Entscheidung ueber Corba 2.0 ist gefallen OMG votiert fuer TCP/IP als Basis der Interoperabilitaet

16.12.1994

MUENCHEN (qua) - Mit einem Entschluss zugunsten einer TCP/IP- basierten Inter-ORB-Kommunikation hat die Object Management Group (OMG) den Entscheidungsprozess fuer die zweite Version ihrer Common Object Request Broker Architecture (Corba) beendet. Fuer die Inhouse-Verbindung ist allerdings auch das von der OSF spezifizierte Distributed Common Environment (DCE) vorgesehen.

Wenn zwei Objekte in unterschiedlichen Systemen miteinander Nachrichten austauschen sollen, so ist dazu ein Object Request Broker (ORB) notwendig. Wie ein solcher elektronischer Postverteiler auszusehen hat, regeln die Corba-Spezifikationen. Dummerweise sagen sie bis zum derzeit aktuellen Release 1.1 jedoch nichts darueber aus, wie die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Implementierungen der Schnittstellen- Beschreibung vonstatten gehen soll.

Diesem Manko will die OMG mit der zweiten Version der Corba- Architektur abhelfen. Die jetzt verabschiedeten Spezifikationen schliessen Richtlinien fuer eine zweigleisige Verbindung zwischen den Corba-Ausfuehrungen unterschiedlicher Hersteller ein.

Eine kleinere Gruppe von Herstellern - allen voran Hewlett-Packard (HP) - hatte dafuer plaediert, die Interoperabilitaet auf dem Fundament von DCE aufzubauen. Die von der OSF geleistete Vorarbeit haette, so die Argumentation, lediglich um eine Schicht aus objektorientierter Funktionalitaet erweitert werden muessen. Was HP dabei verschwieg: Das Unternehmen hat sich mit seinem Engagement fuer DCE auch finanziell weit aus dem Fenster gelehnt.

Lokale DCE-Loesungen lassen sich anbinden

Doch der OMG-Vorstand gab einer anderen Loesung den Vorzug. Mit einer Stimmenmehrheit von 15 zu vier nahm er einen Vorschlag an, der vor allem vom HP-Konkurrenten Sun Microsystems vorangetrieben, aber von einer Reihe weiterer Anbieter unterstuetzt wurde.

Als kleinster gemeinsamer Nenner fuer dieses "Unified Network Objects" (UNO) genannte Interoperabilitaetskonzept fungiert ein Inter-ORB-Protokoll, das auf TCP/IP basiert. DCE beziehungsweise die ihm zugrundeliegenden Remote Procedure Calls (RPCs) werden bei dieser Loesung durch ein einfacheres, vom ORB-Spezialisten Expersoft Corp., San Diego, entwickeltes Produkt ersetzt.

Die bereits getaetigten Investitionen in die DCE-Technik

sollen jedoch nicht umsonst gewesen sein. Corba 2.0 erlaubt die Anbindung von lokalen DCE-Loesungen - sofern sie die UNO- Spezifikationen beruecksichtigen.

Einige Hersteller von Netzprodukten haben offenbar schon auf die Ankuendigung reagiert. Wie die CW-Schwesterpublikation "Network World" berichtet, demonstrierte Novell kuerzlich, wie eine UNO- Portierung fuer sein Betriebssystem Netware aussehen koennte. Der Unix-Spezialist ICL hingegen habe eine aehnliche Software fuer OSI- basierte Netze entwickelt. Eigenen Angaben zufolge rechnet OMG- President Chris Stone damit, dass die ersten Corba-2.0- Implementierungen "innerhalb weniger Monate" auf den Markt kommen werden.

Wie sich die OMG-Entscheidung auf die Integration der Corba mit dem konkurrierenden "Common Object Model" (COM) von Microsoft auswirken wird, ist noch ungewiss. Der PC-Software-Primus sowie die als Erfuellungsgehilfen fungierenden Unternehmen Digital Equipment und Candle hatten im September dieses Jahres angekuendigt, eine Verbindung zwischen den beiden Objektmodellen herstellen zu wollen. Entsprechende Spezifikationen will Microsoft der OMG nun jedoch nicht vor Anfang des kommenden Jahres vorlegen.