Einsicht in das Notwendige

16.08.1991

Daß neuerdings Beiträge in bundesdeutschen Zeitungen erscheinen, die sich mit der IBM objektiv und - wenn nötig - auch kritisch auseinandersetzen, ist eine gute Sache. So konstatiert Gunhild Lütge in der "ZEIT ": "Die meisten Großrechner dieser Welt basieren auf IBM-Technologie. Und das bedeutet auch, daß ebenso viele Anwender von ihr abhängig (von der CW gesperrt) sind. Sie hängen am Tropf der IRM-Forschungslabors. Und dennoch droht die unfreiwillige Treue langsam, aber stetig zu schwinden. Dafür sorgt eine Revolution von unten." Die ZEIT-Redakteurin deutet damit an, daß es Vertrauensverlust bei den Kunden ist, was Big Blue am meisten fürchten muß. Aber war bereits Einsicht in das Notwendige zu vernehmen, is Armonk-Chef John Akers zuletzt von einer Krise der IBM sprach? Weiß die IBM, welche Hausaufgaben zu machen sind? Vor allem: Ist die IBM ehrlich sich selbst gegenüber?

Akers' Kritik wird ins Leere gehen, wenn sich die IBM als Team, als Mannschaft, diesen Fragen nicht stellt. Zusätzliche Brisanz erhält das Problem dadurch, daß es eben kein ausschließlich IBM-internes ist: Wenn der blaue Riese wankt, dann hat das Konsequenzen für die Anwender. Den Koloß zu stützen, koste es, was es wolle, fällt ihnen nicht ein. Welchen Kurs der Riesentanker IBM nimmt, wird ihnen gleichwohl nicht egal sein. Liest man vor diesem Hintergrund, was Akers zur Schadensbegrenzung einfällt, dann kann man nicht beruhigt sein.

In diesem Sinne (Schadensbegrenzung) hat die CW seit vielen Jahren Stellung bezogen: keine Frage von Gut und Böse, dies nur nebenbei, aber ein zentrales marktwirtschaftliches Thema. Über eine "IBM im Wandel" schrieben wir am 1. März 1985: "Denn der blaue Riese ist ... keineswegs mehr unverwundbar. Da wäre, erstens, die Tatsache zu nennen, daß sich Big Blue vom reinen Mietunternehmen zur Verkaufsgesellschaft gewandelt hat. Das bedeutet: Das Wachstum steht und fällt mit neuen Produkten. Manches wirkt da bereits unausgegoren und überhastet. Zweitens: Die Blütenträume des Marktführers in bezug auf "Neue Märkte" sind nicht gereift. Mehr noch: Manches geriet gar zum Flop, wie das Telefonanlagen-Business und das Satellitengeschäft. Drittens kann nach dem Gesetz der "Economy of Scale" nicht mehr soviel in das Personal gesteckt werden, soll das Umsatz/Ertrags-Verhältnis stimmen."

Zu unserer damals geäußerten Meinung stehen wir nach wie vor: "Das Beispiel Xerox hat gezeigt, daß eine zu aggressive, überzogene Marketingpolitik aus dem Monopol-Paradies direkt ins Tal der Tränen führte. Der "König der Kopierer" hatte eine innere "Größe" erreicht, die immer labiler wurde. Für die IBM könnte die angestrebte Verwandlung von der Edelschmiede zum Allesfresser ein Schritt zuviel sein, ein kleiner Schritt zuviel."