Erfarungen mit Datensammelsystemen

04.07.1975

Aus Datenerfassung wurde Datenvorverarbeitung, Locherinnen wurden zu Datentypistinnen.

Mit der Installation von Datensammelaystemen können im Regelfall 15 Prozent und mehr der Datenerfassungskosten gespart werden. Das lohnt sich denn auf den Engpaß Datenerfassung entfallen oft ein Drittel der DV-Gesamtkosten.

Mittlerweile sind die Preise für Minicomputer-Zentraleinheiten und Bildschirmstationen so gefallen daß der Einsatz von Datensammelsystemen bereits lohnend ist, wo nur wenige Locherinnen ß la Hollerith arbeiten.

So tönen die Verkäufer.

Wie aber sprechen die, die mit Datensammelsystemen nicht nur Daten sondern auch Erfahrungen sammeln?

Kurt Dubcek, Referent für EDV, Kraftfahrt-Bundesamt, Flensburg

Das Kraftfahrt-Bundesamt ist eine Bundesoberbehörde. Zu seinen Aufgaben gehören die Führung der Dateien über die in der Bundesrepublik zugelassenen Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeug-Anhänger. Die Aufbereitung der Krafthrzeug-Bestands- und Veränderungsstatistiken. Außerdem ist das Amt zuständig für die Führung des Verkehrszentralregisters ("Verkehrssünderkartei").

Im Kraftfahrt-Bundesamt sind monatlich rund 1,7 Millionen Informationen zu verarbeiten. Davon entfallen 1 170 000 auf Kraftfahrzeugmeldungen der Zulassungstellen sowie rund 230 000 auf die Statistik des grenzüberschreitenden Straßengüterverkehrs mit Lastkraftfahrzeugen. Die restlichen 300 000 Fälle betreffen die Statistiken des gewerblichen Güterfernverkehrs und des Werkfernverkehrs. Sie werden über Klarschriftbelege erfaßt und maschinell eingelesen.

Nach eingehender Marktbeobachtung wurde im Frühjahr 1972 mit der Planung für den Einsatz von Datensammelsystemen begonnen. Zu dieser Zeit waren für die Datenerfassung 103 Motorwiderholungslocher und 47 Motorprüfer eingesetzt. Der Planungsauftrag enthielt unter anderem die Auflage, daß durch die Umstellung auf Sammelsysteme keine höheren sachlichen Kosten pro Arbeitsplatz entstehen dürften. Mitte 1973 wurden von der Firma Inforex im Anschluß an ein Testinstallation 9 Datenerfassungssysteme 1302 mit je 16 Erfassungsplätzen angemietet. Ende September 1973 war die Umstellung abgeschlossen. Für das Aufstellen eines Systems benötigen die Techniker durchschnittlich drei Tage. Es dauerte etwa zwei bis drei Wochen, bis die Datenerfasserin die gleichen Leistungen wie an den Lochern und Prüfern erreichten. Inzwischen ist eine Leistungssteigerung um zirka 15 Prozent zu verzeichnen.

Die Erfahrungen in bezug auf die Zuverlässigkeit der Systeme liegen über den Erwartungen. Die Ausfallquote lag in den letzten Monaten bei 0,3 Prozent, bezogen auf die Gesamtbetriebsdauer. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß der Einsatz der Sammelsysteme die Arbeitsbedingungen verbessert, die Sicherheit in der Datenerfassung erhöht und die Kosten verringert hat.

Günther Meisel, Verwaltungsrat, Leiter des Rechenzentrums, Krankenkassenverband Koblenz

Mit dem Inkrafttreten der Datenerfassungsverordnung (DEVO)

zum 1. 1. 1973 - allgemein bemerkt durch die Ausgabe der Versicherungsscheckhefte der Rentenversicherungen - wurden die gesetzlichen Krankenkassen Anlaufstelle für alle Meldedaten der

Sozialversicherung. Für die beim Krankenkassenverband Koblenz mitarbeitenden Ortskrankenkassen wurde daher schnellstens ein Erfassungssystem gesucht, das mit der zu erwartenden Datenflut fertig wurde. Nach der Analyse von 21 der seinerzeit auf dem Markt befindlichen Erfassungsgeräte entschied man sich für das Gerät Gler-Datapoint 2000 mit 8 KB-Kernspeicher. Das Gerät ist frei programmierbar. Dadurch konnten Erfassungsprogramme entwickelt werden, die ein Höchstmaß an Sicherheit bieten. Die Datensätze können ohne Aufbereitung auf Zwischenträger vom Original-Beleg abgenommen und erfaßt werden. Dabei wird die Richtigkeit numerischer Werte durch Prüfziffernverfahren, Prüf- und Kontrollsummen, Längen- und Minimal-/Maximal-Wert-Prüfung und so weiter festgestellt. Logische Abhängigkeiten werden ebenso kontrolliert wie die Saldierung bei Daten der Buchhaltung.

Ein Bildschirm mit einer Anzeige von 960 Zeichen erleichtert den Erfassern die Arbeit dadurch, daß durch Überschriften, Texte und so weiter eine Führung durch das Programm während der Erfassung vorgenommen wird. Es erfordert keine Schulung, mit diesen Geräten zu arbeiten; lediglich beim erstmaligen Einsatz war ein halber Tag zur Einübung der notwendigen Handgriffe notwendig.

Der Durchsatz der erfaßten Daten in dem Gerät wird durch die Vielzahl der Prüfungen nicht wesentlich beeinträchtigt, da bei einer Erfassung am Arbeitsplatz sachliche und rechnerische Fehler sofort klärbar sind und auch sofort bereinigt werden können. Die Rückweisung von Daten nach der Verarbeitung im Rechenzentrum ist daher hauptsächlich auf logische Fehler beim Abgleich mit den gespeicherten Datenbeständen beschränkt. Die Geräte sind durch die geringen Abmessungen leicht zu transportieren und können daher jederzeit an jedem beliebigen Arbeitsplatz eingesetzt werden.

Der Datentransport auf Magnetband-Kassetten zum Rechenzentrum ist problemlos und wird zur Zeit noch per Post oder durch Kurier durchgeführt. Die Erfassungsgeräte sind durch geringfügige Zusätze auch für die Datenfernübertragung einsetzbar. Für die nächste Ausbaustufe des Rechenzentrums ist diese Aufrüstung geplant.

Nachdem nunmehr 35 Geräte mehr als zwei Jahre im Einsatz sind und eine verhältnismäßig geringe Ausfallquote festzustellen ist, hat sich erwiesen, daß die damals aufgestellten Auswahlkriterien richtig waren.

Gerd Meyer, Leiter der EDV-Abteilung der Continentale-Volkswohl Krankenversicherung a. G., Dortmund

Auslöser für die Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten eines Datensammelsystems in unserem Hause waren Wirtschaftlichkeitsüberlegungen. Außerdem bot ein Sammelsystem mehr Unterstützung bei der Datenerfassung als die bei uns überwiegend im Einsatz befindlichen Banderfassungsgeräte. Nach umfangreichen Marktstudien installierten wir Anfang 1974 folgende Konfiguration: zwei Zentraleinheiten Siemens 404/2 mit je 56 K-Bytes, 30 Bildschirmerfassungsplätze, zwei Datenaustauschsteuerungen zur Koppelung von 404/2 und Groß-EDV.

Wir fällten unsere Entscheidung aufgrund folgender Tatsachen:

1. Wirtschaftlichkeit: Trotz des hohen Grundpreises der Zentraleinheiten überschritten wir die Wirtschaftsschwelle infolge der Vielzahl der Erfassungsplätze. Außerdem entstanden Kostenvorteile durch Einsatz der Datenaustauschsteuerungen anstelle der sonst üblichen Bandstationen.

2. Intelligenz: Unsere Anforderungen bezüglich freier Programmierbarkeit wurden voll erfüllt.

3. Sicherheit: Jede Zentraleinheit verwaltet alle 30 Plätze. Bei Ausfall einer ZE werden alle Plätze umgeschaltet, so daß die Erfassung nahtlos auf der begonnenen Platte fortgesetzt werden kann.

4. Zukunftssicherheit: Die aus Sicherheitsgründen installierte Hardware-Reserve (zwei ZE) wird demnächst für DFÜ-Anwendungen genutzt. Die 404 übernimmt als Vorrechner der Groß-EDV die Leitungsbehandlung.

Unsere Erfahrungen nach über einem Jahr lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Formatprogramme sind verhältnismäßig einfach zu erstellen, lediglich für einzelne Benutzerroutinen steht ein speziell ausgebildeter Programmierer zur Verfügung. Die Einarbeitung der Datentypistinnen war problemlos, gegenüber der Erfassung mit Lochstreifengeräten wurden erhebliche Produktaktivitätssteigerungen erzielt.

Durch den Einsatz der Datenaustauschsteuerung ist das Datenhandling besonders einfach. Nach Abschluß der Datenerfassung für ein Arbeitsgebiet können die Daten jederzeit zur Groß-EDV übertragen und dort für die Weiterverarbeitung bereitgestellt werden.

Ein entsprechendes "Datenannahmeprogramm" ist in der Groß-EDV resident. Die Hardware arbeitet sicher.

Reiner Möschl, Leiter der Abteilung EDV-Betrieb, Dynamit Nobel AG, Troisdorf

Das erste Datensammelsystem ist in unserem Hause seit Anfang 1972 eingesetzt. Es handelt sich um das Fabrikat Keyplex H 5500 von Honeywell Bull.

1972 wurden 18 Lochkarten- und 13 Lochstreifengeräte gegen 19 Keyplex-Tastaturen ausgetauscht.

Die Erfassungskosten gingen trotz der teueren Hardware um mehr als ein Drittel zurück. Heute, bei wesentlich erhöhtem Erfassungsvolumen und 23 angeschlossenen Tastaturen, ist das Kosten-/ Leistungsverhältnis noch günstiger. Außerdem lassen sich nach unseren Erfahrungen die Erfassungsfehler merkbar reduzieren, wenn alle Möglichkeiten der Datenprüfung ausgeschöpft werden.

Die Leistungssteigerung wurde zu einem erheblichen Teil dadurch erzielt, daß Datenfeldkennzeichen (bei variablen langen Datensätzen) und sonstige Konstante durch die Erfassungsformate automatisch hinzugefügt werden können und die Datenprüfung durch Wiedereingabe entfällt, wenn durch das Erfassungsformat eine hinreichende Prüfung, zum Beispiel Abstimmsumme oder Prüfkennziffer, gegeben ist.

Unsere Hauptbedenken vor Einsatz des Sammelsystems galten dem erhöhten Hardware-Risiko. Die Ausfallquote ist nach unseren mehr als dreijährigen Erfahrungen jedoch extrem niedrig und schmälert die genannten Vorteile nicht wesentlich.

Bei zentraler Erfassung großer Datenvolumen und mannigfacher Belege ist die Erfassung mit Hilfe von Datensammelsystemen nach meiner Ansicht zur Zeit kosten- und leistungsmäßig die günstigste Methode.