National Opinions Poll Ltd. untersucht Auswirkungen auf die Beschäftigung:

Englische Arbeitnehmer haben Angst vor dem Computer

10.11.1978

NIZZA (ma) - Zwei Drittel der englischen Arbeitnehmer sind der Meinung, daß Computer die Menschen eher um ihre Arbeitsplätze bringen, als daß sie ihnen neue verschafften. Dies ist eines der Resultate einer Umfrage, mit der - zum ersten Mal - das Verhältnis und die Einstellung der Engländer gegenüber Computern, Arbeit und Beschäftigung herausgefunden werden sollte.

Außerdem war dies die erste repräsentative Umfrage in einem europäischen Land, die dazu dienen sollte, Auswirkungen der Datenverarbeitung auf den Arbeitsmarkt festzustellen. Die Umfrage wurde von der National Opinions Poll Ltd. durchgeführt. Sie ist ein Beitrag zur in Großbritannien in vollem Umfang entbrannten Technologie- und Arbeitsmarkt-Diskussion, besonders unter Berücksichtigung der Entwicklung im Bereich der Mikroprozessoren.

Die Diskussion war zusätzlich durch einen im April gesendeten 50-Minuten-Film der BBC angefacht worden. In dem Film wurde behauptet, daß die Mikroprozessoren dafür sorgen werden, daß der Arbeitsmarkt gegenwärtiger Prägung verschwinden wird. Weiter wurde in dem Streifen die Behauptung aufgestellt, daß sich Großbritannien Mitte der 80er Jahre einer Arbeitslosigkeit gegenübersehen würde, die drei bis viermal höher liegen wird, als die augenblickliche Rate von sechs Prozent, falls nicht ein grundlegender Wandel eintreten würde.

Unsicherheit bei Ungelernten

Die Ergebnisse der Umfrage wurden anläßlich eines Symposiums für die englische Presse von der Univac in ihrem International Executive Center in St. Paul de Vence bei Nizza präsentiert.

Aus der Umfrage, bei der ein repräsentativer Querschnitt von 1001 Arbeitnehmern befragt wurde, geht hervor, daß 25 Prozent der Befragten erwarten, Computer würden "eine Menge" Leute arbeitslos machen, und 41 Prozent waren der Meinung, daß "einige" Leute durch die DV arbeitslos werden würden. Die Aufgliederung je nach Art der Beschäftigung zeigte, daß die Angst vor dem Computer bei den Ungelernten am größten ist. So erwarten beispielsweise nur 16 Prozent der auf Management-Ebene Beschäftigten, daß durch den Computer "eine Menge" Menschen arbeitslos würden, während 35 Prozent der ungelernten Arbeitnehmer dies annahmen.

Nur 16 Prozent der Befragten aller Berufsgruppen vom Manager bis zum ungelernten Arbeiter sind der Meinung, daß durch den Computer zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Dabei bestand Einmütigkeit darüber, daß selbst bei zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätzen durch die Datenverarbeitung, die Steigerung des Arbeitsplatz-Angebotes nicht besonders groß sein wird. Der Prozentsatz derjenigen, die durch die DV eine "bedeutende Zunahme an Arbeitsplätzen" erwarten, lag zwischen zwei und vier Prozent. Bei der Frage, ob mehr oder weniger Computer eingesetzt werden sollten, lag das Verhältnis der "Ja"- gegenüber den "Nein"- Stimmen bei 39 gegenüber 38 Prozent. Keine Meinung zu dieser Frage hatten 23 Prozent.

Je nach Bildungsstand gab es zu dieser Frage jedoch beachtliche Unterschiede. Von den Managern sprachen sich 56 Prozent für verstärkten Computereinsatz aus und nur 16 Prozent waren für weniger DV. Unter den ungelernten Arbeitnehmern waren 24 Prozent für "mehr", aber 48 Prozent für "weniger" Verwendung der DV. Hierbei gab es je nach Geschlecht der Befragten außerdem einen beachtlichen Unterschied in den Antworten. Von den Männern waren 46 Prozent für und 36 Prozent gegen "mehr" EDV, wohingegen nur 28 Prozent der Frauen erhöhten Einsatz der DV befürworteten, jedoch 43 Prozent der weiblichen Befragten dagegen waren.

Puritanische Ethik

Sind die verschiedenen Technologien eine Bedrohung des Arbeitsmarktes dies war die dem Symposium zur Diskussion gestellte Prämisse -, dann werden auf die arbeitende Bevölkerung in Großbritannien einige ernste Herausforderungen zukommen. Die Umfrage zeigte, daß die puritanische Ethik in Großbritannien Sturm läuft, ganz im Gegensatz zu der Meinung, die Viele Ausländer über die Einstellung der britischen Arbeiter haben. Die Diskussion kreiste letztlich um die Frage, welchen Stellenwert der Mensch in der Wirtschaft in Zukunft haben wird. Und wenn für ihn keine Jobs gefunden werden können, dann muß eben eine neue Methode der Einkommensverteilung gefunden und die "Freizeitgesellschaft" gefördert werden.