Erste Eindruecke von Personal Oracle fuer Windows Oracles PC-Datenbank spart nicht mit den Systemressourcen

17.03.1995

Von Michael Matzer*

Mit einer PC-Version will der Datenbankspezialist Oracle seine Produktpraesenz auch auf den Desktop ausdehnen, so dass dem IS- Manager wie auch dem Entwickler ein durchgaengiges Konzept vom Laptop ueber den Workgroup-Server bis hin zum Unternehmens-Server (im WAN) zur Verfuegung steht. Die "Personal Oracle 7.1" bietet im Vergleich zu anderen Windows-Datenbanken mehr Funktionalitaet, stellt deshalb allerdings auch etwas hoehere Ansprueche an die Systemressourcen.

Innerhalb Oracles Workgroup/2000-Strategie kommt der PC-Datenbank Personal Oracle neben dem Workgroup-Server eine zentrale Bedeutung zu. Mit der Windows-Applikation lassen sich nicht nur Daten verwalten und weiterverarbeiten, sondern ueber "Oracle Objects fuer OLE", ebenfalls Bestandteil der Workgroup/2000-Produktfamilie, Daten mit anderen Windows-Applikationen austauschen. Darueber hinaus koennen mit Hilfe der CDE2-Tools Abfragen, Berichte und Formulare erzeugt werden.

Personal Oracle soll die Synthese aus der Leistungsfaehigkeit des Server-Pendants und der Bedienerfreundlichkeit einer Windows- Oberflaeche herstellen. Die Installation ueber CD-ROM erfolgt per Mausklick, anschliessend waehlt der Benutzer die gewuenschten Komponenten aus. Fuer die Administration stehen drei grafisch orientierte Management-Werkzeuge bereit, SQL-Kenntnisse sind dabei nicht erforderlich.

Mit Hilfe des "Database Manager" kann der Anwender die Datenbank starten beziehungsweise stoppen, den Systemstatus feststellen und die Systemkonfiguration aendern. Ueber den "Object Manager" lassen sich unter anderem Tabellen, Indizes sowie Synonyme (fuer andere Objekte) anlegen und aendern - wie man es von einer PC-Datenbank erwartet. Doch anders als in Access oder Dbase koennen damit keine Formulare oder Reports erzeugt werden. Hierfuer benoetigt der Anwender weitere, spezialisierte Werkzeuge. Wer eine Datenbank aus Version 6.0 verwenden moechte, muss diese zuerst etwas umstaendlich in ein binaeres Format exportieren, um sie dann wieder in Personal Oracle zu importieren. Das aktuelle Importwerkzeug unterstuetzt jedoch nur Datensaetze bis zu einer Groesse von 64 KB, groessere Files werden zurueckgewiesen. Auch PL/SQL-Bloecke, die groesser als 64 KB sind, ereilt dieses Schicksal.

Der "User Manager" schliesslich erlaubt die Definition von einzelnen Datenbankbenutzern, Benutzergruppen sowie deren Zugriffsrechte auf verschiedene Datenbankobjekte. Ebenfalls grafisch werden neben Im- und Export das Backup und Recovery der Datenbank durchgefuehrt - komplexe Funktionen, die sonst umfassende Administrationskenntnisse erfordern, lassen sich so visuell durchfuehren.

Mit Hilfe von ODBC-Treibern kann der Anwender auf verschiedene Datenquellen zugreifen. Weil aber die Kombination von Visual Basic und ODBC die Leistungsfaehigkeit von Personal Oracle nicht ausschoepft, wurden die "Oracle Objects fuer OLE" in die Workgroup/2000-Produktfamilie als Middleware integriert. Sie unterstuetzen den Datenaustausch in einer Client-Server-Umgebung. Da OLE 2.0 ein halbwegs gut dokumentierter Standard ist, koennen Oracle-Entwickler damit neue Anwendungen entwerfen, die auch auf die Personal Oracle zugreifen.

Views, PL/SQL und Stored Procedures, Schema-Referenzen und Variablen liegen via Objects fuer OLE fuer alle Windows-Anwendungen im Zugriff. Ein Daten-Cache entlastet den Client, und ein auf dem Server angelegter Pool fuer SQL-Befehle erlaubt die schnelle Wiederholung von Routinen. Anwendungen wie Excel und Winword greifen ueber OLE 2.0 auf Personal Oracle zu. Ebenfalls ueber OLE 2.0 wird die Anbindung mobiler Clients per Telefon und Funk realisiert: sogenannte "Radio Agents" sollen den Zugriff aus allen Lebenslagen auf verteilt gespeicherte Daten garantieren.

Entwicklungs-Tools fuer netzweite Anwendungen

Personal Oracle ist als Single-User-System ausgelegt, laesst sich jedoch auch in Mehrbenutzerumgebungen verwenden, in denen etwa der Oracle-Workgroup-Server auf einem Zentralrechner eingesetzt wird. Eine sogenannte Extended Version von Personal Oracle enthaelt die fuer einen Zugriff auf vernetzte und verteilte Umgebungen benoetigten Entwicklungs-Tools: Neben SQL wird PL/SQL eingesetzt, Oracles prozedurale Erweiterung der Standardabfragesprache.

Die Standardvariante laesst sich auf leistungsfaehigen Laptops bei Aussendienstmitarbeitern mit grossem Datenvolumen einsetzen - doch das duerfte eher die Ausnahme sein. Die Systemansprueche sind fuer eine PC-basierte Datenbank recht hoch: Wird PL/SQL nicht installiert, benoetigt die Datenbank 8 MB RAM, mit PL/SQL jedoch mindestens 16 MB - je mehr Arbeitsspeicher, desto besser. Im Test ergaben sich bei einer Kapazitaet von 16 MB RAM und einer Auslagerungsdatei von 19,5 MB schon etliche Probleme waehrend des Startvorgangs. Windows muss immer im Enhanced Mode arbeiten, ausserdem ist Version 1.2 von Win32s vor der Datenbank zu installieren. Es ist ratsam, zuerst die Instruktionen fuer die Installationsreihenfolge zu lesen.

Auf der Festplatte beansprucht Personal Oracle zwischen 30 und 50 MB Platz. Das ist zwar mehr als bei anderen Windows-Datenbanken wie Dbase oder Access, der Bedarf laesst sich aber auf die hoehere Funktionalitaet gegenueber anderen Applikationen zurueckfuehren. Oracle weist darauf hin, dass sich der Einsatz von Festplattenkompressions-Tools wie Stacker in Verbindung mit Personal Oracle aufgrund der Datensicherheit nicht empfiehlt. Der Anwender wird also notgedrungen viel Platz fuer ein reines Datenverwaltungssystem opfern muessen.

Oracle hat die PC-Datenbank im Rahmen von Workgroup/ 2000 auf der CeBIT vorgestellt. Konkrete Preise fuer das Programm waren bis Redaktionsschluss nicht zu erfahren, sollen sich allerdings im derzeit ueblichen Rahmen fuer vergleichbare Produkte bewegen.