Der Nutzen der Initiative ist umstritten

EMC stellt erste Widesky-Produkte vor

05.04.2002
MÜNCHEN (CW) - EMC hat die "Widesky Developers Suite" und insbesondere die sofortigeVerfügbarkeit der "SRM"-Schnittstelle (SRM = Storage Resource Management) angekündigt.

Widesky, Ende Oktober letzten Jahres erstmals präsentiert, soll eine herstellerunabhängige beziehungsweise -übergreifende Middleware zur Verwaltung von Unternehmensspeichern bereitstellen. Allerdings hat die Initiative zwei Haken: Der Wettbewerb beäugt sie mit Misstrauen, und die gegenwärtige Hardware unterstützt sie teilweise (noch) nicht.

Mit den jetzt veröffentlichten Tools können Third-Party-Entwickler auf die Middleware zugreifen. Diese wiederum dient gleichsam als Übersetzer, über den Storage- und Anwendungssoftware Informationen untereinander und mit der Speicherhardware austauschen können. Sein Entwicklerprogramm bezeichnet EMC ganz unbescheiden als "größte Open-Software-Initiative der Speicherindustrie"; mehr als 100 Mitglieder seien bereits mit im Boot. Dazu zählen namhafte Player wie BMC, Brocade, CA, Legato, McData, Microsoft, Novell, Oracle, Qlogic, Quest, SAP, SAS sowie Sybase.

Allerdings mangelt es noch an der Hardwareunterstützung, mittels derer Speichersoftware wirklich in die Lage versetzt würde, heterogene Storage-Umgebungen zu verwalten. Der Markt war bisher doch eher proprietär angelegt, und die Highend-Rivalen HDS (Hitachi Data Systems), IBM und seit neuestem auch Fujitsu/Amdahl liefern echte Konkurrenzprodukte zu EMCs eigenen Arrays. So sucht das Unternehmen aus Hopkinton im US-Bundesstaat Massachusetts nun sein Heil verstärkt im hochpreisigen Softwaregeschäft.

Was Widesky angeht, gibt EMC selbst unumwunden zu, dass damit im Wesentlichen bereits seit einiger Zeit vorhandene Schnittstellen unter einer Dachmarke zusammengeführt werden. Diese Interfaces gestatten laut Branchendienst "Computerwire" das "Mapping" oder Überwachen und Übertragen von Systeminformationen, aber keine aktive Kontrolle von Anwendungen. "Teile davon waren in der Vergangenheit schon erhältlich", erläutert Don Swatik, EMCs Vice President Global Alliances. "Wir stellen die Low-Level-APIs bereit, damit sich die Softwarehäuser auf die Anwendungsentwicklung konzentrieren können." Die Entwickler könnten, so der Hersteller, für ein Widesky-Interface schreiben und der Middleware anschließend die Übersetzung für die Systeme anderer Hersteller überlassen. Sie müssten also nicht für jede Schnittstelle separat entwickeln.

Hardwareseitig hat EMC bereits kurz nach der ersten Widesky-Ankündigung mit Compaq einen Austausch der jeweiligen APIs für die Controller-Software der Storage-Arrays beider Hersteller vereinbart. Die Texaner erklärten aber schon damals, der SchnittstellenTausch bedeute keinesfalls Unterstützung für das "proprietäre und kontraproduktive" Widesky. Vergleichbare Deals mit IBM oder HDS stehen ohnehin noch aus. Swatik erklärte, EMC stehe in Verhandlungen mit "allen großen Anbietern", weitere Ankündigungen sollen noch in diesem Jahr folgen.

Bei IBM weiß man von solchen Gesprächen allerdings nichts. "Es gibt keine aktiven Verhandlungen mit EMC", erklärte ein Sprecher des Konzerns gegenüber "Computerwire". IBM hatte nach der Widesky-Ankündigung das Produkt mehrfach als proprietär bezeichnet; es werde EMC nutzen und nicht der Industrie. Derartige Middleware-Bemühungen sind aus Sicht von Big Blue bei Standardgremien am besten aufgehoben. Zum Stand der Verhandlungen mit HDS haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart. Falls die Hauptkonkurrenten ihre Schnittstellen nicht offen legen, hat EMC bereits zuvor angekündigt, es werde dann einfach auf CLI- oder NDMP-Schnittstellen ausweichen, was den Zugriff auf die Technik der Konkurrenz lediglich verlangsamen würde. (tc)