jedoch einen anderen Weg suchen.

In dem EU-Projekt namens SECOQC arbeiten seit viereinhalb Jahren 41 Wissenschaftler aus 12 Ländern an dem Netzwerk und dem Nutzen von Quantenkryptographie im Alltag. Eines der Probleme bei der alltäglichen Anwendung der Technik ist bisher noch die Schnelligkeit. "Die Übertragung ist deutlich langsamer als das Internet", sagte Zeilinger. Zudem könnten nur Daten auf einer Strecke von höchstens 100 Kilometern verschickt werden, da es keinen Verstärker für das spezielle Datensignal gibt. "Für mich sind das aber nur noch technologische Herausforderungen und keine prinzipiellen Probleme", sagte der Physiker.

Mit bei der Präsentation waren Vertreter von Siemens Österreich, die diese Technik bald verkaufen wollen. "Ich gehe davon aus, dass wir in drei bis vier Jahren unseren Kunden sichere Kommunikation anbieten können", sagte die Vorstandsvorsitzende Brigitte Ederer. Ziel von Siemens ist es auch, den Preis für so ein System auf rund 10.000 Euro zu senken. (dpa/tc)