Internetworking-Produkte praegen die Networld in Boston

Enterprise-Networking: Banyan bezieht mit Vines 5.5 Position

29.01.1993

Nicht in dem erwarteten Ausmass haben auf der Show in Boston die fuer dieses Jahr angekuendigten Produkte "Netware 4.0" und "Windows NT" ihren Schatten vorausgeworfen. Zu kurz lagen dazu die Networld in Dallas, Comdex und Interop zurueck, die hinsichtlich der beiden "Betriebssysteme" fuer mehr Wirbel im Messepublikum sorgten. Unter der Hand verlautete in Boston seitens Novell jedoch, dass Netware 4.0 auf der Interop in Washington im Maerz offiziell angekuendigt und kurz darauf auch vertrieben werden soll.

Einen Schritt voraus in puncto Enterprise Networking war auf der Networld Banyan, das mit Version 5.5 ein Upgrade seines Netzwerk- Betriebssystems (NOS) Vines praesentierte. Vines 5.5 wird Ende des Quartals auch in Deutsch erhaeltlich sein und ist Konglomerat aus Vines 4.x und 5.0, also Releases, die bislang nicht zueinander kompatibel waren. Die Software erlaubt laut Banayan jetzt auch die Verbindung von PCs, die unter den Betriebssystemen OS/2 2.0 und Windows 3.1 laufen.

Ausserdem beinhaltet 5.5 eine neue Version des Global Directory Services "Streettalk", der Banyan zufolge eine leichtere Integration von Directory Services anderer Hersteller ermoeglicht. Streettalk III realisiert darueber hinaus eine unbegrenzte Zahl an Attributen in jedem Streettalk-Verzeichnis, das Anwender, Netzwerk-Server, Peripherie sowie Applikationen enthalten kann.

Banyan kooperiert mit Novell und Microsoft

Die Neugestaltung der Streettalk-Datenbank sorgt ferner dafuer, dass Funktionen wie Suchen, Loeschen und Hinzufuegen kuenftig schneller ausgefuehrt werden. Last but not least besteht die Moeglichkeit, entfernte Vines-Netze von Server zu Server ueber ISDN- oder T1-Verbindungen zu integrieren.

Auch in Sachen Kooperationen konnte die Netzwerk-Company aus Westboro Neuigkeiten verkuenden: So wird Banyan kuenftig mit Novell im technischen Bereich und beim Support zusammenarbeiten, um Anwender, die Vines und Netware einsetzen, besser unterstuetzen zu koennen. Ab sofort will das Unternehmen auch den Enterprise Network Service "ENS fuer Netware", der Banyans Streettalk, Intelligent Messaging, Network Management, System Administration und Security Service einschliesst, fuer Netware-Umgebungen als WAN- oder Server- Server-Option fuer alle Vines-Versionen anbieten.

Fruechte hat auch die 1990 zwischen Banyan und Microsoft vereinbarte Zusammenarbeit getragen. Beide Partner vermeldeten in Boston die Unterstuetzung von "Windows fuer Workgroups" (WfW) durch Vines. Microsoft beabsichtigt, wie auf der Networld bekannt wurde, die Netzwerk-Infrastruktur seines Low-end-NOS WfW durch die Transportprotokolle TCP/IP und MS-DLC zu erweitern.

Dadurch sollen Applikationen, die zu WfW kompatibel sind und auf Unix-Rechnern sowie IBM-Mainframes laufen, integriert werden. Bisher hatte WfW Netware, den LAN Manager und das LAN-Manager- Derivat Pathworks von DEC realisiert.

Stichwort Pathwork: DEC demonstrierte in Boston die Beta-Version von Pathworks fuer Windows NT sowie Netware, um als Hersteller von Desktop-to-enterprise-Loesungen Flagge zu zeigen und VAX- sowie Alpha-Systeme als Bestandteil der eigenen Client-Server-Strategie zu verkaufen. Mit Pathworks sollen Clients transparent auf Files und Services zugreifen, die auf Server von DEC, Microsoft, Apple und Novell verteilt sind.

Novell, so hatte man den Eindruck, fuhr sein Engagement beim vorletzten Auftritt in Amerika zusammen mit Veranstalter Bruno Blenheim Inc. (vgl. CW Nr. 4 vom 22. Januar 1993, Seite 4) bereits mit angezogener Handbremse. Das Unternehmen gab neben der Beteiligung an der Hyperdesk Corp. (siehe Seite 11) eine neue Version seines Lanalyzers sowie ein Upgrade seines Netware Global Messaging Servers bekannt.

Eine der wesentlichen Neuerungen des "Lanalyzers fuer Windows 2.0" - des frueheren "Lanalyzer fuer Netware" - ist das Troubleshooting- System Netware Expert, das laut Hersteller gleichzeitig mehr als 20 Probleme im Netz identifizieren und Vorschlaege zur Fehlerbehebung machen kann. Das Produkt schliesst neben Ethernet jetzt auch die Ueberwachung von Token-Ring-Netzen sowie des TCP/IP- Datenverkehrs ein. Das Upgrade des Netware Global Messaging Servers wurde ebenfalls umbenannt und heisst nun "Netware Global MHS". Der skalierbare Message Server enthaelt eine Reihe von NLMs, die Store-and-forward-Dienste, einschliesslich Electronic Mail, Workflow Automation, Scheduling sowie Fax-Services beinhalten. In das Produkt wurde auch "First Mail", ein E-Mail-Utility fuer DOS- und Macintosh-Anwender, implementiert.

Apple seinerseits stellte auf der Networld Verbesserungen fuer den "Appletalk Internet Router" vor. Wie bisher wird der Router mit Localtalk-, Ethernet- und Token-Ring-LANs arbeiten, jetzt aber zusaetzlich Appletalk ueber TCP/IP- und WAN-Links als Dial-up- Verbindungen routen. Allerding laeuft die Software nur auf Appletalk-Phase-2-Netzen und benoetigt einen Speicherplatz von 4 MB RAM.

Neben Apple nutzten zahlreich andere Hersteller die juengste Networld fuer Announcements neuer Internetworking-Produkte. 3Com zeigte zum Beispiel mit dem "Netbuilder Remote Control Router" und dem "Linkbuilder Ethernet Connect System Remote Control Module" die ersten Erzeugnisse seiner kuerzlich angekuendigten Boundary Routing System Architecture, die zur Anbindung von entfernten Systemen mit maximal 50 Rechnern ueber einen WAN-Link konzipiert wurde.

Der Router Netbuilder Remote Control unterstuetzt WAN-Verbindungen mit Uebertragungsraten von 2400 Baud bis zu 1,544 Mbit/s (T1) und bietet darueber hinaus die Wahl zwischen Waehl- oder seriellen Leitungen sowie einem externen Terminaladapter fuer ISDN. Das Produkt, das in seiner Grundkonfiguration mit Ethernet-Interface und WAN-Port geliefert wird, ist auch in einer Token-Ring-Version erhaeltlich. Die modulare Ausfuehrung, der Linkbuilder ECS Remote Control, ist eine Workgroup-Konzentrator, der zu den ECS-Hubs mit vier und zehn Slots kompatibel ist. Das Module laesst sich laut 3Com mit einem zentralen Netbuilder II ueber einen WAN-Port verbinden und bietet die gleiche Funktionalitaet wie die Stand-alone-Version.

Ausser diesen beiden Erzeugnissen liefert 3Com auch noch im Fruehjahr den "Remote Access Router" mit Ethernet Interface und einem WAN-Port aus, der mit V.35-, RS232- oder RS449- Schnittstellen ausruestbar ist und somit die Protokolle PPP, X.25, Frame Relay sowie SMDS bis zu einer Rate von 44 Mbit/s bedient. Der Router unterstuetzt die Bridging-Protokolle Spanning Tree Algorithm, Transparent- und Translation Bridging sowie die Routing-Protokolle RIP und OSPF.

Aehnlich wie 3Com fuehrt auch Proteon eine integrierte Hub-Router- Loesung im Angebot. Mit "Pronet Boss" entwickelte das Unternehmen ein Geraet mit drei Einschueben, das den DNX 300 Bridge-Router mit dem Intelligent Network Concentrator,

Serie 90, kombiniert. Das Produkt ist in zwei Variationen zu beziehen: Einmal als integrierter DNX-Router mit zwei WAN-Ports, der mehr als 20 Token-Ring-Knoten abdeckt. Das Geraet realisiert TCP/IP, IPX, Source Route Bridging sowie SDLC und ist fuer den 3270-Informationsaustausch ueber Internet-Backbones ausgerichtet. Die zweite Version schafft 10Base-T-Verbindungen zur Integration entfernter LANs mit den genannten Protokollen plus Spanning Tree Bridging.

Um einen intelligenten Hub fuer den Low-end-Bereich hat Chipcom seine Produktpalette ergaenzt. Bei dem "Online System Concentrator" mit sechs Slots hat der Hersteller die Funktionalitaet des Online Fault Tolerance Module in die Backplane-Platine implementiert. Dadurch, so Chipcom, koenne der Low-end-Knoten mehr Ports unterstuetzen. Ausserdem praesentierte das Unternehmen mit dem "Online 24-Port 10Base-T Module" einen Adapter fuer seine Low- und High-end-Online-Konzentratoren, der die Zahl der Ethernet-Anwender von bisher maximal zehn Usern auf 120 respektive 360 erhoeht.

Ebenfalls mit einem intelligenten Hub wartete Olicom in Boston auf. Der "Controlled Acess Unit" (CAU) wurde als Hub fuer Token- Ring-Netze entwickelt. Er ist IBM-kompatibel und erlaubt den Anschluss von bis zu vier Lobe Access Modules (LAM), die ihrerseits wiederum 20 Stationen integrieren koennen. Das LAM ist als STP- und UTP-Version beziehbar.

Neue Produkte in Sachen Internetworking stellten auf der Networld unter anderem Andrew, SMC, Bytex sowie Kalpana vor. Die Andrew Corp. bringt Ende Januar 1993 mit "Pathwise/6500" einen neuen Router fuer Applikationen in Backbone-Netzen auf den Markt. Der Router kann laut Hersteller bridgen sowie routen und realisiert saemtliche LAN-Medien. SMC kuendigte zwei Token-Ring-Hubs sowie Konzentratorkarten an, die auf der Hub Management Interface Spezification von Novell basieren und die Token-Ring-Linie von SMC ergaenzen sollen.

Neben den Token-Ring-Produkten praesentierte SMC mit "ES/1" einen Switching Hub, der aus der Akquisition von Sigma im Dezember 1992 resultiert. ES/1 vereint laut SMC die Funktionen von Translation Bridges, Router und Repeater in einem Unit und unterstuetzt Schnittstellen-Module zu Single und Dual Attachment FDDI, Ethernet sowie Token Ring.

Mit FDDI-, CDDI- und Fiber-Ring-I/O-Modulen von Crescendo hat dagegen Bytex seine "Intelligent Switching Hub Series 7700" ergaenzt. Sie wird von Bytex mit einem FDDI-Konzentrator (acht Slots) fuer zwei Kilometer lange LWL-Verbindungen sowie als CDDI- Loesung mit einer Reichweite von 100 Metern bei STP und 50 Metern bei UTP angeboten. Kalpana schliesslich demonstrierte in Boston seinen kuerzlich angekuendigten "Etherswitch EPS-5000 10Base-T Accelerator", einem Ethernet Switching Hub mit fuenf Ports, der die Performance in LANs und Workgroup-Netzen verbessern soll.