ERP - Zukunftsthema oder altes Eisen?

19.02.1999

Standardwerkzeuge für das Enterprise Resource Planning (ERP) wie SAP R/3, Oracle Applications oder Baan ERP sind den Herausforderungen des Internet-Zeitalters nach Überzeugung des Forrester-Analysten Bobby Cameron nicht mehr gewachsen. Träume von neuen Geschäften mittels Electronic Commerce ließen sich mit ihnen nicht erfüllen. Klassische ERP-Systeme seien zwar gut in der Kombination von Finanzkontrolle und Produktionssteuerung - sie versagen allerdings bei der dynamischen Koordinierung interner Abläufe mit denen von Zulieferern und Kunden, so Cameron. Dazu bedürfe es einer ausgeweiteten Lieferkettenplanung und vor allen Dingen einer flexiblen IT-Umgebung, mit der Unternehmen ihre Geschäftsprozesse von heute auf morgen den sich schnell wandelnden Gegebenheiten im Online-Business angleichen könnten. Die Hauptschwäche der ERP-Systeme sind nach Ansicht von Cameron die relativ statischen Planungsmodule. Sie entschieden nach festgelegten Kriterien, wie auf bestimmte Prozesse zu reagieren sei, und könnten nur mit verhältnismäßig hohem Aufwand an neue Anforderungen angepaßt werden. Cameron schlägt daher die Integration unterschiedlicher IT-Module von Spezialanbietern vor.

Für diese Einschätzung erhält der Forrester-Experte allerdings kräftig Gegenwind von seinem Kollegen Jim Shepherd, Vice-President von AMR Research in Boston. Die Integration unabhängiger Anwendungen stürze Unternehmen in teures und arbeitsintensives Durcheinander, dem sie durch den Einsatz von Standardlösungen entgehen wollten und könnten. Shepherd verweist auf unterschiedliche Architekturen, inkonsistente Benutzer- Schnittstellen und sich überschneidende Datenmodelle. Auch Systemintegratoren könnten Softwarefirmen in puncto Support, Training oder Erweiterungen nicht ersetzen. Statt immer den neuesten Lösungen hinterherzulaufen, rät Shepherd verunsicherten Anwendern, auf die Innovationskraft von Standardanbietern zu vertrauen. ERP-Herstellern jedenfalls sagt er große Wachstumschancen voraus.