Einstweilige Verfuegung gegen "Ausland Spezial" Frankfurter Richter pfeifen die Telekom bei Rabattarifen zurueck

29.07.1994

FRANKFURT/M. (gh) - Die Telekom hat sich mit ihrem umstrittenen Sondertarif fuer den Telefonverkehr nach Uebersee, "Ausland Spezial", nun eine vom US-Carrier IDB Worldcom erwirkte einstweilige Verfuegung des Landgerichts Frankfurt eingehandelt. Danach wurde dem Bonner Postunternehmen unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt, bei seinen Kunden weiterhin den nationalen und internationalen Sprachverkehr ueber ein und denselben Anschluss zu buendeln und damit die vorgeschriebene strikte Trennung zwischen Monopol- und Wettbewerbsdiensten zu umgehen.

Das Klima im deutschen TK-Markt wird zusehends rauher. Nachdem seit Inkrafttreten der Postreform I von 1989 bereits Wettbewerb im Bereich der Datenkommunikation herrscht, ist nun auch - laengst vor dem magischen Datum 1. Januar 1998 - offener Konkurrenzkampf im Auslandssprachverkehr fuer grosse Firmenkunden ausgebrochen. Auch in diesem Marktsegment gehen jedenfalls den Mannen um Helmut Ricke immer mehr namhafte Kunden (darunter Hoechst, Commerzbank, BASF und BP) von der Fahne - allesamt Unternehmen, die teilweise schon vor gut einem Jahr zu Mitbewerbern wie BT, Sprint, IDB Worldcom oder Telepassport abgewandert sind. Diese lockten die ehedem treue Telekom-Klientel mit besserem Service und um bis zu 20 Prozent guenstigeren Tarifen - letzteres ermoeglicht durch Umgehung des nationalen bundesdeutschen Telefondienstmonopols ueber eine zentrale Vermittlungsstelle in den USA.

Anfang des Jahres konterten die Bonner die Kampfansage ihrer auslaendischen Konkurrenz mit dem Sondertarif "Ausland Spezial", der Grosskunden mit einem entsprechend hohen Aufkommen an Kommunikationsgebuehren (ab 200 000 Mark jaehrlich) einen ermaessigten Anschluss an das ISDN-Netz beziehungsweise einen unmittelbaren Zugang zum internationalen Telefondienst einraeumt. Dieses aus "politischen" Gruenden von der Ricke-Mannschaft nicht an die grosse Glocke gehaengte Dumping-Angebot war erstmals im Januar 1994 im Telekom-Amtsblatt veroeffentlicht und vom Bundespostministerium unter bestimmten Auflagen genehmigt worden. So wurde der Telekom unter anderem vorgeschrieben, genauso wie ihre Wettbewerber dafuer Sorge zu tragen, dass ihre Kunden vor Inanspruchnahme des "Ausland- Spezial"-Services eine Vorsortierung zwischen Inlands- und Auslandsgespraechen vornehmen. Mit anderen Worten: Zwischen dem monopolgeschuetzten innerdeutschen Sprachverkehr und den ins Ausland abgehenden Gespraechen muss strikt getrennt werden.

Genau dieser Punkt ist nun auch Gegenstand der von der in Frankfurt ansaessigen Worldcom Telecommunications Services GmbH angestrengten einstweiligen Verfuegung. Die Frankfurter konnten offensichtlich nachweisen, was Insider schon laenger kritisiert hatten und nun aus dem der COMPUTERWOCHE vorliegenden, vom 12. Juli 1994 datierten Gerichtsbescheid hervorgeht: dass naemlich die Telekom entgegen der Vorgabe des Postministeriums und der veroeffentlichten Geschaeftsbedingungen die Vorsortierung von Inlands- und Auslandsgespraechen nicht ihren Kunden ueberlaesst, sondern selbst vornimmt.

Dadurch komme es, wie es in dem Worldcom-Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfuegung heisst, zu "gravierenden Wettbewerbsverzerrungen" - einmal durch die Tatsache, dass das Bonner Postunternehmen im Rahmen des "Ausland-Spezial"-Dienstes auch Inlandsgespraeche vermittelt und zum anderen dadurch, dass bei den Telekom-Kunden in der Regel keine technischen Vorrichtungen fuer eine Trennung des nationalen und internationalen Telefonverkehrs installiert werden. Diese sind jedoch Anbietern wie Worldcom zwingend vorgeschrieben, etwa in Form einer spezifischen Software, was fuer die Kunden Investitionen in der Groessenordung fuenfstelliger Summen bedeutet und im Umkehrschluss deutlich weniger Kosten fuer Unternehmen, die das Telekom-Angebot wahrnehmen.

Kuenftig ist den Bonnern nun aber nach dem Beschluss der Frankfurter Richter untersagt, weiter in der kritisierten Weise vorzugehen. Reagiert das Telekom-Management - wie uebrigens auf eine bereits im Maerz vom Bundespostministerium veranlasste Verfuegung - nicht, droht dem Noch-Staatscarrier ein Ordnungsgeld in Hoehe von 500 000 Mark beziehungsweise Telekom-Chef Ricke Ordnungshaft. Bei der Worldcom GmbH ist man notfalls, so eine Sprecherin gegenueber der COMPUTERWOCHE, auch bereit, "weitere Instanzen zu bemuehen". Eine Stellungnahme der Telekom lag bis Redaktionsschluss nicht vor.