Erfahrungsaustausch steht im Mittelpunkt von Ette

18.10.1991

Neue Lerntechnologien sind das Thema der

Veranstaltung Ette (European Training Technology Event), die vom 5. bis 7. November 1991

in Wien stattfindet. Die Messe, die letztes Jahr das erste Mal veranstaltet wurde, wendet sich

in erster Linie an Weiterbildungsverantwortliche. Sie haben in Workshops die Möglichkeit, sich mit Kollegen und Experten über neue Lerntechnologien auszutauschen. Über die Ziele der Messe, die Entwicklung der DV-gestützten Lernmedien und ihre Anwendungsgebiete sprach CW-Redakteurin Hiltrud Puf mit Stephen Molyneux, dem Mitgründer von Ette und Technical Director von 3V Multimedia.

CW: Zu den zahlreichen Messen ist jetzt noch die Ette hinzugekommen. Viele Anwender sind messemüde, wer soll diese Veranstaltung besuchen?

Molyneux: Zielgruppe sind die Verantwortlichen für die Weiterbildung. Sie stehen vor dem Problem, zwei Messen besuchen zu müssen: die CeBIT für die Technologie und die Didacta für die pädagogischen Aspekte. Ette soll beide Gesichtspunkte abdecken.

CW: Wer steckt hinter Ette?

Molyneux: Zu den Mitgründern gehörten das niederländische Unternehmen EEC und die Philips B.V., die auch die erste Messe in Den Haag 1990 finanziell unterstützte. Die Advisory Croup besteht aus verschiedenen Hard- und Softwareherstellern, Universitäten und Anwendern. Sie kümmert sich um das Rahmenprogramm.

CW: Ist Ette also eine reine Verkaufsmesse?

Molyneux: Natürlich stellen die Hersteller aus, um neue Kunden zu finden. Ette unterscheidet sich aber durch das umfangreiche Rahmenprogramm von anderen Messen. Wir wollen eine Plattform schaffen, auf der die Verantwortlichen für Weiterbildung Erfahrungen austauschen können.

CW: Wie soll das aussehen?

Molyneux: Wir bieten zwei Arten von Workshops an. Zum einen sind das Industry Round-tables. Hier treffen sich Vertreter einer Branche und diskutieren über ihre Probleme im Bereich Weiterbildung, die ja für alle ähnlich sind. Zum anderen gibt es Workshops, die sich bestimmten Themen widmen. Auf das größte Interesse ist hier das Thema Medienauswahl gestoßen.

CW: Bei den Messeunterlagen wird großer Wert darauf gelegt, europäisch zu wirken.

Molyneux: Ich halte den internationalen Erfahrungsaustausch für äußerst wichtig. Wenn sich beispielsweise die Weiterbildungsleiter von BMW, Saab, Rolls Royce und Renault an einen Tisch setzen, kann sich eine sehr nützliche Zusammenarbeit ergeben, da sie meist mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Da ist es doch sinnvoll, Joint-ventures zu bilden und Projekte gemeinsam anzugehen. Auf diese Weise lassen sich auch Kosten einsparen. Für ein offenes Europa ist es wichtig, daß die Deutschen nicht nur aus den Fehlern der Deutschen lernen, sondern auch von denen der Engländer und Franzosen. Und dazu sollen die Industry Round-tables beitragen.

CW: Auf der Messe wird ein Preis für das beste Lernprodukt vergeben. Beide nominierten Lösungen kommen aus Großbritannien, ein Zufall?

Molyneux: Was Technik angeht, ist Großbritannien sicher eines der am weitesten entwickelten Länder in Europa. Gerade im Bereich neue Lerntechnologien spielt die Mentalität eine wichtige Rolle. Briten sind sehr viel risikofreudiger, während die Deutschen zu sehr langen Evaluierungs- und Pilotphasen neigen.

CW: In Deutschland ist man prinzipiell etwas zurückhaltend, wenn es um Multimedia oder neue Medien wie CD-ROM geht.

Molyneux: Ja, aber ich glaube, daß Multimedia im Zusammenhang mit Weiterbildung auch in Deutschland langsam größere Akzeptanz findet.

CW: Hier spielt sicher auch der Nachholbedarf in den neuen Bundesländern eine große Rolle, der nur mit der traditionellen Weiterbildung nicht mehr zu bewerkstelligen ist.

Molyneux: Auf jeden Fall. Hier reichen auch die Dozenten nicht aus. Ich denke zum Beispiel an die enormen Probleme der Telekom, Mitarbeiter aus der ehemaligen DDR mit der neuen Technik vertraut zu machen. Die Telekom setzt in zwischen Computer Based Training ein, da sie festgestellt hat, daß dies der einzige Weg ist, in kurzer Zeit sehr viele Mitarbeiter zu schulen. +