Mitarbeiterbindung

Entwickler-Magnet Lissabon

16.09.2020
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Das Startup Online Birds schafft es, junge Softwareentwickler ins Unternehmen zu holen und zu halten. Lesen Sie, wie.
Die Eröffnung eines zweiten Firmenstandortes in Lissabon erwies sich für Online Birds als Glücksgriff.
Die Eröffnung eines zweiten Firmenstandortes in Lissabon erwies sich für Online Birds als Glücksgriff.
Foto: TTstudio - shutterstock.com

Über den engen Arbeitsmarkt für Digitalexperten in München und die große Konkurrenz unter den vielen attraktiven Arbeitgebern ist schon oft geschrieben worden. Deshalb ist es immer wieder interessant zu beobachten, was sich Underdogs - also kleine und mittelständische Arbeitgeber - ausdenken, damit auch sie an die begehrten IT-Experten kommen.

Zum Beispiel André Meier mit seiner vor rund sieben Jahren in München gegründeten Firma Online-Birds. Das Unternehmen mit seinen 45 Mitarbeitern übernimmt für Hotels alles rund um das digitale Marketing, gestaltet Webseiten, kümmert sich um Anzeigen bei Google und die Platzierung in den Suchergebnissen, natürlich um die Social-Media-Aktivitäten - und das alles, damit die Hotels, so deren Wunsch, unabhängiger werden von den großen Buchungsportalen, die diesen Markt immer stärker in Beschlag nehmen.

Wie jeder Arbeitgeber wirbt auch Meier mit typischen Angeboten, von denen er weiß, dass sie beim digitalaffinen Nachwuchs ziehen - also neben den bereits erwähnten interessanten Aufgaben, möglichst große Freiheiten in der Arbeitsorganisation, in seinem Fall zusätzlich, dass das Unternehmen nicht fremdfinanziert ist und nicht den Druck von fremden Kapitalgebern hat und so langfristig das Geschäft betreiben kann ("Ich suche in Ruhe die Richtigen."). Dass ihm Firmenpolitik, wie sie in Konzernen oft stattfindet, zuwider ist und er sich bemüht, ein Vertrauensverhältnis zu seinen Mitarbeitern aufzubauen, ihre Stärken auszubauen und sie zu entwickeln.

Neue Perspektiven, zufriedenere Mitarbeiter

Allerdings fiel ihm auf, dass, wenn gute Leute ihm absagten, sie dieses oft mit dem Argument taten, dass Online Birds nicht international agierte, dass Mitarbeiter nicht im Ausland arbeiten konnten. So kam ihm die Idee, eine Niederlassung in Portugals Hauptstadt Lissabon zu gründen. Die Stadt hat Flair, ist attraktiv, und vor allem ist sie bezahlbar und nicht so teuer wie etwa Barcelona oder Paris. Vor zwei Jahren startete Meier sein Auslandsprojekt.

Wenn er heute eine erste Bilanz zieht, ist er froh darüber, diesen Schritt getan zu haben. Die Rechnung mit diesem Angebot für seine vorwiegend jungen Kollegen geht voll auf, heißt, die Bewerber sind ganz angetan von der Möglichkeit auch eine Zeit lang im Ausland zu arbeiten und seine Mitarbeiter, die dieses Angebot annehmen, kommen zufrieden zurück.

André Meier, Gründer von Online-Birds: "Portugal ist ein aufstrebendes Land mit sehr fleißigem und qualifiziertem Personal."
André Meier, Gründer von Online-Birds: "Portugal ist ein aufstrebendes Land mit sehr fleißigem und qualifiziertem Personal."
Foto: Online-Birds

Im Augenblick bietet Meier seinen Mitarbeitern drei Optionen an. Die eine ist eine Schnupperwoche, in der Mitarbeiter ein paar Tage in Portugals Hauptstadt verbringen können, wobei in erster Linie das Atmosphärische im Mittelpunkt steht, die Mentalität und die Stadt kennenzulernen und weniger das Arbeiten. Er will sein lokales Team auf 14 Mitarbeiter verdoppeln, weil die Zusammenarbeit gut funktioniert und er mit den Menschen dort gut zurechtkommt.

"Portugal ist ein aufstrebendes Land mit sehr fleißigem und gut qualifiziertem Personal", freut sich der Münchner Gründer über seine Idee, im südlichen Teil Europas eine Niederlassung eröffnet zu haben. Die zweite Option sieht vor, dass der Mitarbeiter in Absprache mit seinem Vorgesetzten ein bis drei Monate in Lissabon bleiben kann und projektbasiert an seinen Vorhaben weiterarbeitet. Damit schlägt Meier zwei Fliegen mit einer Klappe, heißt, wenn er seine Programmierer in München nicht findet, holt er sich diese in Portugal. Und die dritte Möglichkeit wäre, dass Mitarbeiter - nach Absprache - auch langfristig dort bleiben, wenn sie das möchten.