Flatrate erweist sich als Verlustgeschäft

Erfolg im E-Commerce poliert die Bilanz von T-Online auf

02.02.2001
DARMSTADT (CW) - Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blicken die Analysten auf die Ergebnisse von T-Online. Die Internet-Tochter der Telekom hat zwar im Online-Handel überraschend stark zugelegt, aber dennoch tiefrote Zahlen geschrieben.

Wenige Tage nach Veröffentlichung der schwachen Ergebnisse der Konzernmutter Telekom konnte auch deren Online-Tochter mit keiner Erfolgsbilanz für das vergangene Geschäftsjahr aufwarten. Die Darmstädter steigerten ihren Umsatz zwar im Vergleich zum Vorjahr um satte 86 Prozent auf insgesamt 797 Millionen Euro, weisen vor Steuern aber einen Verlust von 125 Millionen Euro aus. 1999 hatte das Unternehmen noch einen Gewinn in Höhe von 17,6 Millionen Euro erzielt.

Für die roten Zahlen macht der neue T-Online-Chef Thomas Holtrop vor allem zwei Faktoren verantwortlich: Zum einen den Zukauf des spanischen Internet-Anbieters Ya.com, der mit 550 Millionen Euro zu Buche schlug. Zum anderen die Flatrate, die T-Online seit dem vergangenen Jahr für Vielsurfer anbietet. Kunden können für einen monatlichen Pauschaltarif von 79 Mark zeitlich unbegrenzt im Internet surfen. Das Problem: Für die Nutzung ihres Netzes rechnet die Konzernmutter Telekom nach wie vor im Minutentakt ab. Infolgedessen zahlt T-Online unterm Strich mit ihrer Flatrate drauf.

Trotz des Minus sind die Analysten über das Abschneiden des größten europäischen Internet-Providers nicht völlig enttäuscht. Der Verlust blieb im Rahmen der von den Beobachtern prognostizierten 120 bis 130 Millionen Euro. Milde in der Kritik konnte das Unternehmen die Analysten aber vor allen aus zwei Gründen stimmen: Erstens fiel der Umsatz mit 797 Millionen Euro höher aus als von den Börsianern geschätzt, deren Kalkulationen sich zwischen 500 und 750 Millionen Euro bewegt hatten. Zweitens konnte T-Online seinen Umsatz im E-Commerce von 16 Millionen Euro (1999) auf 110 Millionen im Jahr 2000 versechsfachen.

Die Konkurrenz jagt den deutschen ProviderInsbesondere aus den deutlich gesteigerten Einnahmen für Internet-Werbung und -Handel beziehen nicht nur das T-Online-Management, sondern auch die Analysten ihre positiven Erwartungen für die Zukunft. In diesem Segment muss die Company künftig ihre Umsätze und Gewinne erwirtschaften, weil sich die Einnahmen aus Zugangsgebühren auch weiterhin rückläufig entwickeln werden.

In puncto verstärkte Umsätze durch E-Commerce und Werbung ruhen die Hoffnungen von Telekom-Boss Ron Sommer besonders auf dem neuen T-Online-Chef. Holtrop hat sich seine Meriten beim Aufbau des Online-Ablegers der Deutschen Bank verdient und soll nun das angeschlagene T-Online sanieren. Vor Holtrop liegt eine schwere Aufgabe. Er muss dafür sorgen, dass sein Unternehmen mehr Content anbietet und die Akzeptanz von T-Online im Ausland forcieren. Mit 82 Prozent entfällt das Gros der insgesamt 7,9 Millionen Nutzer nämlich auf Deutschland. In Spanien und Portugal zählt Ya.com 680000 Kunden, der Club Internet in Frankreich meldet 580000 Teilnehmer, und in Österreich wird die Zahl der User mit 150000 beziffert.

Noch rangiert T-Online mit knapp acht Millionen Kunden in Europa an der Spitze. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Wanadoo, die Internet-Tochter von France Télécom, und der italienische Anbieter Tiscali blasen im internationalen Geschäft zum Angriff auf die Deutschen. Vor allem der Erzrivale der Telekom, France Télécom, setzt wie im Mobilfunk auch im Internet-Markt deutliche Zeichen. Die Franzosen haben sich zum Beispiel den lange von T-Online umworbenen britischen Provider Freenet einverleibt und sind damit im Gegensatz zu den Darmstädtern im englischen Markt vertreten. Die Wahrscheinlichkeit, dass T-Online im Ausland weiterhin stark Kunden hinzugewinnt, ist jedoch gering. Konzernchef Sommer hat einen strikten Sparkurs ausgeben, der für T-Online-Chef Holtrop Zukäufe unwahrscheinlich macht.