Lohnt sich das iPad Pro?

Erfahrungsbericht über das iPad Pro

27.12.2015
Von  und Ole Leitloff
Davide Price schreibt für unsere US-Schwesterpublikation Macworld.com.

Kameras

Das iPad Pro bietet eine iSight-Kamera mit 8-Megapixel auf der Rückseite, die den Spezifikationen der Kamera des iPad Air 2 entspricht. Hier die Details:

• 8 Megapixel iSight Kamera

• Autofokus

• ƒ/2.4 Blende

• Objektiv mit fünf Elementen

• Hybrid IR Filter

• Rückwärtige Belichtung

• Verbesserte Gesichtserkennung

• Belichtungsregler

• Panoramabild (bis zu 43 Megapixel)

• Serienbildmodus

• Zum Fokussieren tippen

• Geotagging für Fotos

• Selbstauslöser

Die Video-Funktionen entsprechen ebenfalls denen des Air 2.

• 1080p HD Videoaufnahmen (30 Bilder pro Sekunde)

• Zeitlupenvideo (120 fps)

• Zeitraffervideo

• Videobildstabilisierung

• Verbesserte Gesichtserkennung

• 3x Videozoom

• Geotagging für Videos

Und die Spezifikationen der Frontkamera sind ebenfalls die gleichen:

• 1,2 Megapixel

• ƒ/2.2 Blende

• 720p HD Videoaufnahme

• Rückwärtige Belichtung

• Auto-HDR für Fotos und Videos

• Verbesserte Gesichtserkennung

• Serienbildmodus

• Belichtungsregler

• Selbstauslöser

Wer enttäuscht ist, dass hier keine technischen Anpassungen an die Leistungen des Prozessors, des Arbeitsspeichers und des Displays vorgenommen wurden, sollte sich fragen: Wer möchte das iPad Pro als Kamera nutzen?

Batterieleistung

Apple behauptet, dass das iPad Pro 10 Stunden durchhält (Videowiedergabe oder Internetsurfen). Das entspricht in etwa dem Standard von Apples Tablets und genau der Leistung, die auch beim iPad Air 2 versprochen wurde. Apple ist normalerweise sehr ehrlich, wenn es ums die Batterieleistung der Geräte geht, sobald wir die neuen iPads haben, werden wir dies testen. Diese Batterie-Leistung basiert auf einem 38,5-Watt Lithium-Polymer-Akku, der deutlich größer ist als der 27,3-Watt-Akku des Air 2.

Anschlüsse

Es gibt eine Cellular-Version des iPad Pro, inklusive WLAN (802.11ac), wie auch das iPad Air 2. Apples Pressemitteilung zum iPad Pro verkündet stolz: „Ultra-schnelle kabellose Verbindungen sorgen überall für Anbindung, mit 802.11ac Wi-Fi und MIMO-Technik, der Unterstützung einer großen Bandbreite an LTE-Frequenzen und anderen schnellen Mobilnetzen (DC-HSDPA, HSPA+).“

Die Gerüchte, das iPad Pro könnte dem 12-Zoll-MacBook folgen und einen USB-C-Anschluss mitbringen, haben sich nicht bewahrheitet. In der Präsentation wurde nur die Lightning-Schnittstelle zum Laden und zur Datenübertragung vorgestellt, die wir von früheren iPads und iPhones kennen. Es scheint jedoch so, dass der Anschluss auch für etwas anderes genutzt werden kann. Apples Eingabestift wird über den Lightning-Port verbunden und lädt erstaunlich schnell.

Größe und Gewicht

Das iPad Pro ist beeindruckend dünn. Apple hat das Display des iPad Air 2 fast um das Doppelte vergrößert und es ist dabei weniger als einen Millimeter dicker geworden.

Hier die Angaben:

Breite: 220,6 mm

Länge: 305,7 mm

Dicke: 6,9 mm

Gewicht: 713 g (WLAN-Modell); 723 g (Cellular-Modell)

Das iPad Air 2 im Vergleich:

Breite: 169,5 mm

Länge: 240 mm

Dicke: 6,1 mm

Gewicht: 437 g (WLAN-Modell); 444 g (Cellular-Modell)

Zubehör

Mit der Vorstellung des iPad Pro hat Apple auch spannendes Zubehör präsentiert. Es ist separat erhältlich und bisher sind nur US-Preise bekannt.

Apple Pencil

Ja, Apple hat endlich nachgegeben und einen Stift eingeführt, der für druckempfindliches Zeichnen und Malen gedacht ist, statt der üblichen Steuerungseingabe. Man benötigt den Stylus aber nicht zum Benutzen des iPad Pro. (Vor langer Zeit hat Steve Jobs gesagt: „wenn man einen Stylus sieht, haben sie versagt“.)

In gewisser Weise ist ein Stift für das iPad Pro sinnvoller als für andere iOS-Geräte. Zum einen sind Designer, Künstler und andere Kreative wichtige potenzielle Kunden für ein iPad mit großem Bildschirm. Und offensichtlich unterscheiden sich der heutige Markt und die technische Entwicklung deutlich von der Zeit, als Steve Jobs seinen Kommentar abgegeben hat. Trotzdem hat uns diese Richtungsänderung von Apple überrascht.

Das iPad Pro oben auf dem Bild ist direkt mit einem Apple Pencil über den Lightning-Anschluss verbunden – so lädt dieser und das wirklich schnell. Laut Apple reichen 15 Sekunden Ladezeit für 30 Minuten Benutzung.

Unsere US-Kollegin war bei ihrem ersten Ausprobieren begeistert: „Der Pencil fühlte sich vom ersten Moment sehr gut an...wie ein Bleistift (wobei man über andere Bluetooth-Stifte auf dem Markt Ähnliches sagen kann), und die Benutzung wirkt ebenfalls sehr natürlich. Sensoren erkennen Druck und Winkel, so dass man mühelos Linien von unterschiedlicher Dicke zeichnen kann. Die Notizen-App bietet sogar ein Lineal. Über die Seite der Pencil-Spitze lassen sich realistische Schattierungen malen, wie mit der Seite eines Bleistifts.

Smart Keyboard

Ähnlich zu Microsofts großformatigen Surface-Tablets stellte Apple für das iPad Pro eine Kombination aus Hülle, Abdeckung und Tastatur vor.

Das neue Smart Keyboard ähnelt den bisherigen Smart-Hüllen und -Abdeckungen dass es sich klappen und zu einem dreieckigen Ständer zusammenfalten lässt. Aber zu ersten Mal ist eine großformatige Tastatur integriert.

Bei Abdeckungen mit integrierter Tastatur von Drittherstellern, war bisher immer die Frage, ob die Tasten nach außen zeigen, was sie anfällig für Beschädigungen macht, oder nach innen, wo sie am Display reiben und den Poliereffekt durch die Innenseite der Abdeckung verhindern. Das Smart Keyboard umgeht diese Probleme, indem es Tasten hat, die nach innen ausgerichtet sind und eine zusätzliche Schicht zum Display hin. Allerdings wirkt die Abdeckung dadurch recht dick.

Im Endeffekt ist es ein Smart Cover, das statt drei vier klappbare Teile besitzt und der vierte Teil ist eine vollwertige Tastatur. Je nachdem wie man es umklappt, kann man das Smart Keyboard als Ständer ohne Tastatur nutzen, als Ständer mit Tastatur oder zusammengelegt wie ein dickeres Smart Cover. Die Tastatur ist mit Stoff überzogen und da die Spannung des Stoffes für die Federung der Tasten sorgt, gehen einige Tester davon aus, dass das Smart Cover den Schmetterlings-Mechanismus des 12-Zoll-Macbook nutzt, wenn auch mit einem gänzlich anderen Design.

Ein weiterer US-Kollege von uns hat das Smart Cover ausführlich getestet und kommt zu dem Schluss: „Die Tastatur selbst fühlt sich ziemlich gut an, wenn man bedenkt, wie dünn sie ist und wie wenig Bewegungsspielraum es gibt, wenn man eine Taste drückt. Es war möglich ohne große Probleme einige Test-Absätze zu tippen. Die Tastatur hat fünf Reihen, inklusive Pfeil-Tasten und Sonder-Tasten, wie man es von einer richtigen Tastatur erwartet. iOS 9 bringt einige Funktionen mit, die den Einsatz von Tastaturbefehlen erleichtern – und nun wissen wir auch weshalb.

„Es ist in jedem Fall ein Wunder, dass so dünne Tastaturen existieren. Und es gibt wenig an einer Tastatur zu kritisieren, die so dünn ist, dass sie gleichzeitig als Bildschirmschutz dient. Natürlich bewegen sich die Tasten nicht wie bei einer richtigen physischen Tastatur. Aber wenn ich mit meinem iPad unterwegs bin, muss ich immer daran denken eine separate Bluetoot-Tastatur einzupacken; das Smart Keyboard wird immer mit dabei sein.“

Damit kommt Apple offensichtlich Geschäftskunden entgegen, allerdings ist die Tastatur nicht im Kaufpreis enthalten. Das Smart Keyboard kostet zusätzlich 169 US-Dollar (in den USA). Die Preise in Deutschland stehen noch nicht fest.

Für wen eignet sich das iPad Pro?

Es gibt Argumente für und gegen ein großformatiges iPad. Spanndender ist die Frage: Wer genau soll das iPad Pro kaufen und wie beeinflusst (oder verwirrt es) potenzielle Kunden?

Apple beschäftigt sich ständig mit unterschiedlichen Monitorgrößen. Jony Ive hat in der Vergangenheit den Design-Ablauf für iPods und iPhones beschrieben und wie der damalige Chef (Steve Jobs) sich Schaumstoff-Dummys in zahlreichen Größen angeschaut habe, um danach die weitere Richtung vorzugeben. Man kann davon ausgehen, dass Apple, als die Firma das erste iPad entwickelte, bereits ein 12-Zoll-Gehäuse als Prototyp hatte, der grob dem iPad Pro entsprach.

Der Unterschied zwischen Apple und einer Firma wie Samsung ist, dass Apple nur einen Bruchteil seiner Prototypen auf den Markt bringt. Man befürwortet Einfachheit, nicht nur beim Design, sondern auch bei den Produktlinien. Es gab einen Zeitpunkt, da bot Apple nur zwei Bildschirmgrößen für seine Mobilgeräte an: 3,5 Zoll für die Smartphones und 9,7 Zoll für sämtliche Tablets.

Apple hat sein Angebot seitdem ausgebaut (momentan gibt es drei iPhone-Größen und drei unterschiedliche Display-Größen für das iPad.) Doch Apple ist sich darüber im Klaren, dass jede weitere Option für zusätzliche Verwirrung bei den Kunden sorgt.

Welche Gründe gibt es also für ein großformatiges iPad? Ein Wort bringt es auf den Punkt: Produktivität.

Fünf Jahre nach seiner Einführung, gibt es noch immer Zweifel, ob das iPad als primäres Arbeitsgerät dienen kann, denn sein Display ist kleiner als das der meisten Laptops, iOS ist in vielen Bereichen eingeschränkt und das iPad unterstützt kein Multitasking. Einige oder alle diese Schwächen kann das iPad Pro ausräumen. Es ist groß und leistungsfähig genug, um mehrere Apps gleichzeitig laufen zu lassen und es gibt eine ansprechende Tastatur als Zubehör, die mobile Geschäftskunden anspricht. Und Microsoft ist mit seinen Office-Lösungen ebenfalls mit an Bord.

Handelt es sich also um ein Produkt fürs Geschäftsumfeld? Nicht nur: Apple hat die kreativen Aspekte stark hervorgehoben, mit Demos von Adobe zu Layoutmöglichkeiten und Bildbearbeitung. Und es gibt Videos von Künstlern, die mit dem Apple Pencil kreative Werke erstellen. Auch Spiele-Fans werden vom super-schnellen A9X-Prozessor begeistert sein (und weniger begeistert vom halbherzigen 32-GB-Speicherangebot).

Apple hat bisher die iPads mit Recht als Multifunktionsgeräte für jedermann beworben. Die Fokussierung auf bestimmte Kunden birgt Risiken: Mir scheint es, dass Geschäftskunden kein so leistungsstarkes Gerät benötigen (oder es zu teuer finden); dass Profi-Spieler, die den A9X-Chip benötigen, lieber eine Konsole oder ein Laptop kaufen, wenn sie ein größeres Display als das des iPad Air 2 wollen, da das iPad Pro nicht besonders mobil ist. Und Kreativ-Anwender könnte es irritieren, dass dies ein Gerät ist, für welches Microsoft Apps entwickelt. (Andererseits: viele Kreative mögen das Surface Pro).

Preise

Wer sich eines der neuen iPads gönnen möchte, muss seinen Geldbeutel wie folgt belasten:

32 GB (nur WLAN) 899 Euro

128 GB (nur WLAN) 1079 Euro

128 GB (WLAN und Cellular) 1229 Euro

Unsere Einschätzung

Wir sind von der Prozessorleistung des iPad Pro beeindruckt, von der Bildschirmtechnik und davon, wie die Designer es geschafft haben, so viel Display in einem so dünnen und leichten Gerät unterzubringen. Aber es bleiben einige Fragen offen – etwa wie sich der Balance-Effekt der vier Lautsprecher unter Alltagsbedingungen macht und wo die Zielgruppe ist, die Apple ansprechen möchte.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von der Macwelt. (mhr)