Elchtest für ECM-Produkte

23.01.2006
Vier Systeme für Enterprise-Content-Management müssen ihre Praxistauglichkeit beweisen.
Keine klaren Sieger und zum Teil erhebliche Unterschiede im Detail ergab der Labortest. Letztlich sind die konkreten Anforderungen im Projekt für die Produktauswahl ausschlaggebend.
Keine klaren Sieger und zum Teil erhebliche Unterschiede im Detail ergab der Labortest. Letztlich sind die konkreten Anforderungen im Projekt für die Produktauswahl ausschlaggebend.

Wer sich heute für Software zur Verwaltung strukturierter und unstrukturierter Informationen interessiert, sieht sich einer großen Produktvielfalt, zahlreichen Techniken und Akronymen gegenüber. Ein solcher ist der Sammelbegriff Enterprise-Content-Management (ECM), der sich aber nur langsam gegen die Bezeichnungen Dokumenten- oder Web-Content-Management durchsetzt. Auch zur Ordnung der Produktkategorien und einem tieferen Marktverständnis der Anwender hat der Begriff nur wenig beigetragen.

Die Ergebnisse im Praxistest

Anhand der Beispielprozesse "Grundbuch" und "Rechnungs- prüfung" wurden die ECM-Produkte im Detail auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Im letzteren Fall bestand der Arbeitsablauf aus Rechnungserfassung, Weiterlei-tung/Prüfung und Archivierung. Zwar erfüllten alle Produkte die Anforderungen, zeigten aber beispielsweise bei der Workflow-Definition deutliche Unterschiede. Mit einem relativ einfachen Design bei hoher Funktionalität konnte hier Optimal Systems glänzen.

Ein paar Kommentare:

Elo Professional 5.0

- sehr gutes Workflow-Reporting,

- Im Prozess leitete das System stets zur richtigen Person weiter,

- Bearbeitungsmasken stehen für die Workflow-Bearbeitung zur Verfügung,

- Eskalationsszenarien erfordern Skripting,

- Wiedervorlage kann nicht auf Workflows gesetzt werden,

- Look and Feel in der Bearbeitung nicht zeitgemäß.

OS.5 ECM-Suite

- Die Weiterleitung ist automatisiert und transparent,

- sehr komfortabler Maskeneditor,

- einfache Definition von Eskalationsszenarien,

- sehr gute Wiedervorlagefunktion.

- Einziges Manko: Indexdaten der Rechnung lassen sich nur in einem eigenen Fenster und nicht neben der Rechnung anzeigen.

Saperion Enterprise Solution 5.5

- Vorgegebene Indexfelder waren vorhanden,

- Editor erlaubt einfache Definition von Eskalationsszenarien,

- schöne Statusanzeige und Historien-Funktion.

- In der Weiterleitung fehlt etwas die Transparenz

- Indexwerte der Rechnung sind schwer zugänglich,

- Workflow-Interaktionen erfolgen über Kontextmenü - sehr ungewohnte Handhabung,

- andere Personen lassen sich auf Wiedervorlage setzen.

Doxis iECM Suite

- Die Rechnungserfassung ist recht einfach,

- Editor bietet komfortablen Maskeneditor,

- Bearbeitung der einzelnen Schritte im Workflow ist recht einfach und transparent und lässt sich in ansprechende Masken darstellen,

- einfache Handhabung der Workflow-Historie.

- Indexfelder sind nicht zeitgleich mit der Rechnung und der Bearbeitungsmaske zur Prüfung zu sehen,

- es waren keine Eskalationsszenarien definiert.

Hier lesen Sie …

• die Stärken und Schwächen gängiger ECM-Produkte;

• wie es um ihre Praxistauglichkeit bestellt ist;

• wie gut sie in Microsoft Office integriert sind.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

567270: Markt Dokumenten-Management;

551130: Archivsoftware;

566466: Content-Management.

Mehr Licht in den Markt

Der im letzten Jahr erstmals veranstaltete "ECM Vergleichstest 2005" der DMS-Akademie, einer Tochter des IT-Dienstleisters Pentadoc, soll vor allem einen praxisnahen Überblick über ECM-Produkte auf dem deutschen Markt geben. Hierfür wurden im Labor (Client-Server-Umgebung mit Microsoft-Technik) marktgängige Systeme auf ihre Kernfunktionen überprüft sowie anhand von Anwendungsszenarien detailliert auf ihre Praxistauglichkeit beurteilt. Tester waren Berater von Pentadoc sowie Endanwender anderer Unternehmen.

Im Einzelnen bewertet wurden die Produkte:

• "Elo Professional 5.0" von Elo Digital Office,

• die "OS.5 ECM-Suite" von Optimal Systems,

• "Saperion Enterprise Solution 5.5" von Saperion und

• "Doxis iECM Suite" von SER.

Hinzu kommt das Produkt "d.3" von D.velop, dessen endgültige Bewertung bei Redaktionsschluss aber noch offen war und daher nicht berücksichtigt werden konnte. Die Auswahl ergab sich aus früheren Umfragen der Autoren zur Verbreitung und Bekanntheit der Produkte. Voraussetzung waren außerdem technische Eigenschaften, mit denen sich auch umfassende Lösungen zur Verwaltung von Inhalten aufbauen lassen. 2006 sollen weitere Produkte getestet werden. Bezug der Studie: DMS-Akademie GmbH, Pasinger Straße 16, 82166 Gräfelfing, E-Mail: info@dms-akademie.com.

Zumindest aber reift dank ECM die Einsicht, dass in Projekten außer über die (zum Teil seit langem verfügbare) Technik, mit der sich Content erfassen, verwalten, speichern, langfristig aufbewahren und verteilen lässt, unbedingt über Geschäftsprozesse, gesetzliche Vorschriften, Richtlinien und die Endbenutzer nachgedacht werden muss. Deshalb raten die Spezialisten der DMS-Akademie aus Gräfelfing dazu, die Auswahl auf eine detaillierte Vor- und Machbarkeitsstudie zu stützen. Hilfreich kann hierbei ein am Projektalltag orientierter und auf Labortests basierender Produktvergleich sein, den die DMS-Akademie in Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Pentadoc jetzt mit dem "ECM Vergleichstest 2005" vorgelegt hat.

Die Untersuchung beschränkt sich in ihrer ersten Ausgabe auf hierzulande verbreitete Produkte der Hersteller Elo Digital Office, Saperion, Optimal Systems und SER (siehe Kasten "Mehr Licht in den Markt"). Getestet wurden wesentliche ECM-Funktionen sowie zwei Anwendungsszenarien (siehe Kasten "Im Praxistest") durchgespielt. Das Gesamtergebnis vorab: keines der Angebote konnte die Bestnote eins erzielen. Dennoch seien alle Produkte gut für den Aufbau von ECM-Lösungen geeignet, weisen aber im Detail große Unterschiede auf. Grundsätzlich ist ihre Installation, abgesehen von Änderungen bei den Datenbankeinstellungen, problemlos. Auch die Konfiguration (Anlegen von Masken etc.), der Aufbau verteilter Lösungen sowie kundenspezifische Anpassungen (mit Visual Basic u.ä.) werden von allen Produkten gut unterstützt. Allerdings bleibt die Konfiguration insgesamt Sache versierter Administratoren.

Die detaillierteste und übersichtlichste Protokollierung von Systemereignissen und ihre Auswertung in einer grafischen Ober- fläche gestattet die "OS.5 ECM-Suite" Optimal Systems, während das SER-Produkt "Doxis iECM Suite" kein entsprechendes GUI bietet. Zur Benutzerverwaltung unterstützen alle Produkte das Lightweight Directory Access Protocol (LDAP) und erlauben eine detaillierte Rechtevergabe, wobei "Saperion Enterprise Solution 5.5" den Testern zufolge "große Denker" voraussetzt. Eine überzeugende und übersichtliche Benutzeroberfläche bieten nur Elos "Elo Professional 5.0" und Optimal Systems. Auch wird beispielsweise nicht jeder Administrator aus Sicherheitsgründen für den vollen Funktionsumfang des Web-Clients den Einsatz von Active-X- oder Java-Komponenten akzeptieren. Saperion bietet diesbezüglich als einziger Anbieter einen HTML-Client.

Bei der täglichen Arbeit

Endanwender dürften eine ECM-Lösung vor allem danach bewerten, ob sich Dokumente einfach und nachvollziehbar am (Windows-)Fat- beziehungsweise Web-Client bearbeiten lassen. Hier bieten alle Produkte ansprechende, wenn auch unterschiedlich aufgemachte Viewer-Funktionen im Fat Client. Ebenso sind Anzeige und Änderung von Indexkriterien bei Elo, Optimal Systems und Saperion einfach gelöst. Bei Elo und SER vermissten die Tester eine Dokumentenvorschau (Thumbnail) im Web-Client. Gewünscht werden auch Annotationen, mit denen sich gescannten Dokumenten Informationen anfügen lassen. Dies können Haftnotizen, Stempel oder Freihandlinien sein. Während sich beispielsweise bei Optimal Systems zusätzlich sogar ein Button für ein Programm- oder URL-Link einfügen lässt oder Saperion eine rechtebezogene Textschwärzung gestattet, unterscheidet Elo nur zwischen persönlichen und allgemein sichtbaren Haftnotizen - zu wenig urteilen die Tester. Ebenfalls unbefriedigend fanden sie die Check-in- und Check-out-Funktionen der Produkte, mit denen Dokumente durch einen Benutzer für alle anderen zur Bearbeitung gesperrt werden können.

Wer suchet …

Bei der Volltextsuche nach Dokumenten muss zwischen "scharfer" Suche nach exakten Begriffen und "unscharfer" Suche, die auch falsch geschriebene, ähnlich klingende oder geschriebene Begriffe findet, unterschieden werden. Während bei der unscharfen Suche nur SER dank eines speziellen Zusatzmoduls überzeugen konnte, sind für die exakte Volltextsuche alle Produkte gleichermaßen gut geeignet. Allerdings zeigten sie bei der Darstellung und Speicherung von Trefferlisten Unterschiede. Nur Elo und Optimal Systems ließen diesbezüglich nichts zu wünschen übrig. SER leidet außerdem unter Einschränkungen bei der indexbasierenden ODER-Suche. Sie ist nur möglich, wenn zuvor ein Skript eingerichtet wurde. Auch fehlt im Fat Client eine hierarchische Aktendarstellung, wie Anwender sie aus dem "Windows Explorer" kennen, ist gewöhnungsbedürftig. Das Handling der Trefferliste wurde bei Optimal Systems als sehr komplex bewertet.

Office-Integration

In den meisten Unternehmen gehen heute Anwender den Weg über Microsoft Office, um Dokumente des ECM-Systems zu bearbeiten und abzulegen. Vor allem der Windows Explorer dient dabei trotz seiner vielen Schwächen als Standard-Navigationsoberfläche. Zudem ist die Integration in die Office-Umgebung sehr wichtig, da viele Dokumente dort entstehen und im ECM-System abgelegt werden müssen. Im Test zeigte sich, dass Optimal Systems die mit Abstand beste Explorer-Integration bietet. Alle Systeme können im Explorer gar nicht oder nur durch zusätzliche Integrationen oder Add-ins dargestellt werden. Bei SER und Elo sind zumindest einige Funktionen über den Explorer (Kontextmenüs) im Standard aufzurufen, SER konnte im Test jedoch Dokumentenvorlagen nicht handhaben und erlaubt auch kein "Speichern unter" in Office. Das Saperion-System ließ eine derartige Funktion in der Testinstallation ganz vermissen, kann aber als einziges Produkt verlinkte Dokumente archivieren und ist wie Elo aus Office heraus recherchierbar.

Import von Dateien

Dokumente, beispielsweise auf Bestandssystemen, müssen sich in das ECM-System importie- ren lassen. Dies kann manuell, als HTML-Dokument, per Massenimport über COLD (Com- puter Output on Laser Disc) oder durch Drucken beispielsweise eines Word-Dokuments direkt in das Archiv erfolgen. Im Test stellte vor allem der Import von Internet-Seiten sämtliche Systeme auf eine zu harte Probe. So konnten sie mit Internet-Seiten verknüpfte Bilder nicht korrekt ablegen. Dennoch fielen einige Import-Routinen positiv auf: So bietet Optimal Systems einen einfachen manuellen Import per Drag and Drop aus dem File-Explorer. Elo ist gut in das Kontextmenü des Windows Explorers eingebunden und bietet wie Optimal Systems einen integrierten TIFF-Drucker zur Archivablage.

Schwache Scan-Funktionen

Alle Produkte zeigen Schwächen beim Scannen von Dokumenten. Zwar bieten die meisten ausreichende Funktionen für Einzel-Arbeitsplätze. Als zentrale Scan-Lösung sollten sie aber nur bei sehr geringen Dokumentenmengen fungieren. Den am besten integrierten Scan-Client bietet ELO, mit dem sich gescannte Seiten einfach korrigieren, zahlreiche Scanprofile definieren sowie verschiedene Images zu Dokumenten zusammenfassen lassen. Optimal Systems erhielt die schlechteste Bewertung, wirbt aber mit einer zusätzlichen Hochleistungs-Scan-Lösung, die nicht getestet wurde. Alle anderen Anbieter empfehlen zusätzlich Produkte von Drittanbietern und nutzen für die optische Zeichenerkennung Software der Firma Abbyy.

Workflow und E-Mail

Grundlegende Workflows lassen sich in allen Produkten gut über einen Editor konfigurieren. Um sie detailliert zu berarbeiten sind allerdings umfangreiches Skripting und eine gründliche Schulung erforderlich. Die Tester bewerteten die einzelnen Workflow-Aspekte (Postkorb, Verteilung, Benachrichtigung, Weiterleiten, Wiedervorlage, Historie, Maskendefinition) sehr unterschiedlich -vor allem, wenn es um Ad-hoc-Aufgaben geht. Sie stuften Optimal Systems als funktional umfangreichstes Produkt ein, das aber dennoch ein nachvollziehbares Vorgehen im Workflow ermöglicht. So konnten Ad-hoc-Workflows einfach und schnell definiert werden. Letzteres ist mit SER nur schwer möglich. Zudem fehlen dem Standardprodukt wesentliche Funktionen wie regelbasierende Wiedervorlagen oder Eskalation/Benachrichtigung. Erst ein Zusatzmodul oder Skripting erweitern den Funktionsumfang.

E-Mail-Integration

ECM-Systeme müssen heute geschäfts- und steuerrelevante E-Mails speichern und verwalten können. Alle Produkte waren in der Lage, Mails mit angehängtem Dokument aus dem ECM-System zu generieren. Die tiefste Integration in das Mail-System (MS Outlook) bietet Optimal Systems, das sogar über einen eigenen Mail-Client verfügt. Die Synchronisation mit Outlook erfolgt automatisiert. SER punktet in den Tests mit einem Drittprodukt und bietet sehr umfangreiche und detaillierte Möglichkeiten, um Auslagerungsszenarien zu definieren. Bei Elo und Optimal Systems kann die Outlook-Struktur eins zu eins abgebildet werden, wodurch sich Mails sicher wiederfinden lassen. Negativ fiel auf, dass die E-Mail-Integration von Saperion keine regelgestützte automatisch Auslagerung an das Archiv vorsieht und auch Elo konnte hier nicht überzeugen. Nicht behandelt wurden im Test die Archivierung und Offline-Bearbeitung von E-Mails.