Engpaß auf dem Weg zum Endbenutzer

14.10.1977

"Computer auf dem Weg zum Endbenutzer" ist auch diesjähriges Systems-Motto, genau wie im Jahre 1975. Schon damals kolportierte man: "Bei mir ist noch keiner angekommen." Das gleiche Thema eignet sich wohl auch für die Systems 79, bald danach haben wir 1984. Ob dann der "Computer" beim Endbenutzer angekommen sein wird?

Was dafür als Kriterium zählt, wäre, "daß Computer-Leistung aus der Steckdose im Wohnzimmer" allüberall zur Verfügung stünde. Das soll es im Einzelfall heute schon geben. Ob dies aber angesichts der Kosten allgemein auch für 1984 erstrebenswert ist, bleibt genauso fraglich wie der gesamtgesellschaftliche Nutzen des Bild-Telefons, für dessen Einführung Verkabelungskosten in Milliardenhöhe erforderlich wären.

Schnittstelle zur Fachabteilung

Der Endbenutzer ist vielmehr die Fachabteilung, also der Sachbearbeiter an seinem Arbeitsplatz. Der Begriff "Computer-Leistung am Arbeitsplatz ist sicherlich für die Problemstellung der Praxis sachgerechter als der Terminus "Computer beim Endbenutzer". Manchmal hat man den Eindruck, daß der Systems-Slogan zuviel interpretiert wird als Propaganda für isolierte Insellösungen.

Geht es wirklich darum, die Hardware zur Fachabteilung zu bringen? Gewiß auch, aber vorrangig ist, die Endbenutzer an den Computer, besser an die Systeme incl. Software heranzuführen.

Die wichtigste Aufgabe in der Praxis scheint zu sein, die Probleme an der Schnittstelle EDV-Abteilung/Fachabteilung oder der EDV-Denkart/Fachabteilung zu minimieren. Gerade dort ist der Weg zum Endbenutzer beschwerlich.

Die Mitarbeiter der Fachabteilung, die als Endbenutzer ja auch die Systems besuchen oder die Messe-Berichterstattung verfolgen, könnten angesichts der Hardwar-Euphorie verleitet sein, diese Schnittstellen-Probleme zu übersehen. Ihnen sollte aber klarwerden, daß das "Nadelohr" auf dem Weg zum Endbenutzer immer noch eine weit vom Optimum entfernte Form der Kommunikation zwischen Fachabteilung und EDV-Abteilung, vor allem beim System-Design, ist.

"Wishful Thinking" wäre anzustreben, daß alle Designund Programmiervorgaben in Form von Entscheidungstabellen angeliefert werden - obwohl auch das in der Praxis bereits gehen soll. Noch fehlen auch die eindeutigen High-Level-Problembeschreibungssprachen, die so dringlich nötig sind, um auch Software-Entwicklungskosten durch maschinelle Programmierunterstützung zu reduzieren. Keineswegs unbillig aber ist zu erwarten, daß seitens der Fachabteilung umfassende Vorgaben für das Projekt-Management gegeben werden und daß nicht ständig nach "Redaktionsschluß" noch Änderungswünsche vorgetragen werden, weil der Appetit beim Essen kommt. Letztlich sollte es in den Fachabteilungen, die viel mit Datenverarbeitung zu tun haben, EDV-Koordinatoren geben, über deren Nutzen sich seit Jahren jedermann einig ist und die noch Immer seltene Einzel-Exemplare sind.

Subsystem-Optimierung

Seitens der EDV-Abteilung wäre zu beachten, daß beim System-Design nicht nur der Informations-Fluß gesteuert wird, sondern daß auch Revisions-Pfad und Risiko-Strecke (Datensicherheit) a priori in die Programmierung mit einbezogen werden. Alles andere wäre Subsystem-Optimierung.

Kriterium für effizienten DV-Einsatz in der Volkswirtschaft wird - ungeachtet aller Systems-Slogans, ob beim letzten, bei diesem oder beim nächsten Mal - bis auf weiteres weniger sein, wann die Endbenutzer mit Point of Sales-Terminals; Online-Bankautomaten und mit Mikroprozessor-gesteuerten Endgeräten in Direkt-Kontakt kommen, sondern vielmehr, wie der eigentliche Engpaß auf dem Weg zum Endbenutzer, die genannte Kommunikations-Schnittstelle, verbessert werden kann.