Erst Realtime-BDE garantiert eine funktionierende Betriebssteuerung

07.10.1977

Zur Betriebsdatenerfassung erschienen in den letzten Jahren sehr unterschiedliche Geräte und Systeme auf dem Markt. Das Angebot reicht von tragbaren Aufzeichnungsgeräten mit späterer Auswertung der Daten auf einer EDV-Anlage bis zu Online-Systemen mit Direktanschluß an eine EDV-Anlage.

Die meisten dieser Geräte sind jedoch für besondere Anwendungsfälle vorgesehen. Diese Spezialisierung bietet häufig, wenn man jedes Anwendungsgebiet für sich betrachtet, eine gute Lösung. Aber ist das ausreichend?

Sicher nicht, wenn als Endziel eine Integration der betrieblichen Informationsverarbeitung ins Auge gefaßt ist. Diese Integration ist nach bisherigen Erfahrungen zwingende Voraussetzung für eine effiziente Feinplanung. Je genauer und je aktueller die Feinplanung ist, desto höher ist der damit erreichbare Rationalisierungseffekt. Es nützt relativ wenig, wenn Produktions- und Maschinenbelegungspläne mit mehreren Tagen Vorlauf errechnet und ausgegeben werden. Selbst wenn sie optimal sind, ist es durchaus möglich, daß sie nach der ersten größeren Störung im Betriebsablauf (Material, Personal, Transport oder Maschinen) bereits vor ihrer zeitlichen Gültigkeit überholt sind. Die logische Folge daraus ist eine Feinplanung, die auf dem aktuellen, also momentan gültigen Betriebszustand aufbaut. Konsequenz: Die online im Echtzeitbetrieb durchgeführte Betriebsdatenerfassung nimmt aus diesem Grund eine zentrale Stellung innerhalb der betrieblichen Informationsverarbeitung ein (Bild 1).

Die Betriebsdatenerfassung (BDE) erstreckt sich auf nahezu alle Bereiche eines Betriebes: Einkauf, Wareneingang, Eingangsrevision, Materiallager, Vorfertigung, Teilelager, Montage, Prüffeld und Versand.

Ebenso vielfältig sind die betroffenen Sachgebiete wie Anwesenheitszeitkontrolle, Lohnabrechnung, Lagerverwaltung, Fertigungssteuerung, Qualitätsprüfung, Instandhaltung, Kalkulation, Betriebsabrechnung. Untersucht man die Betriebsdaten hinsichtlich ihrer Datenart, so kann man sie in fünf Gruppen einteilen:

- Auftragsdaten (Produktionsdaten): StückzahI, Qualität, Bearbeitungszeit.

- Materialdaten: Wareneingänge, Lagerbewegungen, Materialflußverfolgung.

- Maschinendaten: Laufzeiten, Stillstandszeiten, Störungsursachen.

- Werkzeugdaten

- Personaldaten: Anwesenheitszeit Überstunden, Lohnart.

Viele dieser Daten können heute automatisch erfaßt, einige müssen noch manuell eingegeben werden. Die Auswahl von geeigneten Systemen zur Erfassung der unterschiedlichen Daten führt oft zu einem Zielkonflikt.

Eine Möglichkeit ist der Einsatz von relativ billigen Speziallösungen. Diese sind jeweils für eingeschränkte Anwendungsbereiche konzipiert. Eine Integration der betrieblichen Datenverarbeitung bereitet hier erhebliche Schwierigkeiten, da viele eigenständige, voneinander sowohl in der Hardware als auch in der Software verschiedene Rechner zusammenarbeiten müssen.

Eine zweite Möglichkeit ist im Einsatz des einheitlichen Datenerfassungssystems zu sehen. Dies ist in der Grundausstattung teurer, die Integration ist jedoch sehr viel einfacher und auch billiger. Aufgrund der hier erforderlichen Kenntnisse über die unterschiedlichsten Technologien bei der automatischen Datenerfassung in Produktionsbetrieben verfügen hier sehr wenige Hersteller über geeignete Produkte.

Bei der Einführung eines BDE-Systems sind zwei Vorgehensweisen denkbar (Bild 2):

- Erfassen einer Datengruppe

- Erfassen sämtlicher Daten in einem Fertigungsbereich.

In beiden Fällen ist günstig, eine angestrebte Endlösung von Anfang an zu berücksichtigen. Spätere Erweiterungen find dann einfach durchzuführen. Wird bei der Einführung eine Speziallösung gewählt, so bedingen Erweiterungen (zusätzlich zur Personaldaten- auch die Maschinendatenerfassung) oft Neuinstallationen mit den bekannten Nachteilen.

Bei der BDE lassen sich trotz der unterschiedlichen Randbedingungen viele Aufgaben wenigstens teilweise standardisieren. Auch bei der Software ist es wichtig, daß bereits bei der ersten Ausbaustufe eines geplanten BDE-Systems der vorgesehene, Endausbau berücksichtigt wird. Mit einem modular aufgebauten Software-System, das bereits viele Grund-Funktiorien für die BDE standardmäßig bietet, ist ein stufenweiser Aufbau von umfangreichen Systemen am einfachsten möglich. Hier gilt, wie bei der Hardware, daß derartige Software-Systeme in der Grundausstattung teurer sind als Spezialsysteme für jeweils einen beschränkten Einsatzfall. Dies wird jedoch durch einfach durchzuführende Systemerweiterungen und durch eine bessere Transparenz mehr als aufgewogen.

Für folgende Funktionen sollte ein BDE-Software-System standardmäßig Bausteine bieten

- Rechnerkopplung (online und off-line)

- Solldatenverarbeitung

- Optimierungsmethoden

- Dateiverwaltung

- Protokollierung

- Auskunftssystem und

- Istdatenerfassung.

Für spezielle Anwenderroutinen sollte Cobol geboten werden (Bild 3).

*Friedrich Ungnadner ist Gruppenleiter "Betriebsdatensysteme und Materialflußsteuerung", Siemens AG, Erlangen.