Differenzverstärker

Elektronik widersteht Weltraum-Temperaturen

11.03.2009
Von pte pte
Sensible Elektronik braucht einen Schutzmantel für kalte Nächte im All. Forscher wollen das ändern und Bauelemente entwickeln, die kälteresistent sind.

Elektronik in der Raumfahrt muss normalerweise speziell verpackt werden, um die Schaltkreise vor den extremen Temperaturen im Weltraum zu schützen. Elektrotechniker der University of Arkansas haben nun einen Mikro-Verstärker vorgestellt, der das ändern könnte. "Unser Gerät ist der erste echte Differenzverstärker, der speziell für extreme Temperaturen inklusive dem Tieftemperaturbereich entwickelt wurde", sagt Alan Mantooth, Professor für Elektrotechnik an der University of Arkansas. Die Entwicklung verspricht Zuverlässigkeit bei bis zu minus 180 Grad und soll damit für den Einsatz unter Weltraumbedingungen ohne speziellen Kälteschutz geeignet sein.

Der Differenzverstärker der Forscher funktioniert von minus 180 Grad bis zu 125 Grad stabil und zuverlässig, so die Universität. Er kann helfen, beim erforderlichen Platz und der nötigen Stromversorgung zu sparen und soll den Weg für die Entwicklung und kommerzielle Fertigung von Elektronik und Computern ebnen, die unter extremen Bedingungen wie beispielsweise im Weltraum keinen zusätzlichen Schutz erfordern. Er ist dabei Teil breit angelegter Entwicklungsbemühungen, Sensorik und Signalverarbeitung für den Einsatz in einem ausgedehnten Temperaturbereich zu ermöglichen. "Einige unserer Designs sind Tests zufolge bis hinunter auf zwei Kelvin, das sind minus 271 Grad Celsius, voll einsatzfähig", sagt Mantooth.

Differenzverstärker sind Schaltkreise, die nicht direkt ein Signal, sondern die Differenz zwischen zwei Eingangssignalen verstärken. Diese elektronischen Bauelemente finden in Bereichen wie beispielsweise der Analog-Digital-Wandlung Anwendung und sind ein Baustein integrierter Schaltkreise. Das Gerät von Mantooth und Team wurde in einem gängigen Halbleiter-Herstellungsverfahren gefertigt und nutzt eine 3,3-Volt-Spannungsversorgung. Es verspricht eine starke Differenzverstärkung nicht nur in einem großen Temperatur-, sondern auch Frequenzbereich. Präsentiert wurde die Entwicklung Anfang der Woche im Rahmen der IEEE Aerospace Conference, einer Fachkonferenz zu Fortschritten im Bereich Luft- und Raumfahrttechnologien.

"Dass Elektronikbausteine unter Umgebungsbedingungen des freien Weltraums ohne Schutzhülle funktionieren, ist nicht ganz neu", meint Franz Lura von Institut für Raumfahrtsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt gegenüber pressetext. Man selbst betreibe seit mehr als einem Jahr eine winzige CCD-Farbkamera in der eigenen Weltraumsimulationsanlage bei etwa minus 190 Grad, um damit Prozesse in der Simulationsanlage zu beobachten und zu dokumentieren. "Standard ist aber derzeit immer noch der schützende Elektronikblock", betont der DLR-Experte. Der Vorteil davon läge in geringeren Kosten und auch der Möglichkeit, modernste Bauelemente aus dem kommerziellen Sektor einsetzen zu können. "Tauglichkeitsnachweise für moderne hochintegrierte Elektronikmodule im Sinne der Qualifikation für den Einsatz im freien Weltraum sind nicht nur sehr teuer. Sie 'hinken naturgemäß' auch zeitlich weit hinterher, wenn die teuren Nachweise nicht ganz gezielt von Beginn an in den Entwicklungsprozess eingebunden sind", erklärt Lura. (pte)