ERP-Kunden halten Taschen geschlossen

19.04.2005
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Kunden zurückgewinnen kostet Zeit und Geld

Die enge Bindung von Anbietern wie Soft M zu den Kunden sei nicht zu unterschätzen, berichtet PAC-Analyst Glas von seinen Erfahrungen. "Es klingt vielleicht abgedroschen, aber es gleicht einer großen Familie." Gerade unter den mittelständischen Kunden gebe es kaum Berührungsängste. Die Anwender redeten miteinander und tauschten ihre Erfahrungen aus. Konzerne wie Microsoft und SAP täten sich schwer, eine ähnliche Atmosphäre zu schaffen.

Allerdings geht das Vertrauen der Kunden auch schnell verloren. Diese Erfahrung musste die Bäurer AG nach der Insolvenz im Oktober 2002 machen. "Wir haben viel Zeit und Geld investiert, um den Kunden zu erklären, dass Bäurer wieder da ist", erläutert Rafael Laguna, für den Investor Adastra tätiger Beiratsvorsitzender bei Bäurer. 2003 hatte die Münchner Adastra Erste Beteiligung GmbH die Regie bei dem gestrauchelten ERP-Unternehmen übernommen. Trotz der auch von Laguna attestierten Investitionszurückhaltung zeigt sich der Investor mit dem Erreichten zufrieden. Für 2004 rechnet man mit Einnahmen von rund 20 Millionen Euro im deutschsprachigen Raum.

Für das laufende Geschäftsjahr 2005 hat sich Bäurer ein Umsatzziel von 24 Millionen Euro gesteckt. Um dies zu erreichen, wollen sich die Badener verstärkt als kompletter Lösungsanbieter im Markt positionieren. Häufig schrecke die Komplexität einer ERP-Entscheidung die Kunden ab, erläutert Laguna. Diese müssten oft mit mehreren Lieferanten zusammenarbeiten, was die Projektrisiken exponentiell erhöhe. "Wir sehen immer weniger Bereitschaft der Kunden, sich darauf einzulassen."

Infor und SSA Global müssen sich beweisen

Auf ruhige Zeiten können die ERP-Kunden in Deutschland kaum hoffen. Für Unruhe haben in den vergangenen Jahren vor allem Unternehmen wie Infor Global Solutions, ehemals Agilisys, und SSA Global gesorgt. Namhafte ERP-Anbieter wie Brain, Infor und Baan sind deren Akquisitionsplänen zum Opfer gefallen. Die Strategie, kränkelnde Firmen aufzukaufen und diese durch ein hartes Kosten-Management wieder flottzumachen, funktioniere, gesteht Glas den mit potenten Investoren im Rücken gut aufgestellten Konsolidierungstreibern zu. Probleme hat der Analyst jedoch mit deren Produktstrategie. Es sei nicht schwierig, Integrationspläne auf Powerpoint zu präsentieren. Wie das Ganze umgesetzt werden soll, sei eine ganz andere Sache. Vor allem mit jeder weiteren Übernahme würden die bislang aufgestellten Pläne wieder über den Haufen geworfen.