EMC zahlt hohen Preis für Sicherheit

04.07.2006
Der Speicherriese gibt 2,1 Milliarden Dollar für Sicherheitstechniken aus - zu viel, meinen Analysten.

Von CW-Redakteur Martin Seiler

Die wichtigsten EMC-Übernahmen

2006: RSA Security (Verschlüsselungs-, Identifizierungs- und Authentisierungslösungen, 2,1 Milliarden Dollar); Proactivity (Content Management Software, Preis unbekannt); nLayers (Application Discovery und Mapping, Preis unbekannt); Kashya (Daten-Replikations-Software, 153 Millionen Dollar); Interlink (IT-Dienstleister, Preis nicht bekannt).

2005: Captiva Software (Input-Management, Preis unbekannt); Rainfinity (Storage-Virtualisierungslösung, Preis unbekannt).

2004: Smarts (Netz-Management-Software, 260 Millionen Dollar); Dantz (Backup- und Recovery-Software, 50 Millionen Dollar).

2003: Legato Software (1,3 Milliarden Dollar); Documentum (1,7 Milliarden Dollar); VMWare (0,6 Milliarden Dollar).

Der IT-Branche steht nach der Übernahme von Veritas durch Symantec im vergangenen Jahr die zweite große Hochzeit von Speicher- und Security-Technik ins Haus. Doch auch wenn der 2,1-Milliarden-Dollar-Deal in die gleiche Kerbe schlägt, so sind diesmal die Vorzeichen etwas anders: Im aktuellen Fall geht die Initiative von dem Storage-Schwergewicht EMC aus, außerdem erscheint die Übernahme von RSA schlüssiger als Symantecs Veritas-Akquisition.

Ähnlich wie diese zielt auch EMCs Schachzug darauf ab, den Schutz unternehmenskritischer Daten innerhalb der IT-Infrastruktur zu verbessern. "Wir müssen die Informationen sichern, die wir speichern", erläutert EMC-CEO Joseph Tucci. Dazu gehöre, sie zu verschlüsseln und den Zugriff auf die Daten zu kontrollieren. Mit RSAs Identity-Management-, Zugriffskontroll- und Chiffrierlösungen sieht sich das Unternehmen für diese Aufgabe bestens gerüstet.

Die dazugehörigen Techniken sieht Tucci daher als "kritisch" an: "Wer glaubt, dass ich der Einzige war, der das erkannt hat, der hat nicht richtig zugehört." Die Konkurrenz im Kampf um RSA sei entsprechend stark gewesen, denn "es gibt nur wenige Möglichkeiten, an diese Technik zu kommen, und es wäre ein Nachteil für uns, wenn wir sie nicht hätten".

Nur so ist zu erklären, dass EMC den überaus hohen Preis von 28 Dollar pro RSA-Aktie in bar zu zahlen bereit ist - immerhin entspricht die Kaufsumme fast dem Siebenfachen des von RSA Security im vergangenen Jahr erzielten Umsatzes von 310 Millionen Dollar. Es verwundert nicht, dass dies in Analystenkreisen auf einige Kritik stieß. Der Börse gefiel der hohe Kaufpreis offenbar ebenso wenig: Die EMC-Aktie rutschte nach der Ankündigung um 2,5 Prozent auf 10,97 Dollar ab. Gerüchten zufolge könnte ein weiterer Bieter der Grund für den hohen Übernahmepreis gewesen sein: Sowohl Hewlett-Packard als auch Symantec wird Interesse an RSA und dessen Produkten nachgesagt.

Es gibt jedoch auch Stimmen, die den Merger für sinnvoll halten: So glaubt Phil Shacter, Analyst der Burton Group, zumindest an einen langfristigen Vorteil für Kunden, wenn EMC starke Zugriffskontrollen und Auditing-Funktionen in seine Speicherlösungen integriert. Ähnlich sieht dies Jonathan Penn von Forrester Research: Seiner Ansicht nach können EMC-Anwender von einer Integration identitätsgetriebener Zugriffskontrollen in EMC-Produkte ausgehen.

Die RSA-Übernahme überrascht allerdings insofern, als Tucci erst im Mai vor Analysten verkündet hatte, nur noch kleinere Akquisitionen in Betracht zu ziehen. Ungeachtet des saftigen Preises für RSA beschreibt er seine Übernahmestrategie als "sehr diszipliniert", Die Aufkäufe der letzten Jahre (siehe Kasten "Die wichtigsten EMC-Übernahmen") vergleicht der Manager mit einer "Perlenkette".

In einer Telefonkonferenz erklärte EMC, dass RSA als Marke innerhalb des Bereichs Information Security weitergeführt werden soll. Tucci hat damit Großes vor. Fortsetzung auf Seite 4

RSA werde das Fundament bilden, um EMCs Security-Sparte langfristig zu einem "Milliardengeschäft" auszubauen. Als solches steht es auf einer Stufe mit den Bereichen "VMware Infrastructure", "Content Management", "Resource Management" und "Storage Virtualization".

Wie die Branchenpublikation "Computerwire" berichtet, kam der RSA-Deal im Zuge von Gesprächen über eine mögliche OEM-Zusammenarbeit in Gang. Doch anstatt lediglich Technik von RSA in Lizenz zu nehmen, habe EMC beschlossen, das Unternehmen zu kaufen, berichtet John Worrall, Senior Vice President Marketing bei RSA. Tucci zufolge war ein OEM-Deal aufgrund von anderen Kaufinteressenten "keine Option".

Das schürt die Vermutung, dass der geheimnisvolle Nebenbuhler die RSA-Technik möglicherweise nicht an EMC lizenziert hätte. Gleichzeitig wirft es die Frage auf, ob RSA unter der Führung von EMC seine freizügige Lizenzstrategie beibehalten wird. Nach Angaben von Worrall sind derartige Entscheidungen "unabhängig von EMC". Die Transaktion soll bis Ende des dritten, spätestens zu Beginn des vierten Quartals 2006 abgeschlossen sein. Art Coviello, CEO von RSA, soll als President den Geschäftsbereich Information Security leiten.