Business-Software

ERP aus der Cloud - doch kein Auslaufmodell

20.07.2015
Von 
Daniela Hoffmann ist freie IT-Fachjournalistin in Berlin.

Aus der Praxis: Miasa

Beim Safran-Spezialisten Miasa stieß das Hin-und-Herschicken von Excel-Listen an seine Grenzen. "Wir brauchten eine Lösung, um die Warenbewegungen im Lager bei Stuttgart aus der Berliner Zentrale besser verfolgen zu können", erzählt Michael Sabet, Geschäftsführer der zehn Mitarbeiter zählenden Miasa GmbH. Die Berliner bekamen den Tipp, sich Cloud-ERP-Lösungen anzuschauen und wurden bei Sage mit der Warenwirtschaftslösung Office Online fündig.

Michael Sabet, Miasa, freut sich über den Kundensupport seitens Sage.
Michael Sabet, Miasa, freut sich über den Kundensupport seitens Sage.
Foto: Christoph Assmann

Kunden und Lieferanten müssen nur einmal angelegt werden, Angebote, Lieferscheine und Rechnungen werden jetzt vom System generiert. "Heute ist es deutlich einfacher, wir haben allerdings eine Weile gebraucht, bis es funktioniert hat. Der Kundensupport von Sage hat uns dabei über drei Monate hinweg intensiv unterstützt", berichtet Sabet. Da nur wenig Zeit im operativen Geschäft und keine Vorerfahrung in Sachen ERP vorhanden waren, brauchte die Einführung mit der Gestaltung aller Belege ihre Zeit.

Zwar geht es bei den Safran-Spezialisten nicht um sehr sicherheitssensible Ware, ein deutsches Rechenzentrum und sichere SSL-Verbindungen waren dem Unternehmen jedoch wichtig. "Wir waren aufgrund der langen Einführung am Anfang ambivalent, ob es eine gute Entscheidung war. Im Rückblick gesehen war es allerdings ganz wichtig, denn wenn das Unternehmen wächst, verliert man ohne ein ERP-System komplett den Überblick", meint Sabet. Und warum sind deutsche Unternehmen so zögerlich, wenn es um Cloud-ERP geht? "Es ist vorher nicht klar, ob sich ein ERP-System rentiert, deshalb sind vielleicht insbesondere kleine und oder stark wachsende Unternehmen viel offener gegenüber einer Cloud-Lösung ohne Investitionsbedarf", vermutet der Miasa-Geschäftsführer.

Was sagen die Anbieter?

ScopeVisio berichtet von einer Verdopplung der Lizenzzahlen in den letzten beiden Jahren auf derzeit über 1000 Cloud-Kunden. Insbesondere sei festzustellen, dass pro Kunde mehr Lizenzen erworben werden. Besonders stark sei die Nachfrage im Dienstleistungssektor, insbesondere im Bereich ITK, Medien und Agenturen sowie Unternehmensberatungen.

Die Anwenderzahlen von myfactory sind nach Angaben des Anbieters von 2011 bis 2014 um 60 Prozent gestiegen. Während sich 2013 nur 46 Prozent der myfactory-Kunden für Public- oder Private-Cloud-Produkte entschieden haben, waren es 2014 schon über 60 Prozent. myfactory sieht deshalb das klassische Lizenzmodell auf dem Rückzug zugunsten der Cloud-Modelle.

"Ab einer Unternehmensgröße von circa 50 Mitarbeitern nehmen die Vorbehalte gegen Cloud-basierte ERP-Lösungen zu und decken sich teilweise mit den Ergebnissen von Softselect", sagt Nadeem Ahmad, Director Marketing & Sales bei Softwarehersteller weclapp. Immerhin 63 Prozent der Kunden sind Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern. In den letzten zwei Jahren lag das Kundenwachstum bei über 100 Prozent, Grund zum Klagen sieht man also nicht. In der Softselect-Studie kam weclapp übrigens nicht vor.

Sage verzeichnet mit dem Cloud-Produkt Sage One weltweit eine knappe Verdoppelung der Anwenderunternehmen auf jetzt 115.000 Anwender im Vergleich zum 1. Halbjahr des letzten Geschäftsjahres (59.000). In Deutschland wuchs dem Anbieter zufolge die Zahl der Neukunden mit Cloud-basierten Lösungen um 82 Prozent im ersten Halbjahr 2014/2015 und damit stärker als im gesamten letzten Geschäftsjahr. Derzeit setzen demnach 12.100 deutsche Kunden Cloud-Produkte ein, im Vorjahreszeitraum waren es 9500 Kunden.

Fazit

Insbesondere für kleinere Unternehmen ist Cloud-ERP nach wie vor eine ernstzunehmende Alternative. Die traditionellen ERP-Anbieter adressieren eine andere Klientel als die Cloud-orientierten Hersteller, sie haben oft noch kein Cloud-Angebot im Programm und die Kunden machen hier kaum Druck. Die Zahlen der Cloud-Anbieter hingegen zeigen, dass in ihrem Markt - vor allem im Dienstleistungssektor - immer mehr Unternehmen bereit sind, auf Cloud-ERP zu setzen. (sh)