Bürokommunikation paßt nicht in die Definition des Projekt-Begriffs:

Einführungsprozeß wird institiutionalisiert

04.09.1987

Die Einführung von Bürokommunikation ist nicht als Projekt im üblichen Sinn zu behandeln, Vielmehr stellt sie eine Daueraufgabe dar, die einer entsorechenden Verankerung in der Unternehmensorganisation bedarf. Eine solche Institutionalisierung untermauert die Bedeutung einer eigenen Informationslogistik für den Anwenderbetrieb.

Bereits bei der Definition eines Projekts innerhalb der Bürokommunikation wird eine komplexe Problematik sichtbar. Sie liegt in der Definition und Bewertung der Aufgabe Bürokommunikation selber. Die Frage lautet: Handelt es sich lediglich um eine Verbesserung der Textverarbeitung, um eine Gesamtlösung der Informationsverarbeitung unter dem Integrationsaspekt, oder wird das Ziel nicht weiter gesteckt und eine Informationslogistik angestrebt?

Trotz aller Vorbehalte hinsichtlich des Realisierungsgrades sollte immer das entfernteste Ziel, nämlich der Aufbau einer unternehmensweiten Informationslogistik, verfolgt werden. Um es zu erreichen, ist der Aufbau einer aus Bausteinen zusammengesetzten Konzeption sinnvoll, wobei jede Komponente ein oder mehrere Projekte darstellt. Die optimale Größe der Einzelbausteine hat entscheidende Bedeutung; ihre Anzahl sollte auf jeden Fall überschaubar bleiben. Gleichzeitig ist die Verflechtung zwischen den Komponenten und damit das mittel- und langfristige Gesamtkonzept aufzuzeigen.

Organisationsabteilung gegenüber DV aufgewertet

Innerhalb der Bürokommunikations-Organisation werden ständig einzelne Projekte abgewickelt, die sowohl sachlich als auch zeitlich verschieden sind. Bei solchen Teilabläufen ist jeweils ein eigenes Phasenmodell zu betrachten. Für jeden Baustein sollen Zieldefinition, Projektorganisation, Realisierungszeitraum, Budget und eine Revision vereinbart werden.

Die heutige Projektorganisation innerhalb der Bürokommunikation ist für viele Geschäftsleitungen zu einer Art Modeerscheinung geworden und bewegt sich zwischen Wunschtraum und Realität. Das obere Management hat dabei häufig weder einen Überblick über das Ausmaß der Problematik noch über die Konsequenzen für die Unternehmensorganisation und die Zukunft des Managements. Deshalb ist die Förderung dieses Bereichs nur ungenügend. Bei der Durchführung von Projekten auf diesem Sektor sollte die höchste Stelle im Unternehmen, also die Geschäftsleitung, den Auftraggeber darstellen. Der Auftrag sollte als strategisch angesehen werden und nicht nur ein Lippenbekenntnis sein.

Gleichzeitig muß das Unternehmen eine projektdurchführende Stelle festlegen. Dies sollte keine eigene Abteilung für Bürokommunikation/Informationslogistik, sondern die Abteilung Organisation sein.

In vielen Fällen bedeutet das eine Aufwertung der Abteilung Organisation gegenüber der DV. Diese Aufwertung erscheint notwendig: Schließlich handelt es sich nicht nur um das Zurverfügungstellen von Hardware und Software als Werkzeuge der Informationsverarbeitung, sondern um die Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen sowie um die strategische Bewertung von Informationen.

Qualität der Information als strategischer Aspekt

Die Qualität der Information wird immer mehr zum entscheidenen strategischen Gesichtspunkt bei der Weiterentwicklung von Arbeitsabläufen. Dies ist per definitionem die Aufgabe der Unternehmensorganisation.

Angesichts dieser Anforderung haben die Organisatoren in der Realität keineswegs die notwendige Würdigung erhalten. Häufig sind die Organisationsabteilungen an die DV angegliedert, und die DV-Leiter leiten in Personalunion auch die Organisationsabteilung. Deren Qualität leidet ebenfalls darunter, daß man bis zum heutigen Tag kein klar definiertes Berufsbild des Organisators festgelegt hat. Viele Organisatoren sind im Grunde "Mädchen für alles".

In der letzten Zeit ist allerdings ein neuer Trend zu beobachten: Die Rolle des Organisators wird wiederentdeckt und aufgewertet. Das entfacht nicht selten Machtkämpfe zwischen Organisationsabteilungen und DV, weil viele DV-Abteilungen ihre bisherige Allmacht beschnitten sehen.

Ausbildungsstand läßt noch zu wünschen übrig

Gleichzeitig haben die Strategen bei den DV-Anbietern den Organisator entdeckt und versuchen, ihren Einfluß auf ihn auszuüben. Verschiedene Angebote an Organisationsberatung, wie die DV-gestützte Kommunikationsanalyse, werden dem Organisator präsentiert und als einzige Methode zur Schwachstellenanalyse und Bedarfsermittlung dargestellt. Leider wird dem Organisator nicht gleichzeitig klargemacht, daß derartige Instrumente ungenügend sind, weil sie die Kommunikationsumfelder nicht berücksichtigen und eine Reihe von methodischen Schwächen aufweisen.

Der Ausbildungsstand des Organisators, der jahrelang vernachlässigt worden ist, gewinnt damit eine entscheidende Bedeutung. Dies vor allem angesichts der Tatsache, daß gleichzeitig die Anforderungen an ihn im personalrechtlichen sowie im technischen und organisatorischen Bereich ständig gestiegen sind. Hier existiert ein großer Nachholbedarf.

Die projektdurchführende Stelle sollte ein Team benennen, das sowohl die Ziele, das Konzept, die Realisierung und das Controlling mitgestaltet - und zwar in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Anwender. Da immer auch konkurrierende Interessen zu berücksichtigen sind, liegt eine besondere Problematik in der Zusammensetzung des Teams, in der Qualifikation der einzelnen Mitglieder und ihrem Einfluß auf das jeweilige Umfeld sowie in der Persönlichkeit des Teamleiters und in der Zusammenarbeit mit dem User.

Bei der Realisierung der Bürokommunikation ist aufgrund der bereits genannten Gründe die Projektleitung einer geeigneten Persönlichkeit aus der Organisationsabteilung zu übertragen. Das Team muß stets so klein wie möglich gehalten werden. Als ständiges wichtiges Mitglied ist ein Angehöriger des Betriebsrats zu nennen, der unbedingt von Anfang an mitarbeiten sollte, da der Erfolg des Projekts maßgebend von ihm beeinflußt werden kann. Als weitere mögliche Mitglieder sollten eine Datenschutzfachkraft, ein Spezialist aus der DV-Abteilung oder ein DFÜ-Fachmann und der jeweilige Vorgesetzte der Anwendergruppe beziehungsweise der Leiter des Qualitätszirkels vorgesehen werden.

Mitarbeiterzahl im Team möglichst klein halten

Qualitätszirkel sind heute im Bereich des Büros noch Mangelerscheinungen, obwohl sie, vom Standpunkt der Akzeptanz betrachtet, einen nützlichen Bestandteil des Vorschlagswesens darstellen. Gleichzeitig fungieren sie als Instrument zur Optimierung von Qualität innerhalb der Abteilung. Darüber hinaus können sie für die Erhebung von Informationen für die Bedarfsermittlung und für die Kommunikationsanalyse eingesetzt werden.

Das Projektteam sollte aus nicht mehr als fünf bis sechs Mitgliedern bestehen. Seine Vorgehensweise muß jeweils an die persönlichen Gegebenheiten des Teams und der Anwender angepaßt werden. Als Grundlage der kritischen Einschätzung muß stets das Motto gelten: "Das Machbare mit den Betroffenen realisieren"