Lieber Cash als Anteile

Ericsson stößt Infineon-Aktien ab

23.08.2002
MÜNCHEN (CW) - Ericsson hat 27,5 Millionen Aktien des Chipherstellers Infineon verkauft. Der schwedische Telecom-Ausrüster erlöste damit rund 300 Millionen Euro für Anteilscheine, die noch gar nicht in seinem Besitz sind.

Für Finanzprofis ist dieser Terminhandel nichts Ungewöhnliches: Ericsson verkauft den Anteil an Infineon, den das Unternehmen erhält, wenn Infineon die Chipsparte der Schweden übernimmt. Ericsson kämpft wegen der anhaltenden Flaute am Markt für TK-Ausrüster mit Verlusten und will durch den Verkauf von Divisionen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Im ersten Halbjahr 2002 schrieb das Unternehmen ein Defizit von umgerechnet 770 Millionen Euro.

Der Deal mit Infineon soll Unternehmensangaben zufolge im September abgeschlossen werden. Da mittlerweile auch die Behörden der Übernahme zugestimmt haben, sind die wichtigsten Hürden aus dem Weg geräumt, und Ericsson kann bereits jetzt die Anteile weiterverkaufen. "Wir sind nicht daran interessiert, Anteile an anderen Unternehmen zu halten", begründete Ericsson-Pressesprecher Jens Kürten den frühen Zeitpunkt. Finanzielle Not wollte er hinter dem Manöver nicht erkennen.

Für die Öffentlichkeit liest sich der Verkauf jedoch genau so. Wie die "Financial Times Deutschland" vorrechnete, sei das Aktienpaket noch im Juni mehr als 450 Millionen Euro wert gewesen, Ericsson verkaufe demnach mit Verlust, was auf Finanzprobleme des Konzerns hinweise. "Ericsson steht das Wasser bis zum Hals", zitiert die "Netzeitung" einen Börsenhändler. Ungemach droht dem Unternehmen zudem von Seiten des Handy-Joint-Ventures mit Sony, in das die Schweden bis zu 500 Millionen Euro stecken müssen. (rs)