Xerographisches Drucksystem IBM 3800:

Erste Anwendungsprobleme werden jetzt sichtbar

23.04.1976

Der letztjährigen Hannover-Premiere des xerographischen Super-Drucksystems IBM 3800 sind inzwischen die ersten Installations-Vorbereitungen gefolgt. Eine noch größere Zahl von Anwendern, die über ein System 370/145 und größer verfügen, hat Aufträge erteilt oder prüft zur Zeit, ob der neue Seitendrucker mit den aufgabenspezifischen Hausbedingungen harmoniert. Diese selbstverständliche Vorphase kann in aller Ruhe genutzt werden, denn die Lieferfrist des Marktführers beträgt zur Zeit ca. 18 Monate, und die erste Installation soll im 1. Quartal 1977 erfolgen. Im Interesse der Benutzer müssen abseits jeder Euphorie, die das hohe Drucktempo und die ungewöhnliche Druckqualität gefunden haben, nun Probleme geklärt werden, die gerade den größten Bedarfsträgern noch Kopfzerbrechen bereiten. Die Lösungen brauchen freilich nicht unbedingt von IBM parat gehalten zu werden. Ebenso denkbar sind Eigenentwicklungen und Anpassungen bei den Benutzern und Weiterentwicklungen bei den Herstellern, die ihre Systeme und Maschinen der Formular-Weiterverarbeitung für den Postversand widmen.

Zu den kritischen Eigenschaften, die insbesondere in deutschen Unternehmen auftreten, gehören - wie so oft bei Schnelldruckern amerikanischer Provenienz - die Abmessungen der Drucke. Das Drucksystem 3800 verarbeitet nur Formulare in den ISO-Maßen. Im europäischen Raum liegen ihnen 3, 4, 6, 8, 10 und 12 Zoll zugrunde, im amerikanischen Raum 3,5, 5,5 7, 8,5 und 11 Zoll. Das führt zu Schwierigkeiten bei Benutzern, die mit dem System Formulare mit zwei übereinanderstehenden Zahlungsträger-Abschnitten verarbeiten. Zu ihnen gehören immerhin größte Unternehmen der Versicherungswirtschaft und Energieversorgung, die hiermit ihr Direktinkasso bei den Versicherungsnehmern durchführen. Ihre DV-Drucke müssen mit leistungsfähigen Falz/Kuvertiereinheiten für den Postversand derart gefalzt werden, daß die später optisch zu lesenden Zahlungsträger keine Knicke erhalten. Ihr Format harmoniert nun leider nicht mit den Zoll-Maßen des neuen Drucksystems, und beim Falzen bleibt ein "Schnippel" übrig, wenn nicht irgendeine Komponente angepaßt wird - der Drucker, die

Formulargestaltung oder die Falztechnik. Die beiden letztgenannten Möglichkeiten sind wohl am schwierigsten zu realisieren. Sie setzen die Verständigung mit Geldinstituten und Post voraus, die bei ihren Zahlungsträgern eigene Normen benutzen.

In vielen Fällen wird auch die Tatsache, daß beim Drucksystem zwischen zwei Formularen jeweils eine nicht bedruckbare Zone von 1 Zoll liegt, erhebliche Änderungen in der Formulargestaltung verlangen. Abermals dann am häufigsten, wenn in die Formulare Zahlungsträger mit Kodierzeile eingearbeitet sind.

Besonders eingehende Prüfungen gelten zur Zeit schließlich auch den Zusammenhängen zwischen Druckleistung und Kopienbedarf. Als xerographisches System liefert der Drucker Mehrfachexemplare durch zwei Möglichkeiten, nämlich die Repetition des Seitendrucks oder durch simultane Abspeicherung der Outputdaten mit Magnetband beziehungsweise deren Druckdarstellung in einem weiteren Durchlauf. Im Vergleich mit herkömmlichen Hochleistungsdruckern, die im gleichen Druckvorgang teilweise bis zehn Durchschriften miterstellen, muß in den beiden Methoden des Systems 3800 die Outputleistung um so niedriger angesetzt werden, je mehr Kopien man braucht. Im Falle der separaten Kopienerstellung mit Magnetband kommt noch der Leistungsverlust durch einen zweiten Durchlauf hinzu. Selbstverständlich fällt darüber hinaus auch der Informationsgehalt des Outputs als Leistungsmoment ins Gewicht. Je weniger Zeilen ein Formular enthält, desto geringer bleibt der Leistungsabstand zum mechanischen Schnelldrucker. Die angeblich Verachtfachung des Druck-Tempos setzt also optimale Bedingungen voraus.

In beiden Methoden zur Kopienerstellung ist außerdem mit grundsätzlichen Umstellungen in der nachgeschalteten Postbearbeitung des Outputs zu rechnen. Nur ein Teil der vorhandenen Ausrüstungen zum Zusammenführen, Aussteuern und Sortieren der Drucke kann weiter benutzt werden. Das Drucksystem läßt sich zwar mit einem Reißer zusammenschalten, noch aber fehlt ein simultan arbeitender Sorter. Damit fallen u. U. Erst- und Folgedrucke verschiedener Mengen in den gleichen Stapel. Entwicklungsbedürftig wirkt last not least die Papierzuführung, in der Leporellostapel angelegt werden müssen, wie die IBM-Druckschrift "Einführung in das Drucksystem" erkennen läßt. Eine frische Bahn wird an die eingelegte beim automatischen Maschinenstopp angeklebt. Je mehr Exemplare pro Datenoutput erstellt werden, desto leistungsmindernder fällt dieser manuelle Arbeitsvorgang im Verhältnis zum Datendurchsatz ins Gewicht.