Erste Erfahrungen mit dem Windows-XP-Tablett

04.11.2002
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Bill Gates' Vision der „Information at your fingertips everywhere“ rückt mit den für November angekündigten Tablet PCs in greifbare Nähe. Die COMPUTERWOCHE konnte ein erstes Vorserienmodell von Viewsonic unter die Lupe nehmen.

Das Outfit ist edel: Das Gerät präsentiert sich im silbernen Gehäuse und ist etwa so groß wie ein zusammengeklappter Laptop. Nach dem Einschalten bootet das Hightech-Gerät wie ein normaler Windows-PC, einziger Unterschied: Als Betriebssystem meldet sich die Windows XP Tablet Edition. Entsprechend vertraut erscheint dem XP-Benutzer denn auch, was er auf dem etwas über zehn Zoll großen Bildschirm zu sehen bekommt - nämlich ein normaler Windows-XP-Desktop. Einzig die Bedienung ist etwas ungewohnt, statt mit einer Maus klickt der User die Programme mit einem Spezialstift an.

Foto: hi
Foto: hi

Der eigentliche Clou des Tablet PC offenbart sich erst, wenn es um die Eingabe von Informationen geht. Anders als beim Palm und ähnlichen Geräten muss der Benutzer hier keine kryptische Kurzschrift erlernen, sondern kann Texte in normaler Schreibschrift auf dem Bildschirm verfassen. Dabei erstaunt die Qualität der Schrifterkennung, die selbst die Handschrift des Autors, die Kollegen gerne mit ägyptischen Hieroglyphen vergleichen, mit einer Trefferquote von rund 80 Prozent verarbeitete. Im Gegensatz zu PDAs beschränkt der Tablet PC den Benutzer zudem nicht auf ein begrenztes Schreibfeld, sondern dieser kann die Fläche für das Schreiben auf dem Bildschirm frei festlegen. Wer dennoch nicht mit der eigenen Handschrift arbeiten will, kann sich auf dem interaktiven Display auch eine Tastatur zur Informationseingabe einblenden lassen. Texte in normaler Handschrift Eine weitere Qualität offenbart der Tablet PC von Viewsonic, wenn er dank eingebautem Fast-Ethernet-Interface oder WLAN-Adapter in einem Netz benutzt wird. Dank der Remote- Desktop-Funktion von Windows XP Professional (Benutzer der Home Edition können diese leider nicht nutzen) ist via Tablet PC der bequeme Zugriff auf die Informationen und Programme des heimischen Arbeitsplatzrechners möglich. In dieser Kombination ist leicht zu verschmerzen, dass der Tablet PC über kein CD-ROM/DVD-Laufwerk verfügt, denn ein Film kann ja vom großen, stationären PC abgerufen werden. Die Qualität des Displays und der eingebauten Lautsprecher reicht hierzu allemal. Vom Netzeinsatz einmal abgesehen, zeigt sich der Tablet PC, auch sonst kontaktfreudig: eingebautes 56-Kbit/s-Modem, Firewire-Anschluss, USB-Buchsen, PC-Card-Schlitz sowie Smart-Media-Einschub und Buchsen für Mikrofon und Kopfhörer, dazu eine Kontaktleiste für eine optionale Dockingstation eröffnen ein weites Einsatzfeld für Peripheriegeräte. Das Vergnügen, vom Sofa aus den großen Desktop-PC zu steuern oder bequem liegend im Internet zu surfen, begrenzt leider die Akkukapazität. Nach rund zweieinhalb Stunden ist Kontakt mit der nächsten Steckdose gefragt. Zwei Punkte trüben den vorzüglichen Eindruck: Der von Viewsonic verwendete Mobile Pentium III mit einer Taktrate von 866 Megahertz ist für einen Poweruser einfach zu schwach. Noch schwerer wiegt der Verkaufspreis von über 3000 Euro. Aber im Vergleich zu einem gleich teuren Notebook ist der Tablet PC das vielseitigere Endgerät.