Nachbereiche wollen beim Kauf von Büro-Equipment gefragt werden:

Endbenutzer drängen auf Mitspracherecht

14.01.1983

MÜNCHEN - Die Benutzer in den Fachbereichen nehmen gegenüber den Entscheidern von Büro-Equipment eine zunehmend kritischere Haltung ein. So beginnen mündige Anwender bereits, auf das DV-Chinesisch der Spezialisten zu pfeifen, machen sich selbst schlau und versuchen, mit eigenen Mikros ihre Probleme in den Griff zu bekommen. Doch viele Sachbearbeiter, Sekretärinnen und Büroangestellte müssen sich immer noch mit Bürogeräten zufriedengeben, die andere für sie ausgesucht haben. Sie drängen jetzt verstärkt auch auf dem Technologiesektor auf Mitbestimmung, wie die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) betont und neuere Studien unterstreichen.

Allgemein, so klagen Sachbearbeiter und Sekretärinnen, räume das Topmanagement den Betroffenen nicht genügend Mitspracherecht bei der Auswahl von

Büroautomaten ein. Wie die Verbatim Corp. jetzt mit einer Umfrage bei mehr als 1200 Unternehmen in den Vereinigten Staaten ermittelte, werden weder Angestelle noch deren unmittelbare Vorgesetzte bei der Kaufentscheidung um ihre Meinung gebeten. Vielmehr hätten Männer der ersten und zweiten Führungsebene das Sagen, obwohl sie am wenigsten mit der täglichen Arbeit vertraut seien.

Generell jedoch, so wirft Rank Xerox aus der Sicht eines Büromaschinenherstellers ein, sei es unmöglich, bei der Auswahl von geeigneten Geräten alle Mitarbeiter zu befragen. Diese suchten sich dann unter Umständen Geräte aus, die aus Kosten/Nutzen-Erwägungen ungeeignet seien. Andererseits, so geben die Verbatim-Analytiker zu bedenken, sei es für Büroangestellte schwierig, Informationen zu bekommen, um qualifiziert mitreden zu können. Denn obwohl bei einem erheblichen Teil der Befragten (87,9 Prozent) der Wunsch besteht, am innerbetrieblichen Entscheidungsprozeß über den Kauf von Büroausstattung oder an Vorführungsveranstaltungen der Hersteller (78,9 Prozent) beteiligt zu werden, sehe dies in der Praxis ganz anders aus.

So bedauert Rolf Kockmann von der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), daß in der Regel über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird. Immerhin aber eröffne das Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsräten in der Bundesrepublik die Möglichkeit, sich vor Einsatz neuer Techniken umfassend und rechtzeitig zu informieren. Dies stellt sich nach Ansicht Kockmanns jedoch als "rein theoretisch" dar. Denn Mitspracherecht bekämen die Arbeitnehmer nicht auf direktem Wege, sondern nur über ihre lnteressenvertreter. Da aber die einzelnen Betriebsräte über recht unterschiedliche Positionen verfügen, in kleinen Betrieben sicherlich mit weniger Rückhalt als in Großunternehmen, könne ein tatsächliches Mitbestimmungsrecht der Betroffenen kaum gewährleistet werden. Daß überhaupt auf dem Gebiet der neuen Technologien ein Mitspracherecht notwendig sei, habe die Artbeitgeberseite lange Zeit bestritten. So liegt immer noch beim Bundesarbeitsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung, die diesen Streitpunkt allgemein gültig regeln soll. Sie sollte eigentlich schon Ende letzten Jahres verabschiedet sein, doch formale Hürden hätten erneut den Weg versperrt.

Die Unternehmen schaden sich jedoch selbst, wenn sie ihre Mitarbeiter nicht von Anfang an über geplante Einführungen neuer Technologien informieren, meint Dr. Martin Thomas von Pactel, dem Technologieberatungsbereich der PA Management, Consultants: "Die Menschen, die davon betroffen werden, müssen von Anfang an in das ganze Projekt einbezogen werden." Die Motivation für die Verwendung der Geräte müsse geschaffen werden, weil sie den Einsatzerfolg entscheidend bestimme. Dabei könne nicht verhindert

werden, so der Consulter, daß sich einzelne Fachbereichsmitarbeiter übergangen fühlten, weil beispielsweise die Nachbarabteilung schon bestimmte Geräte einsetze, während man selbst noch keine neuen technologischer Hilfsmittel benutzen dürfe.

Für wichtig jedoch hält Thomson, daß sich niemand übergangen fühlt, in dem Sinne, daß er nie gefragt wurde, welche persönlichen Anforderungen er habe oder welche Wünsche sich aus der Zielsetzung der Organisation seiner Arbeitsabläufe ergeben. In einem solchen Fall könne der Unternehmensleitung nämlich passieren, so warnt Gerhard Moll, bei Rank Xerox "für alles verantwortlich, was Informationssysteme heißt", daß sich die Anwender in den Fachabteilungen selber schlau machen und Lösungen anstreben, die sich mit dem restlichen Equipment nicht vertragen. Die Diskussion über Textverarbeitungsprodukte und Bildschirmergonomie hält Moll indes für soweit fortgeschritten, daß die Mitarbeiter, vor allem bei Großfirmen, entweder direkt oder zumindest über die Mitarbeitervertretungen mit in den Entscheidungsprozeß einbezogen sind.

Für Leif Glahnert, Manager Technical Support bei der Hamburger Texaco GmbH, heißt das Schlagwort Integration, wenn es um Mitbestimmung der Fachbereiche geht. Für ihn stellt sich dabei die Frage, ob sich der Sachbearbeiter als "einen integrativen Part in

einem größeren Zusammenhang" begreift. Bei der Texaco sei es jedenfalls üblich, die Dinge, die im Umfeld des Sachbearbeiters liegen, nur in Abstimmung und Diskussion mit diesem selbst zu lösen und zu konzipieren, soweit es seinen Einflußbereich oder seine Aktivitätensphäre betrifft. "Warum", fragt Glahnert, "soll man denn hier versuchen, unnötigerweise gegen den Strom zu schwimmen?"

Akzeptanzproblem ausklammern

Ebenfalls das Akzeptanzproblem auszuklammern versucht man bei der Transformatorenunion AG in Stuttgart. Wie der Leiter Zentralbereich DV/Org., Friedrich Schaible, betont, wird mit dem Betroffenen vor einer Kaufentscheidung gesprochen, der Einsatz der Geräte diskutiert und gegebenenfalls auch präsentiert.

Aus diesem Vorgehen spricht Erfahrung, denn bei der Transformatorenunion hatte man festgestellt, daß es ohne vorherige Einbeziehung des Sachbearbeiters in der Regel zu Schwierigkeiten kommt. Abgesehen von dieser Strategie werde natürlich auch im Rahmen seines Informationsrechtes der Betriebsrat frühzeitig in die Entscheidungsvorbereitung einbezogen. Allein mit Blick auf den Betriebsrat sei es für DV-Entscheider sinnvoll, den betroffenen Kreis möglichst frühzeitig "im Boot" zu haben. "Das", so Schaible, "ist reine Durchsetzungsstrategie." Dennoch fällt die Entscheidung im Bereich der Büroautomation nach wie vor nicht beim Endbenutzer, sondern im Topmanagement, unterstreicht Dietrich Brömmert, DV-Leiter bei der Söhnlein Rheingold KG. Tragende Entscheidungen könne der Sachbearbeiter den Spezialisten kaum abnehmen, weil ihm dafür einfach das Know-how fehle. Für den Kauf von Equipment benötigt der Entscheidungsträger, so bekräftigt auch PA-Berater Thomson, Informationen über Preisgefüge, Erweiterungsmöglichkeiten, Maintenance-Service und weitere Dienstleistungen, über die der Büroangestellte in der Regel nicht verfügt. Vor allem bei den neuen Kommunikationsformen im Office-Bereich (Bildschirmtext, Teletex oder Inhouse-Netze), müßten die Benutzer in der Lage sein, unter integrieren Aspekten Entscheidungen die Zukunft zu fällen.