Erste Systeme schon kommendes Jahr auf dem Markt NEC wandelt mit parallelen Grossrechnern auf IBMs Spuren

03.12.1993

MUENCHEN (CW) - Mainframes auf Basis von CMOS-Technologie und moderat-paralleler Architektur scheinen in Mode zu kommen: Nachdem die IBM Corp. erste Informationen ueber ihre Parallel-Query- und Parallel-Transaction-Systeme veroeffentlicht hat, zog nun die NEC Corp. mit einer Ankuendigung nach. Ende 1994 will man erste Rechner der naechsten Mainframe-Generation vorstellen, die kompatibel zur Acos-Linie sein sollen.

Damit tragen auch die Japaner der Tatsache Rechnung, dass herkoemmliche Grossrechner-Technologie vom Anwender zunehmend nicht mehr finanzierbar ist. Dies schlaegt sich auch in den Geschaeftsergebnissen der Mainframe-Anbieter nieder: So musste NEC fuer die gerade abgelaufenen ersten sechs Monate des Geschaeftsjahres 1993/1994 (30. September 1993) nach einem Nettogewinn von 4,25 Milliarden Yen des Halbjahres 1993 fuer den vergleichbaren Zeitraum 1994 einen Nettoverlust von 9,33 Milliarden Yen hinnehmen.

Im Zentrum der NEC-Entwicklungsarbeit steht die Single-Chip- Implementation eines CMOS-Prozessors mit Codenamen "Noah", der sich an das Acos-Design der NEC-Mainframes anlehnt. Nach Unternehmensangaben lassen sich in einer Single-shared-Memory- Konfiguration bis zu 32 CPUs zu einem moderat-parallelen Rechner zusammenfassen. In der Maximalkonfiguration sei, so NEC-Offizielle weiter, der neue Grossrechner etwa doppelt so leistungsfaehig wie die momentanen Topsysteme "Acos Series 3800". Das Preis-Leistungs- Verhaeltnis falle gar um den Faktor zehn guenstiger aus.

Darueber hinaus koennen bis zu 16 dieser Maschinen zu einem Cluster verbunden werden. Bei solch einer Konfiguration seien Gesamtsystemleistungen zu erzielen, die bis zu 200mal hoeher seien als bei bisherigen Grossrechnern, eroerterten Offizielle des japanischen Herstellers.

Cluster-Rechner stellen sich wie ein einziges System dar

Der groesste Vorteil geclusterter Systeme bestehe darin, dass sich solch eine Konfiguration fuer den Anwender wie ein einziges System darstelle. Mit diesem liessen sich sowohl globale Zeitvergaben fuer Batch-Jobs verwirklichen als auch ein verbessertes Ausbalancieren der Arbeitslasten erzielen. Auch werde eine effektivere Kontrolle von Datenbankvorgaengen moeglich, auf die verschiedene Clients online zugreifen.

Zumindest die ersten drei Generationen von Big Blues Parallelrechnern (vgl. CW. Nr. 47 vom 19. November 1993, Seite 29: "ES/9000-System ist der letzte...") koennen bei der Verarbeitung von Standardapplikationen wie etwa DB2 als vorgeschaltete Datenbank- und Transaktionsmaschinen nur im Gleichschritt mit MVS- Mainframes operieren. Demgegenueber verarbeiten NECs moderat- parallele Grossrechner nach Unternehmensangaben alle Standardapplikationen wie Datenbankanwendungen sowie Online-, Transaktions- und Batch-Prozesse direkt.

Um dieses Versprechen wahrzumachen, werden die Japaner drei Softwarewerkzeuge anbieten: "Parallel SQL", Parallel OLTP" und "Parallel Batch". Ueber die Middleware "Diosa" (Distributed and Integrated Operating System for Applications) sollen Anwender in der Lage sein, Parallelsysteme zusammenzufuegen, die sich in einem Netzwerk im Remote-Betrieb als ein einziges Rechnersystem abbilden lassen.

Sowohl die neuen Rechner als auch deren Betriebssystem seien voellig kompatibel zu der Acos-Soft- und -Hardware. Drei Groessenklassen von Rechnern will NEC anbieten: Kleine Modelle, die bis zu vier Prozessoren im Parallelbetrieb fahren, sollen nach Firmenangaben bereits kommendes Jahr auf den Markt gebracht werden. 1995 wuerden, so die Informationen weiter, mittelgrosse sowie Topsysteme folgen, die maximal zwischen 16 und 32 CPUs unterstuetzen.