ENUM: Rufnummer wird zur IP-Adresse

26.04.2006
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Datakom-Manager Hoffmann befürwortet letzteren Ansatz, da so der Benutzer bestimmen könne, mit wem er über welchen Kommunikationsweg telefonieren wolle, und nicht der Verbindungsnetzbetreiber. "Zudem dürfte dies leichter zu implementieren sein, denn neben einem der heute bereits verfügbaren SIP-Clients wird nur noch ein Look-up-Modul benötigt, das im ENUM-Verzeichnis nach den verschiedenen Endgeräten, die hinter einer Telefonnummer hinterlegt sind, sucht", begründet der Datakom-Manager seine Meinung. Ergänzen könnte man das Ganze dann noch durch ein Listcost-Modul, das für den Anwender zusätzlich die jeweils günstigste Verbindungsoption heraussucht - also nicht nur überprüft, ob Ansprechpartner XY per SIP, traditionelles Telefon oder Handy zu erreichen ist. Angesichts dieser Möglichkeiten sind zudem Stimmen zu hören, die grundsätzlich die klassischen Carrier in den ENUM-Prozess nicht involviert sehen wollen. Sie befürchten, dass die Carrier oder Mobilfunkbetreiber aus Furcht vor Umsatzeinbußen - ihre Vermittlungsleistung wird in der IP-Welt eigentlich nicht mehr benötigt - womöglich die ENUM-Verbreitung bremsen.

Ungelöste Sicherheitsprobleme

Cytel-Geschäftsführer Jäkel, der ENUM auf alle Fälle in seine Produkte integrieren will, würde es dagegen mit Blick auf die Sicherheit bevorzugen, dass die Provider das Routing übernehmen: "Denn wenn meine Telefonanlage frei über ENUM verfügbar ist, dann heißt das auch, dass die IP-Adresse der Telefonanlage frei über DNS abfragbar ist. Wenn ich Hacker wäre, dann würde ich das als Einladung auffassen." Zudem ergibt sich eine andere Gefahr: Da in den VoIP-Netzen bislang keine gesicherte Möglichkeit der Anruferauthentifizierung existiert, könnte ein Anrufer eine falsche Identität vorgeben - anstelle des Anlageberaters der Bank ruft etwa die Nigeria-Connection an. Eine weitere Missbrauchsmöglichkeit sieht Jäkel in Analogie zum Spam über Relay-Mail-Server darin, die öffentlich verfügbaren ENUM-IP-Adressen für Spit (englisch "spucken" - gemeint sind automatisch generierte unerwünschte Werbeanrufe) zu verwenden. Um dem vorzubeugen, setzt der Cytel-Manager auf die Rolle der Carrier und Provider: "Sie könnten einen Circle of Trust bilden, also nur Anrufe von Teilnehmern durchleiten, von denen sicher ist, dass sie auch wirklich diejenigen sind, die sie vorgeben zu sein."