Eon rüstet 22000 PCs um

15.11.2004
In einem zweijährigen Großprojekt hat die Eon Energie AG die PCs ihrer 19 Konzerngesellschaften von Windows NT auf XP migriert und dafür ein automatisches Softwareverteilsystem eingeführt.

Es soll Unternehmen geben, die beim Wechsel ihres PC-Betriebssystems einige Überraschungen erlebt haben. Diese wollte die Eon Energie AG bei ihrem Migrationsprojekt so weit wie möglich vermeiden und hatte sich deshalb eine gründliche Vorbereitung verordnet. Hinsichtlich der Größe des Unterfangens sicher eine gute Idee - schließlich galt es, rund 22 000 PCs in insgesamt 19 Konzerngesellschaften von Windows NT auf XP umzustellen.

Neben dem von Microsoft für Juli 2003 angekündigten Ende des Supports für NT hatte Eon Energie eine Reihe anderer Gründe für den Umstieg. Dazu zählte die zunehmende Zahl von mobilen Anwendern im Konzern. "Notebooks unter Windows NT zu betreiben war nicht der Hit", erinnert sich Maximilian Riegler, Projektleiter bei der Eon Energie AG. So hätten beispielsweise die Infrarotschnittstelle und die Multimedia-Unterstützung nur mäßig funktioniert, USB-Schnittstellen gab es überhaupt nicht. Zudem sei es insbesondere für mobile Anwender wichtig gewesen, ein stabileres Betriebssystem einzusetzen: "Bluescreens kommen nicht gut an, wenn der Mitarbeiter draußen unterwegs ist", so der Projektleiter.

Unterschiedliche Versionen im selben Betrieb

Als sich Eon Energie gemeinsam mit Is Energy, einer IT-Tochter des Unternehmens, vor drei Jahren erstmals mit dem bevorstehenden Wechsel beschäftigte, gab es noch Überlegungen, auf Windows 2000 zu migrieren. Sie wurden jedoch verworfen, da sich die Verfügbarkeit von Windows XP zu diesem Zeitpunkt bereits abzeichnete.

In einem ersten Schritt musste die Ausgangslage genau erfasst werden. Zwar setzte die gesamte Eon Energie-Gruppe NT als Betriebssystem ein, bei der Anwendungs- und Hardwareausstattung trafen die Projektverantwortlichen jedoch eine große Vielfalt an. Sogar in ein und derselben Gesellschaft kamen verschiedene Produktversionen zum Einsatz. Bei der anschließenden Bereinigung des IT-Warenkorbs konnte die Produktpalette um ein Drittel reduziert werden, obwohl in den Gesellschaften viele Spezialapplikationen laufen, die sich für eine Konsolidierung nicht eignen.

Trotz dieses Erfolgs war es notwendig, knapp 1400 Softwareprodukte und 460 unterschiedliche Gerätetypen wie Desktops, Notebooks, Drucker, Scanner, PDAs und Netzkarten auf ihre XP-Fähigkeit zu testen. "In der Anfangsphase gab es noch sehr wenig Informationen zur XP-Tauglichkeit einzelner Systeme, weswegen wir jedes Produkt im Labor getestet haben", erläutert Riegler. Dieses Vorgehen sei jedoch sehr teuer und zeitaufwändig gewesen, weshalb das Projekt-Team zunehmend auf Herstellerangaben vertrauen musste und zusätzliche Internet-Recherchen anstellte. Damit ließen sich die Prüfungen auf Produkte reduzieren, über die keine Informationen vorlagen. Da vor dem Rollout finale Abnahmetests durch ausgewählte Endanwender vorgenommen wurden, hielt sich das Risiko in Grenzen.

Auch bei der Softwareverteilung wollte der Energieriese neue Wege gehen: Ziel war die konzernweite Nutzung von "Netinstall", einem Tool des Herstellers Netsupport. "Das hat den Vorteil, dass alle Soft- und Hardwarekomponenten nur einmal verskriptet werden müssen und anschließend an allen Standorten maschinell auf die Clients aufgespielt werden können", erklärt Klaus-Dieter Minninger, Projektleiter des mit dem Vorhaben betrauten Eon-Energie-Dienstleisters Is Energy. Bei der Skriptierung werden mit den Programmierwerkzeugen von Netinstall so genannte Installationspakete erstellt. Diese beinhalten die Informationen für die automatische Softewareverteilung sowie für kundenspezifische Anpassungen wie zum Beispiel die Gestaltung der Bildschirmoberfläche oder die Verlinkung zu Verzeichnisstrukturen.

Über eigens dafür installierte Server lässt sich die Software so auch an isolierten Standorten ohne Vorortservice automatisiert via Netz verteilen. In einigen kleineren Niederlassungen mussten hierfür die WAN- und LAN-Kapazitäten erweitert werden.

Ein Standard-Client für die ganze Gruppe

Zusätzlich hat Eon Energie einen Standard-Client für die gesamte Eon Energie Gruppe definiert. Er beschreibt den Warenkorb der zugelassenen Hardwaremodelle sowie aller Softwareprodukte, die jedem Anwender als Grundausstattung zur Verfügung stehen. So enthält beispielsweise das Basispaket neben Netinstall und dem Office-XP-Paket den Internet Explorer, Adobe Acrobat Reader, Win Zip oder das in XP enthaltene Komprimierungs-Tool sowie SAP GUI und eine Festplattenverschlüsselung für Notebooks. Hinzu kommt ein Kommunikationspaket, unter anderem mit Outlook XP. Dieser Grundstock wird im Einzelfall um firmen- oder anwenderspezifische Software ergänzt.

Als Vorarbeit für einen reibungslosen Rollout baute Is Energy zusätzliche Steuerungsinstrumente auf. Mit deren Hilfe konnten die parallel und dezentral durchzuführenden Rollouts zentral koordiniert und gesteuert werden. So wurden in einer Skript-Datenbank die verskripteten Hard- und Softwareprodukte sowie deren Bearbeitungsstatus hinterlegt. Außerdem installierte das Projekt-Team eine Rollout-Datenbank, in der für jeden Anwender die Zuordnung von Hard- und Software dokumentiert ist. Daraus wurden Arbeitsanweisungen für die Techniker sowie Abnahmeprotokolle für die Anwender generiert.

Nachdem diese Vorbereitungen abgeschlossen waren, konnte sich Eon Energie an den eigentlichen Rollout machen. Die Installation des neuen Betriebssystems, der skriptierten Software und die Migration der Benutzerdaten wie Favoriten, Signaturen oder Zertifikate erfolgte an den Arbeitsplätzen. Falls erforderlich, wurde auch die Hardware aufgerüstet oder ausgetauscht. Insgesamt waren 6000 neue Desktops und 1900 neue Notebooks zu installieren.

Die zeitliche und logistische Koordination war schwierig

Je nach Größe der einzelnen Gesellschaft waren zehn bis 35 Techniker unterwegs, um, falls notwendig, die Hardware aus-zutauschen, die Standardelemente und Spezialapplikationen aufzuspielen sowie die Daten zu migrieren. Danach erhielt jeder Anwender vor Ort eine 15-minütige Einweisung. Die Projektdauer für die 19 Gesellschaften lag, abhängig von der Zahl der umzustellenden Clients, zwischen vier und zehn Monaten. Insgesamt erstreckte sich der Rollout von Januar 2003 bis Juni 2004.

Die zeitliche und logistische Koordination der 19 Teilprojekte stellte die Verantwortlichen vor eine schwere Aufgabe. "Wir mussten immer wieder Zeitpläne anpassen, was das Projekt-Management stark gefordert hat", erklärt Projektleiter Riegler. Ein großes Unternehmen wie Eon Energie sei eben keine statische Umgebung. Auch während des XP-Projekts habe es zahlreiche Organisationsänderungen bei Mitarbeitern oder Unternehmensteilen gegeben. Dazu kam die Abstimmung mit den für die Teilprojekte eingesetzten Steuerungsgremien in den Gesellschaften. "Das führte beim Projekt-Management zu Mehraufwänden, die wir anfangs so nicht gesehen haben", räumt Riegler ein.

Sowohl der Zeitrahmen wie auch die Akzeptanz der Anwender seien nie in Frage gestellt gewesen, so der Projektleiter. Auch unter technischen Aspekten scheint sich die Migration gelohnt zu haben. "Die Zahl der Störungsmeldungen hat nach dem Umstieg auf Windows XP um 15 bis 20 Prozent abgenommen", freut sich Riegler.