Eisiger Herbst für Internet-Startups

18.02.2002
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Hoffnungen auf einen allmählichen Rückgang der hohen Sterberaten deutscher Internet-Unternehmen haben sich im vergangenen Herbst nicht erfüllt: Wie die European Business School (EBS ) in ihrer dritten Untersuchung feststellte, wurde im Dezember 2001 sogar ein neuer Pleitenrekord erreicht.

Die Hochschule aus Östrich-Winkel verfolgt in ihrem Forschungprojekt E-Startup.org seit Mitte 2000 das Schicksal von insgesamt rund 9000 deutschen Internet/E-Commerce-Firmen. Das Resultat einer dritten Erhebung zum Jahreswechsel ist erneut niederschmetternd: Im Vergleich zu den Sommermonaten Juli, August und September (Computerwoche online berichtete) ist die Zahl der Insolvenzen von Startups der Branche im Herbst nur geringfügig von rund 60 auf etwa 50 gesunken. Im Dezember erreichte die Sterberate mit 65 angemeldeten Pleiten sogar wieder einen traurigen Höhepunkt.

Die Tatsache, dass im Dezember besonders viele E-Commerce-Startups den Gang zum Konkursrichter antraten, lässt laut EBS darauf schließen, dass diese vor der endgültigen Schließung noch das attraktive Weihnachtsgeschäft mitnehmen wollten. Insgesamt traf es im letzten Quartal 2001 jedoch verstärkt die Multimedia-Agenturen. So mussten in den Monaten Oktober, November und Dezember mit 99 Firmen mehr Web-Designer Konkurs anmelden als in den beiden Jahren zuvor.

Insolvenzen bei deutschen Internet-/E-Commerce-Unternehmen pro Monat    Quelle E-Startup.org
Insolvenzen bei deutschen Internet-/E-Commerce-Unternehmen pro Monat    Quelle E-Startup.org

Für das Gesamtjahr 2001 konnte die EBS 443 Insolvenzen ermitteln - ein Jahr zuvor waren es nur 61. Hinzu kommen im vergangenen Jahr noch rund 470 registrierte Ausfälle von kleineren, nicht VC-finanzierten Startups - hochgerechnet dürfte deren Zahl aber bei etwa 950 bis 1000 liegen. Unter dem Strich sind damit 2001 mindestens 1400 bis 1450 deutsche Internet-/E-Commerce-Firmen gescheitert.

Auch bei den von der EBS untersuchten 676 VC-finanzierten Startups sind die Auswirkungen der Dotcom-Krise zu erkennen: So gaben zwischen Mitte 2000 und Ende 2001 knapp über die Hälfte von ihnen auf, gingen Pleite oder wurden übernommen - bis Anfang Mai vergangenen Jahres waren es nur rund 13 Firmen, bis Anfang Oktober zirka 32 Prozent. Dabei fand die Projektgruppe heraus, dass sich das Segment mehr durch Aufgaben und Pleiten als durch Übernahmen konsolidiert: So stieg Zahl der Schließungen und Insolvenzen zwischen Anfang Oktober und Ende Dezember von 141 auf 183 an. Die Anzahl der registrierten Übernahmen kletterten dagegen eher moderat von 76 auf 91 - 15 davon sind inzwischen ebenfalls gescheitert.