Willms Buhse im Gespräch

Enterprise 2.0 - das mittlere Management ist das Nadelöhr

09.11.2011
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Social Tools in den Arbeitsalltag integrieren

Der durchschnittliche Wissensarbeiter verbringt etwa 30 Prozent seiner Arbeitszeit mit Informationssuche. Gelingt es Unternehmen, diesen Prozess zu verkürzen, weil sie gut vernetzt sind und Experten sich schneller finden lassen, dann schaffen sie Produktivitätssprünge.

Wenn das Topmanagement im Boot ist und das Mittlere Management versteht, dass es nicht übergangen werden soll in seiner hierarchischen Funktion, sondern eine weitere wichtige Rolle dazu bekommt - das Managen von Netzwerken - dann ist die Erfolgschance groß.

CW: Wie managt man ein Netzwerk? Organisiert es sich nicht selbst?

Buhse: Man muss die neuen Tools und den Stil der Digital Natives in die täglichen Arbeitsprozesse integrieren. Das mittlere Management muss diese Aufgabe übernehmen - und anders führen! Das tayloristische Prinzip, möglichst alles in kleine Schritte zu teilen und - überspitzt gesagt - Denken und Arbeiten zu trennen, das funktioniert beim Wissensarbeiter nicht mehr. Ein Abteilungs- oder Bereichsleiter stellt sich besser als Coach auf, moderiert und hilft dem Team ins Ziel. Er ist nicht mehr der einsame Vorsitzende, der Entscheidungen trifft.

CW: Social Networks sind ein wichtiger Aspekt von Enterprise 2.0. Aber Xing, Facebook und Co. kosten auch viel Zeit. Ist in den Unternehmen akzeptiert, dass diese Zeit sinnvoll investiert ist?

Buhse: Wir können ja mal in konkreten Beispielen denken. Wenn ein Unternehmen Technologien entwickelt, dann ist Arbeiten in einem Wiki extrem hilfreich. Dort lassen sich nicht nur die Anforderungen von zwei, drei involvierten Ingenieure dokumentieren, sondern auch die des Vertriebs, der seine Anforderungen aus Kundensicht einbringt. Man kann übers Unternehmen hinweg Wettbewerbsinformationen sammeln. Damit wird ein Unternehmen viel intelligenter was sein Marktumfeld angeht und damit auch dynamischer und wettbewerbsfähiger.

So etwas geht eigentlich auch nur mit einem Wiki richtig gut, mit anderen Werkzeugen ist es schwierig. Abteilungsübergreifend kann jeder mit Informationsschnipseln zu einem Gesamtbild beitragen. Man kriegt einen besseren Überblick über Preise, über Produkte des Wettbewerbs, über Stärken und Schwächen etc. (Siehe auch Interview mit Clay Shirky: "Eine offene Kultur zahlt sich aus")

CW: Ist der bloggende CEO sinnvoll?

Buhse: Ich arbeite gerade mit einem Unternehmen zusammen, das kurz vor einem Merger steht. Der CEO hat jetzt angefangen, über diesen Prozess zu bloggen. Wenn er Emails verschicken würde, blieben die Antworten unter dem Deckel. Jetzt sind sie für alle sichtbar, so dass alle Interessierten mehr Informationen bekommen und ihre Fragen loswerden können. Auf diese Weise ist es gelungen, eine allgemeine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Die Leute haben sich gefreut, dass die Richtung klar und die Unsicherheit vorbei war. Das ist eine andere Atmosphäre als wenn man trocken eine E-Mail rausschickt und dann das Getuschel in der Kaffeeküche losgeht. Der CEO ist mit seinem Blog nahe an seinen Mitarbeitern.