ERP II - die nächste Generation klopft an

12.05.2007
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Anforderungen an ERP-Anbieter

Außerdem werde es in Zukunft möglich sein, auf Basis von grafischen Interfaces die Funktionen eines ERP-Systems zu steuern, beschreibt Spies die künftigen technischen Möglichkeiten. Benötigten die Anwenderunternehmen früher eine große Zahl von Beratern, um das grafische Design der Geschäftsprozesse in die ERP-Realität umzusetzen, soll dieser Schritt mit der neuen Softwaregeneration automatisch funktionieren. Das habe jedoch weitreichende Folgen für die Systemintegratoren. An der Schnittstelle zwischen dem Prozess-Design-Tool und der Workflow-Engine in der ERP-Plattform würden künftig weniger Leute gebraucht.

Für die Anwender, gerade im Mittelstand, wo nach Einschätzung von Spies die nächste große Schlacht der ERP-Anbieter geschlagen wird, stehen derzeit allerdings viel konkretere Fragen im Blickpunkt. Neben einem akzeptablen Preis für die Software verlangen die Kunden von den ERP-Anbietern ein besseres Verständnis für die Anforderungen und geschäftlichen Notwendigkeiten ihrer Märkte. Produkte wie Services sollten auf die Branchenbelange zugeschnitten sein.

Darüber hinaus wollen sich die Kunden bei ihrem Softwarelieferanten gut und sicher aufgehoben fühlen. "Die Chemie zum Partner muss stimmen", beschreibt Gerhard Jahn, Leiter Informationscenter der Unternehmensgruppe Hoffmann, einen wichtigen Faktor bei der Auswahl des künftigen ERP-Systems. Der Bauch spiele dabei eine bedeutende Rolle.

Auch Alexander-Bürkle-Manager Sayer fordert klare Ansprechpartner und einen ehrlichen Umgang miteinander im Rahmen eines ERP-Projekts. "Die Einführung einer neuen Software ist auch eine emotionale Entscheidung", sagt er unter dem Beifall der knapp 200 Zuhörer. Der IT-Leiter spricht aus leidvoller Erfahrung. Die Einführung des neuen ERP-Systems klappte erst im dritten Anlauf. Der erste Versuch scheiterte daran, dass sich ein Anbieter, der zugesichert hatte, eine neue Oberfläche zu entwickeln, einfach sang- und klanglos aus dem Projekt verabschiedete. Der zweite Anlauf wurde wenige Jahre später abgeblasen, nachdem sich der Preis für das System nach der Feinkonzeptphase plötzlich verdoppelt hatte. "Der Weg war steinig", lautete das Fazit Sayers.

Daher wird sich die mittelständische Klientel nicht blindlings auf die ERP-Fantasien der Hersteller einlassen. Vielmehr werden Funktionen, Branchentauglichkeit sowie Zukunftssicherheit der einzelnen Lösungen genau unter die Lupe genommen. Zu viel steht für die Unternehmen bei einem Systemwechsel auf dem Spiel. Ein fehlgeschlagenes ERP-Projekt führt kleine und mittelgroße Betriebe schnell an den Rand des Ruins. Augenzwinkernd vergleicht Sayer eine ERP-Einführung mit einer Ehe: "Eine Trennung kann richtig teuer werden."