DV-Video-Kurse als Alternative:

Erspart die Konserve im Haus den Lehrer?

05.09.1975

MÜNCHEN - Als "modernstes Unterrichtsmittel" präsentieren in der BRD fünf Firmen Lehrgänge für DV-Schulung auf Video-Kassetten: Advanced Systems, Vis, Polymedia, Medithek und Videothek. Bis zu drei Dutzend Lehrgänge - von "Computer-Grundlagen" bis zu "Kontrolle in DV-Systemen" - mit geplanter Kursdauer zwischen 2 und 120 Stunden - (davon eine halbe bis acht Stunden Fernsehen von der Konserve) - stehen in den Katalogen. Hilfe bei der Firmen- und Kurs-Auswahl gibt es nicht: wer sich einen Fernsehapparat in den Unterrichtsraum stellen will, um "audiovesuelle" DV-Schulung zu betreiben, muß zunächst selbst vor der Flimmerkiste sitzen und sich ansehen, was angeboten wird.

Referent gut, Erfolgskontrolle besser

Neben der "In-Augenscheinnahme" kann das Urteil von Kollegen nützlich sein: alle vier Firmen haben Referenzlisten - aber nur eigene Anrufe bei Kollegen geben Auskunft darüber, wie oft und wie erfolgreich ein bestimmtes Video-Lehrprogramm eingesetzt wurde. Wer über den Lehrerfolg nichts aussagt, kann als Referenz nur sehr bedingt gelten - denn er hat weder seine Mitarbeiter befragt, noch geprüft, mit welchem Ergebnis die Aufgaben durchgearbeitet wurden.

Die schwerwiegendste Fehlinvestition unterläuft bei der Schulung, sobald die Teilnehmer frustriert werden oder die Veranstaltung als angenehme. Erholung betrachten. Wenn 20 Mann auf einem Video-Lehrging sitzen, dann kostet das nämlich täglich an anteiligem Gehalt und Nebenkosten mindestens 3000 Mark.

Kaufen oder mieten

Die Produzenten audiovisueller Lehrprogramme versprechen höhere Effizienz als beim Einsatz konventioneller Verfahren wie Tonbildschau, Direktunterricht oder Durcharbeiten von Büchern. Dafür sind allerdings die Kosten höher: für den Kauf eines Lehrganges auf Videokassetten sind etwa zwischen 2000 und 4500 Mark anzulegen. Dazu braucht man dann mindestens noch ein Abspielgerät (ab 3000 Mark aufwärts) und - das dürfte das Billigste sein - handelsübliche Fernsehempfänger zur Wiedergabe. Pro Schüler und Lehrgang ist noch ein Satz schriftliches Begleitmaterial - zu rechnen - zu Preisen zwischen 11 Mark und Über 50 Mark.

Mieten ist scheinbar billiger, - aber häufig nur dann wirtschaftlicher als Kauf, wenn als sicher angenommen werden kann, daß es bei einmaliger Benutzung bleibt: brauchbarer Mittelwert pro Kassette mit halbstündiger Laufzeit ungefähr 200 Mark Miete ohne "Hardware". Allerdings schwanken die Bedingungen stark: Mietzeiten zwischen zehn Tagen und einem Monat, Preise je nach Vereinbarung für dasselbe Band derselben Firma zwischen 140 und 300 Mark.

Up-Dating gratis

Um zum Kauf anzureizen, werden die Mieten zum Teil bewußt hoch angesetzt. So verlangt die Videothek-Programm-GmbH als Zehn-Tage-Miete 50 Prozent des Kaufpreises. Das Institut für Video-Informationssysteme (VIS), das beispielsweise seinen EDV-Grundlagenkurs in den letzten eineinhalb Jahren zweimal durch Änderungen der Entwicklung anpaßte, garantiert dem Käufer ein bis auf Material- und Kopieraufwand kostenloses Up-Dating der Kurse und begegnet damit möglichen Einwendungen gegen Kauf.

Vier verschiedene Einführungen

Das größte Angebot existiert bei den Grund-Kursen von Typ "Einführung in die EDV": zwei der vier Firmen liefern überhaupt nur diesen Lehrgang, nämlich die Videothek Programm GmbH, die auf dem Material der Unternehmensberatung Futh aufbaut, und die Polydor-Tochter Polymedia.

Die beiden anderen Wettbewerber führen zwar ebenfalls Grundlagenkurse im Programm, machen sich aber insgesamt nicht viel Konkurrenz: das Düsseldorfer Institut für Video-Informationssysteme, das unter seinen über 200 Kunden zu 60 Prozent Schulen (vor allem Handelsschulen und Wirtschaftsgymnasien) und zu 40 Prozent Anwenderfirmen aus der Industrie hat, offeriert systemneutrale Lehrgänge über Grundlagen der EDV und der Programmierung sowie über die Programmiersprachen Cobol, Assembler und Fortran.

Die ebenfalls in Düsseldorf ansässige Advanced Systems GmbH richtet sich mit ihren VAI-Kursen gezielt an IBM-Anwender (derzeit etwa 100 Kunden, die über die Vertriebsfirma Education Sciences gemietet haben). Sie ist einziger Anbieter von Video-Kursen für IBM-Betriebssysteme.

Informationen: Education Sciences (Vertrieb der VAI-Kurse), 4 Düsseldorf 1, Kaiserswerther Straße 115; Institut für Videoinformationssysteme (VIS), 4 Düsseldorf 12, Lakronstraße 59; Polymedia GmbH, 2 Hamburg 13, Harvestehuder Weg 1-4; Videothek Programm GmbH, 62 Wiesbaden, Theodorenstraße 6-8. Medithek, 8 München 81, Arabellastraße 4, Texas Instruments Deutschland GmbH, 805 Freising, Haggertystraße 1, (Elektronik und Bauteile).