Außerordentliche Kündigung von Computer-Leasingverträgen?

Einseitige Einschränkung von Rechten

08.02.1980

Bei fast 185 000 elektronischen Rechenanlagen mit einem Gesamtwert von zirka 37,3 Milliarden Mark, die zu einem überwiegenden Teil geleast sein dürften, stellt sich geradezu zwangsläufig immer wieder die Fragen nach der Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung der langfristigen Leasingverträge oder aber zumindest einer Reduzierung der Leasingraten durch den Leasingnehmer.

Bislang ist ganz überwiegend hierzu die Rechtsauffassung vertreten worden, daß entsprechende Rechte des Leasingnehmers durch formularmäßige Bedingungen der Leasinggesellschaften rechtswirksam ausgeschlossen sind. Dabei wird auf die Entscheidung des BGH vom 8.10.l975 verweisen, in der das oberste deutsche Gericht auf die in Leasingverträgen tipischerweise vorgenommene Abwälzung der Sach- und Preisgefahr auf den Mieter nach kaufrechtlichem Vorbild hinweist.

In jüngster Zeit mehren sich allerdings die Stimmen sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung, wonach im Einzelfall der Leasingnehmer einer EDV-Anlage durchaus Chancen hat, sich gegen die höchst einseitige Einschränkung seiner Rechte mit Erfolg zu wehren. Der entscheidende Ansatzpunkt findet siech in dem seit im 1. 4. l977 in Kraft befindlichen Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach sind formularmäßige Klauseln unwirksam, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages selbst ergeben, so eingeschränkt werden, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, oder aber wenn von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in erheblichem Maße abgewichen wird.

Der Bundesgerichtshof spricht nun in seiner oben erwähnten Entscheidung Nicht nur von der in Leasingverträgen typischen Überwälzung der Preis- und Sachgefahr auf den Leasingnehmer, sondern gleichzeitig auch davon, daß das Vertragsverhältnis der Parteien untereinander "in erster Linie" dem Mietrecht zuzuordnen ist.

Nach den mietrechtlichen Vorschriften berechtigt aber bereits ein Fehler im Sinne des § 537 BGB in Mieter sowohl zur Mietminderung nach § 537 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung. Ergänzend sei hier nur darauf hingewiesen, daß unter teilweiser Nichtgewährung des Gebrauchs im Sinne des § 542 Abs. 1 BGB auch eine

erhebliche Behinderung des Gebrauchs der Mietsache durch den während der

Mietzeit auftretenden Sachmangel zu verstehen ist.

Zumindest am OLG München wird nun die Auffassung vertreten, daß solche formularmäßigen Klauseln, die die Gewährleistung des Vermieters für erst während der Leasingzeit auftretende Mängel ausschließen, der Leasingnehmer also ohne Rücksicht auf den eingetretenen Mangel zur Mietzinszahlung verpflichtet sein soll, nach § 9 des AGB-Gesetzes unwirksam sind.

Folgt man dieser Rechtsmeinung, dann eröffnet sich für den Bereich sogenannter Spätschäden an der Mietsache selbst durchaus der Weg zur Herabsetzung der Leasingraten, beziehungsweise zur außerordentlichen Kündigung nach § 542 Abs. 1 BGB.

Im Bereich der sogenannten anfänglichen Mängel, hinsichtlich derer die Leasinggesellschaften in aller Regel ihre eigenen Gewährleistungsansprüche gegen den Hersteller/Lieferanten an den Leasingnehmer abgetreten haben, scheint sich folgender Trend in der Literatur abzuzeichnen:

Danach wird dem Leasinggeber durchaus die Befugnis zugesprochen, formularmäßig seine Gewährleistungsansprüche an den Leasingnehmer in vollem Umfange abzutreten. Allerdings wird der Leasingnehmer während der Gewährleistungsfrist immer dann das Recht auf Herabsetzung der Leasingraten, beziehungsweise Kündigung des gesamten Leasingvertrages für sich beanspruchen können, wenn der Hersteller/ Lieferant nicht in der Lage ist, die aufgetretenen Mängel alsbald zu beseitigen und folglich des Leasinggut in einen gebrauchstüchtigen Zustand zu versetzen.

Für den Bereich des sogenannten Händler- und Operatingleasings ist die Rechtsmeinung im Vordringen begriffen, daß die formularmäßige Einschränkung der mietrechtlichen Stellung des Leasingnehmers kaum oder nur noch in ganz begrenztem Umfange zulässig sein durfte. Dieses ergibt sich aus der Typisierung der entsprechenden vertragsrechtlichen Beziehungen, wonach eben nicht nur "in erster Linie", sondern ganz überwiegend Mietrecht zur Anwendung kommt.

Damit eröffnet sich für den Leasingnehmer solcher Verträge das gesamte Spektrum der mietrechtlichen Bestimmungen des BGB.

Zu vergleichbaren Ergebnissen dürfte die Beurteilung von Leasingverträgen immer dann gelangen, wenn mit einem Nicht-Kaufmann kontrahiert worden ist, und ein entsprechender Mangel an dem Leasinggut nicht mehr befriedigend beseitigt werden kann, so daß die Fortsetzung des Leasingvertrages für den Leasingnehmer unzumutbar wird.