Erfahrungswerte sind weiterzugeben Fehlgeschlagene Projekte reissen Loecher ins Budget

16.07.1993

Die Frage, warum Projekte scheitern, muss sich jedes Unternehmen stellen. In Zeiten wirtschaftlicher Rezession gewinnt dieses Problem an Gewicht, wird sogar zur Ueberlebensfrage. Finanzielle Einbussen durch fehlgeschlagene Projekte, so meint Andrea Dzeyk*, lassen sich kaum durch Gewinne an anderer Stelle ausgleichen.

Wir haben 1990 damit begonnen, systematisch die Gruende zu analysieren, die dazu fuehren, dass Projekte nicht nach Wunsch oder Plan verlaufen. Dabei wurde festgestellt, dass die wirkliche Projektplanung und -verfolgung von Anfang bis Ende von wesentlicher Bedeutung ist. Ein Projekt beginnt nicht erst mit der Aufnahme der Projektarbeiten, sondern wesentlich frueher, naemlich schon bei Beginn der Arbeiten fuer die Schaetzung, das Angebot und den Vertrag.

Ebenso endet ein Projekt nicht, nachdem der Auftrag abgeschlossen wurde, sondern nachdem saemtliche Informationen, Erfahrungen und Daten aus der Aufgabenstellung fuer weitere Projekte zusammengetragen und ausgewertet wurden. Zu diesem Zweck ist ein zentrales Projekt-Controlling, die Steuerung der gesamten Abwicklung eines Projektes, notwendig.

Sinnvoll ist es ebenfalls, Informationen aus Projekten zu sammeln und zu verdichten, damit Problemfelder aufgedeckt und analysiert werden koennen. Aus den offengelegten Schwachstellen lassen sich Massnahmen fuer zukuenftige Projekte ableiten. Durch diese Art der Auftragsabwicklung wird mittel- und langfristig ein wesentliches Unternehmensziel erreicht, naemlich die Zufriedenheit des Auftraggebers.

Die Projektziele tragen oft wesentlich zur Erfuellung der Unternehmensziele bei. Was aber sind Projektziele? Wann gilt ein Projekt als gescheitert? Zunaechst einmal sollte jedes Unternehmen Definitionen hinsichtlich seiner Projektziele festlegen und gewichten. Daraus lassen sich auch die Gruende fuer ein Scheitern ableiten. Entsprechende Massnahmen und die notwendigen Erfordernisse liegen dann auf der Hand.

Die Vorgehensweise der Unternehmen bei der Definition von Projektzielen ist unterschiedlich. Bei uns steht das Erreichen des fachlichen Ziels unter Einhaltung von Terminen und Kosten sowie Image-Gewinn und Profit im Vordergrund. Ein weiterer Aspekt, der leider viel zu haeufig missachtet wird, ist neben der schon oben erwaehnten Zufriedenheit des Auftraggebers die des Mitarbeiters.

Ein Projekt muss dann als gescheitert gelten, wenn eines oder mehrere Ziele verfehlt wurden. Das ist etwa der Fall, wenn Termine nicht eingehalten oder der Kostenrahmen gesprengt wurde oder wenn grosser Stress fuer die Auftraggeber beziehungsweise die beteiligten Mitarbeiter entstanden ist. Ein gescheitertes Projekt bedeutet fuer jedes Unternehmen Verluste an Geld und Image. Die Folge sind Mitarbeiterschwund und weniger Auftraege. Damit fallen - insbesondere fuer Unternehmen der DV-Branche - letztlich die "Produktionsmittel" und das Know-how aus.

Die Ursachen fuer das Scheitern von Projekten sind vielfaeltig. Schwaechen gibt es etwa auf folgenden Gebieten:

- Mitarbeiterqualifikation,

- Projektplanung und -verfolgung (Kontrollverfahren und Change- control),

- Festlegung der Projektziele durch den Auftraggeber,

- Festlegung der Projektorganisation einschliesslich der zugehoerigen Kompetenzen,

- Materialressourcen.

Es gibt sicherlich kein Universalrezept, mit dem sich das Scheitern verhindern laesst. Allerdings lassen sich die Ursachen eruieren, so dass der Projektverlauf nicht dem Zufall ueberlassen werden muss. Sinnvoll ist es, eine unternehmensweit einheitliche Vorgehensweise fuer die Projektabwicklung zu schaffen. Darin sind sowohl Methoden fuer die Schaetzung wie auch fuer die Projektabwicklung beschrieben.

Es ist weniger entscheidend, nach welchem Vorgehensmodell gearbeitet wird. Wichtiger ist, dass man sich unternehmenseinheitlich auf ein Modell einigt. Vorschriften muessen naemlich nicht nur erlassen, sondern auch gelebt werden. Das Modell muss vor und waehrend der Projektdurchfuehrung Unterstuetzung gewaehren und nach seinem Ende bis in das naechste Projekt hinein reichen, indem "stabilisierende Faktoren" fuer kuenftige Projekte erarbeitet werden. Ein Projekt-Controlling schafft die noetige Transparenz und foerdert den Informationsfluss durch Begleitung aller Beteiligten in saemtlichen Phasen des Projektes.

*Andrea Dzeyk ist Marketing-Leiterin bei der CGI Interprogram GmbH in Langenfeld