Markt und Möglichkeiten für Mehrwertdienste in Deutschland

Einen vorhandenen Verbund als kritische VANS-Masse nutzen

30.11.1990

Der Begriff Mehrwertdienste (Value Added Network and Services = VANS) war in Deutschland bis zum Jahr 1986 weitgehend unbekannt. Erst mit der Diskussion um die Regulierung oder Deregulierung des Fernmeldewesens hielt er in Deutschland, aus dem englischsprachigen Raum kommend, Einzug.

Die hier diskutierten VANS-Angebote in Deutschland werden deshalb unter Heranziehung der folgenden Definition beschrieben: "Ein VANS ist ein Service, der auf Basis von Fernmeldediensten Informationsdienstleistungen anbietet, die über das reine Übertragen der Informationen hinausgehen."

In Deutschland bieten sowohl die Deutsche Bundespost als auch private Unternehmen VANS an. Für Anbieter und Nutzer von Mehrwertdiensten sind nun die bisherigen Behinderungen des Fernmeldemonopols abgebaut. Das Monopol der Deutschen Bundespost Telekom wurde durch das Poststrukturgesetz auf den Telefondienst und das physikalische Leitungsnetz beschränkt. Alle Dienste, die das Monopol der Telekom für den öffentlichen Telefondienst verletzen oder auf Basis des physikalischen Leitungsnetzes angeboten werden, können nun im Wettbewerb sowohl von privaten Unternehmen wie auch von der Deutschen Bundespost Telekom angeboten werden.

Statt einer Lizenzierung Registrierung vornehmen

Dabei ist in der Bundesrepublik eine Lizenzierung dieser Mehrwertdienste-Angebote, wie zum Beispiel in Großbritannien, nicht erforderlich. Das Poststrukturgesetz sieht hier lediglich eine Registrierung beim Ministerium für Post- und Telekommunikation vor.

Nun ist unternehmerische Initiative zur Ausschöpfung der vielfältigen Möglichkeiten gefragt. Bei Mehrwertdiensten, die den Telefondienst, das ISDN, die Datendienste, das VBN und die Satelliten als Übertragungsmedium nutzen, bestehen insbesondere im Vergleich zu den USA noch große Angebotslücken in der Bundesrepublik. Einen wichtigen Meilenstein für die Anbieter von Mehrwertdiensten stellt neben der Einführung von ISDN die Freigabe des Angebots und die Zulassung von Endgeräten durch private Anbieter dar. Die innerhalb der EG geplante gegenseitige Anerkennung von Typenprüfungen bei der Zulassung von Endgeräten wird diesen Markt der Telekommunikation beleben.

Eine Rolle spielen allerdings nicht nur die Mehrwertdienste im Text-, Daten- und Bildbereich, sondern auch die VANS-Möglichkeiten im Sprachbereich. Von ihnen ist weiter unten die Rede.

Die Bundespost bietet drei VANS in Deutschland an:

- Bildschirmtext (Btx) ist das wichtigste Angebot der Deutschen Bundespost und das größte VANS-Angebot in Deutschland überhaupt.

- Telebox stellt einen ersten Schritt der Deutschen Bundespost in den Markt für Electronic Mail dar.

- Temex (Telemetry Exchange), ein neuer Dienst der Deutschen Bundespost, erlaubt die Übertragung von Fernwirkinformationen im vorhandenen analogen Fernsprechnetz ohne Störung des Sprachverkehrs.

Diese VANS können auch als Basis-VANS bezeichnet werden, weil sie sich in idealer Weise als Trägersystem für private Mehrwertdienste-Anbieter eignen. Sie bilden damit die Infrastruktur für Angebote auch kleinerer Anbieter.

Entgegen der noch vor zwei Jahren verbreiteten Meinung existiert ein breites Angebot von Mehrwertdiensten in Deutschland. 1986 gab es zirka 4200 Mehrwertdienste. Eine Untermenge davon (zirka 300) ist näher untersucht und klassifiziert worden.

Große VAN-Anbieter in Deutschland

In den vergangenen vier Jahren haben bestehende Anbieter ihr Angebot erweitert, und es sind neue große Dienstleister hinzugekommen. Die Palette umfaßt folgende Wettbewerber:

- Datev (Steuerberatung),

- Start (Touristik),

- Swift (Zahlungsverkehr),

- Sita (Luftverkehr),

- Amadeus (Luftverkehr),

- Galileo (Luftverkehr),

- IBM (Netz-, Informations- und DV-Dienstleistungen),

- Geis (Informations-Dienstleistungen),

- Reuters (Finanzinformationen),

- vwd (Finanzinformationen),

- BFG (Netz-Dienstleistungen),

- Info AG (Netz-Dienstleistungen),

- Infonet (Netz-Dienstleistungen) und Wartungsphilosophie,

- Meganet (Netz-Dienstleistungen).

Einen weiteren Bereich der Mehrwertdienste stellen die Online-Datenbanken in Deutschland dar. Ende 1986 wurden von 29 deutschen Hosts insgesamt 250 Datenbanken angeboten. Davon stammten 120 Datenbanken aus Deutschland. Die wichtigsten Datenbankanbieter in Deutschland sind DBI, vwd, IBM-IN Infoservice, Bertelsmann, IDC, GBI, Hoechst, STN International, GID, BTX Südwest, Genios; Edicline, FIZ Technik, Dimdi, Inka. Weltweit gibt es mehr als 3500 Datenbanken. Die meisten Angebote kommen aus den USA.

Infrastrukturen für Mehrwertdienste

VANS-Anbietern steht in Deutschland eine breitgefächerte Infrastruktur von Telekommunikations-Diensten zur Verfügung. Das Btx-System wird bisher, was die Anbieterzahl angeht, am meisten genutzt. Das Datex-P-Netz ist mit seinen 17 Netzknoten flächendeckend in Deutschland ausgebaut. Es wird deshalb von Anbietern, wie zum Beispiel den Mailbox-Diensten, am zweithäufigsten als Infrastruktur genutzt. An dritter Stelle steht das Fernsprechnetz. Die Festverbindungen spielen vor allem für Anbieter von Netz-Dienstleistungen eine wichtige Rolle. Diese haben durch die Kombination von Fest- und Wählverbindungen flächendeckende Netze mit Konzentratoren in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Ostdeutschlands aufgebaut. Als Beispiele dafür können Anbieter wie IBM, Datev, Start, Meganet und die Info AG dienen. Auf einige Dienste, die auf einen breiten Nutzerkreis abzielen, möchte ich detailliert eingehen.

Mailboxdienste von Privaten

Neben dem Telebox-Dienst der Deutsche Bundespost bieten eine Reihe privater Unternehmen Mailbox-Dienste an, beispielsweise der Geomail-Verbund: Über die üblichen Mailbox-Funktionen zum Editieren, Speichern, Bearbeiten, Senden, Empfangen oder Löschen von Nachrichten hinaus werden folgende Zusatzdienste angeboten:

- Benutzerführung in verschiedenen Sprachen,

- Verfügbarkeit einfacher, aber wirkungsvoller Suchmethoden für die Postfächer und schwarzen Bretter,

- Telekonferenz-Fähigkeiten für zeitversetzte und Realtime-Konferenzen,

- Methodik zur Absicherung gegen mißbräuchliche Nutzung,

- Einbeziehung von Konvertierungsprozessen,

- eingebaute Diagnostiksoftware zur remote Hardware- und Softwarediagnostik als Teil der Austausch- und

- komfortable Adressen-, Teilnehmer- und Verzeichnis-Befehle zum selektierten Zugriff nach beliebigen Kriterien auf netzweite "gelbe Seiten",

- Bit-Transparenz für die Verarbeitungsmöglichkeit von Grafik, Telesoftware und abgesicherter Datenübertragung über asynchrone Leitungen,

- interne und externe Vernetzbarkeit.

Neben Schnittstellen zu etwa 60 verschiedenen Informationsbanken können auch noch sogenannte Huckepack-Dienstleistungen angeboten werden. Der Vorteil für den Nutzer besteht darin, daß er keine Einzel-Abonnements bei den einzelnen Datenbanken braucht - es wird nach Minuten oder Vorgängen abgerechnet. Folgende Dienstleistungen sind möglich:

- Durchschaltung zu den verschiedenen Online-Datenbanken über ein Abfrage-Unterstützungssystem (Intelligent Interface Facility),

- Verabredungs- und Ressourcenplanung (Terminkalender, Konferenzplanung etc.),

- Online-Speicherung von Dokumenten mit zentralem Änderungsdienst,

- Einrichtung von Telekonferenzen,

- Projektkontrolle mit Hilfe von speziellen "Bulletin Boards",

- Tele-Translating.

Darüber hinaus sind die mehr als 30 weltweiten Systeme der Geomail-Gruppe untereinander und mit allen wesentlichen E-Mail-Systemen der Welt über Dasnet vernetzt. Diensteübergänge gestatten es, eine über Mailbox versandte Nachricht auch an Telex- oder Telefax-Teilnehmer zu versenden.

Zahlen sprechen für Bildschirmtextdienst

Die Basis für den zahlenmäßig größten Teil von Mehrwert-Dienstleistungen in Deutschland stellt der Btx-Dienst der Deutschen Bundespost dar. Er besteht aus einem hierarchischen Netz mit einem Zentralrechner und regional verteilten Vermittlungsstellen. An diese Vermittlungsstellen sind einerseits die Btx-Teilnehmer über das Fernsprechnetz (zu Nahbereichsgebühren), andererseits sogenannte externe Rechner von Informationsanbietern über das Datex-Netz angeschlossen. Btx stellt für Anbieter folgende Funktionen bereit:

- Speicherung und Verwaltung von Informationsseiten im System,

- Edition von Seiten, das heißt Möglichkeiten zum Aufbau, zur Veränderung und zur Löschung von Seiten,

- statistische Informationen über die Nutzung des Systems,

- Inkasso für den Abruf entgeltpflichtiger Seiten durch den Teilnehmer,

- Zugangssicherungsfunktionen,

- Verwaltung von Teilnehmerdaten,

- Verwaltung von geschlossenen Benutzergruppen.

Jeder Btx-Teilnehmer kann Mitteilungen an die weltweit etwa 1,6 Millionen Telexteilnehmer - in der Bundesrepublik sind es etwa 170 000 - senden. Btx ist heute schon als das bedeutendste Trägersystem für das Angebot von Mehrwertdiensten in Deutschland eingeführt. Zur Zeit gibt es zirka 250 000 Teilnehmer und jeden Monat kommen mehr als 5000 hinzu. Dazu hat der Zustrom von Teilnehmern, die Btx als preiswertes Datenerfassungs- und Transportmedium im Rahmen von Mehrwertdiensten, geschlossenen Benutzergruppen oder Inhouse-Systemen nutzen, beigetragen. Vor allem Einkaufsgenossenschaften, Verbände und firmeninterne Systeme haben dabei eine große Rolle gespielt.

Fernwirken mit dem Temex-Dienst

Temex steht für Telemetry Exchange und fungiert als ein Dienst der Deutschen Bundespost Telekom, die die Erfassung und Vermittlung von Fernwirkinformationen realisiert. Temex fragt rechnergestützt Fernwirkdaten ab, speichert sie und gibt sie weiter. Hierfür werden unter anderem die Telefonleitung und das Fernmeldenetz eingesetzt. Für die Übertragung auf der Telefonleitung kommen Frequenzen zum Einsatz, die oberhalb des Sprachbereichs liegen, so daß die Fernwirkanwendungen die Telefongespräche oder andere Übertragungen innerhalb des Fernsprechnetzes nicht beeinflussen. Temex läßt sich für private und gewerbliche Zwecke nutzen, zum Beispiel für das Sichern von Leben, den Schutz von Sachwerten, das Steuern von gewerblichen oder häuslichen Einrichtungen und das Überwachen von Abläufen.

Kernstück sind die Temex-Leitzentralen der Deutschen Bundespost (Rechenanlagen), welche die Temex-Teilnehmeranschlüsse abfragen und diese Informationen an private Fernwirkstationen (Rechenanlagen) weitergeben. Der Temex-Dienst wird zur Zeit in 60 deutschen Städten als Regeldienst eingeführt. Er zielt ebenso wie Btx darauf ab, eine einheitliche technische Infrastruktur für Dienstleistungen weiterer Serviceanbieter zu schaffen. Dazu sollen die geringen Kosten für die Nutzer - drei bis 15 Mark pro Monat je nach Nachrichtenlänge - beitragen.

Neue Möglichkeiten durch das ISDN

ISDN bietet eine Vielzahl neuer Möglichkeiten für das Angebot von Mehrwertdiensten.

Dazu zählen ins Datenbereich:

- Point of Sales (POS),

- Kreditkartenautorisierung,

- Electronic Mail mit "Termind Delivery",

- Electronic Data Interchange (EDI),

- Bildschirmtext mit 64 Kbit/s.

Die Tatsache, daß Sprachanwendungen im Rahmen von ISDN leichter zu computerisieren sind, bedeutet, daß sich Voice-Mail und Audio-Tex mit ISDN-Fernsprechendgeräten wesentlich häufiger einsetzen lassen. Auch Btx wird von ISDN durch die höhere Geschwindigkeit profitieren. Bei ISDN kommt aber dem Aspekt der Mischkommunikation und der Multimedia-Anwendung eine große Bedeutung zu. Hierbei ist der PC mit der So-Schnittstellenkarte für die zwei Kanäle und einem Fernsprechapparat als wichtigstes Endgerät anzusehen. Durch diese Netz- und Endgeräte-Infrastruktur sind eine Reihe neuer Mehrwertdienste möglich. Dazu zählen:

- Stillbild-Datenbanken mit Audio-Annotation,

- Softwaredatenbanken für Aus- und Weiterbildung,

- interaktive computergeführte Beratungsdienste mit einer sprach- und grafisch gestützten Bedienerführung.

Das Vorläufer-Breitbandnetz bietet schon heute die technischen Möglichkeiten für neue Mehrwertdienste. Der Erfolg des Videokonferenzdienstes mit mehr als 180 öffentlichen und privaten Studios macht dies möglich. Auch das Berliner Informationssystem BIS basiert auf dieser Technik. Die Nutzer können Kurzfilme und Informations-Spots aus einer zentralen Datenbank über öffentliche Breitbandterminals abrufen. Zur Zeit befinden sich mehrere ähnliche Projekte in der Planung. Mit der bereits in Prototypen realisierten Integration der Breitbandkommunikation in leistungsfähige PC-Bedieneroberflächen eröffnen sich vielfältige neue Möglichkeiten. Durch die Integration von PC, Bildfernsprechen und Bewegtbildabruf entstehen universelle Terminals für die Individualkommunikation.

Datendienste der Telekom und von Privaten

Im Bereich der Datendienste existiert bereits ein großes Angebot von Dienstleistungen. Für den Aufbau von Anwender-Datennetzen und deren Netzwerk-Managements gibt es Offerten von privaten Unternehmen und der Deutschen Bundespost Telekom. Die Anbieter dazu wurden oben schon benannt. Die Deutsche Bundespost Telekom bietet nun als Mehrwertdienst das Telekom-Datennetz an, das alle Datendienste aus einer Hand bereithält:

- One-stop-shopping auf europäischer Basis,

- Anwender Datennetze (DFN),

- International Network Management (NM),

- Infonet,

- Datenbank-Gateway (in Planung),

- POS Transaktionsdienst (Elcash).

Das Angebot der Telekom entwickelt sich noch

Der elektronische Briefdienst wird ein neuer Service des Postdienstes zur elektronischen Übermittlung von Briefen, die am Empfangsort mit Laserdrucker ausgedruckt werden. Auf dem Sektor des öffentlichen Paketvermittlungsdienstes gibt es noch keinen Wettbewerb, obwohl nun auch private Unternehmen einen solchen Service anbieten können. Auch im Bereich der seit langem in den USA angebotenen universellen Information-Utilities hat sich das Angebot in der Bundesrepublik noch nicht vollständig entwickelt. Anders als bei Videotex (Btx) hat man bei den Information-Utilities von Anfang an den PC-Nutzer im Auge gehabt. Fälschlich bezeichnete man diese Systeme auch als E-Mail-Systeme. E Mail wird dort zwar auch mit angeboten, im Vordergrund stehen aber:

- Online-Dialog für verschiedene Interessengruppen,

- Datenbank-Gateways mit intelligenten Scan-Funktionen,

- Briefzustellung,

- Teleshopping,

- Online-Brokering,

- User-Foren für 150 verschiedene Computer- und Softwareprodukte, jeweils mit Softwarebibliothek sowie

- Bilddatenbanken.

Mehrwertdienste im Sprachbereich

Der Sprachbereich ist deshalb so interessant, weil hier das bereits vorhandene Potential von 32 Millionen Telefonhauptanschlüssen und 12 Millionen Telefonnebenstellen in den Unternehmen als Marktpotential zur Verfügung steht. In der Bundesrepublik werden bereits folgende Mehrwertdienste im Sprachbereich angeboten:

- Voice-Mail-Dienst der Deutsche Bundespost Telekom (Sprachbox),

- Telefonansagedienst mit seinen Konservennachrichten und

- der telefonische Auftragsdienst.

Diese Mehrwertdienste können nun auch private Unternehmen ohne Auflagen anbieten. Dies ist möglich, weil das Telefondienstmonopol im Poststrukturgesetz ausdrücklich auf einen öffentlich angebotenen Telefondienst für die Echtzeit-Sprachkommunikation begrenzt wurde.

Audiotex: Service als Sprachkonserve

Dieser Service in Form von Sprachkonserven wird von Firmen für Werbezwecke und Produktinformationen genutzt. Die Einnahmen des Serviceanbieters resultieren dabei aus der Vermittlung dieser "Sprachkonserven" und der Anzeigenwerbung in einem kostenlos verteilten Branchentelefonbuch. Dieses Branchentelefonbuch ist gleichzeitig der Werbeträger für den Service.

Eine weitergehende Form dieser Dienstleistung ist in Deutschland noch nicht verfügbar. Dabei kann der Informationsanbieter einen Service mit einer großen Zahl von Informationsdiensten anbieten, die sich mit Hilfe von Sprachkonserven gestalten lassen.

Die Sprachkonserven kann der Nutzer mit Hilfe des Telefons abfragen, indem er die Nummer der gewünschten Information in das mit Mehrfrequenz-Wahlverfahren (MFV) ausgestattete Telefon eingibt. Der Servicecomputer wertet dieses MFV-Signal aus und schaltet zur gewählten Sprachkonserve durch.

Noch keine Vermarktung des Voice-Mail-Dienstes

In der Bundesrepublik wird Voice-Mail von der Deutschen Bundespost schon in einigen Städten im Rahmen eines Versuchs angeboten (Sprachspeicherdienst). Der Dienst ist aber weitgehend unbekannt, weil eine entsprechende Vermarktung bisher nicht stattfand. Dem Markt für Voice-Mail werden zum Beispiel von Marktforschern wie BIS Macintosh enorme Wachstumsraten prophezeit.

Obwohl die Marktdurchdringung zur Zeit noch sehr gering ist (kleiner als ein Promille in Deutschland), wird - ausgehend von einem heutigen Weltmarkt von 280 Millionen Dollar - ein Volumen von mehreren Milliarden Dollar für die Mitte der 90er Jahre erwartet. Derzeit nutzen in den USA bereits zehn Prozent der Mitarbeiter in großen Firmen Voice-Mail-Systeme. Es liegt auf der Hand, daß sich hierzulande durch das zunehmende Angebot von Telefonapparaten mit Mehrfrequenzwahl und die Einführung des ISDN die Voraussetzungen für Voice-Mail- und Voice-Messaging-Angebote verbessern lassen.

Startschuß für Satellitendienste

Durch die Klärung der Lizenzproblematik für Satellitendienste ist der Startschuß auch für Anbieter aus der Bundesrepublik gefallen. Bei der Nutzung von Satelliten unterscheidet man zwischen "receive only" und "interactiv". Bei receive only übernimmt der Mehrwertdienst die Verteilung von Informationen an viele beziehungsweise die Übermittlung von Informationsströmen, aus denen sich der einzelne Nutzer die für ihn bestimmten Informationen herausfiltert. Der Vorteil des Satelliten besteht in der flächendeckenden Ausstrahlung. Die Verteilung von Daten kann deshalb besonders kostengünstig erfolgen, wenn sich im jeweiligen Empfangsgebiet sehr viele Nutzer für die gleiche Information befinden. Beispiele dafür sind:

- Börsendaten,

- Hot card file (POS),

- Ersatzteillisten,

- Preislisten sowie

- Forschungsergebnisse.

Die Informationen lassen sich mit relativ kleinen VSAT-Terminals empfangen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Informationen in der Austastlücke des Fernsehens zu übertragen. In den USA wird zur Zeit ein Dienst entwickelt, bei dem in die Austastlücken Nachrichten im Rahmen eines Informationsdienstes für Ärzte im Fax-Gruppe-3-Format verteilt werden.

Interaktive Dienste lassen sich entweder nur über VSAT-Systeme oder in einer Kombination von VSAT und beispielsweise Datex-P realisieren. Erfahrungsgemäß ist der Bit-Ratenbedarf zu einer Zentrale meistens geringer als von einer Zentrale zu einer Niederlassung, so daß mit der Kombination kostengünstige Möglichkeiten des Filetransfers für Massendaten geschaffen werden. Beispiele für eine Anwendung sind die Wege-Verfolgung und die Steuerung voll LKW-Transportern mit Hilfe sehr kompakter VSAT-Anlagen bei Dornier.

Standards beleben den VANS-Markt

Theoretisch könnte heute jeder Anwender in Wirtschaft und Verwaltung seine Rechner und Endgeräte über die Dienste der Deutschen Bundespost mit den jeweiligen Geschäftspartnern zusammenschalten und über diese Verbindungen Daten und Texte schnell und effizient übermitteln. Diese Informationen stünden dann für eine automatische oder rechnergestützte weitere Bearbeitung bereits in elektronischer Form zur Verfügung. Da bisher die Normen und Standards für diese Dokumentenaustauschverfahren noch nicht verabschiedet waren, kamen Mehrwertdienste auf diesem Sektor nur dadurch zustande, daß sich die jeweiligen Kommunikationspartner über Inhalt und Übertragungsverfahren im Einzelfall abstimmten und somit einen privaten "Standard" für den Dokumentenaustausch entwickelten. Dies geschah nicht nur zwischen einzelnen Partnern, sondern auch dort, wo es wirtschaftlich vorteilhaft war, innerhalb ganzer Branchen. So haben zum Beispiel Kaufhäuser und Lieferanten den Sedas-Standard und PKW-Hersteller und Teile-Zulieferer den Odette-Standard entwickelt.

Verfahren für den Dokumentenaustausch

Einer der wesentlichen Aspekte für den Nutzen des ISDN im Rahmen von Mehrwertdiensten wird neben den transparenten 64-Kbit/s-Kanälen die Möglichkeit darstellen,

Texte, Daten und Bildinformationen zwischen Rechenzentren und Arbeitsplatz-Computern

unternehmensübergreifend austauschen zu können. Bisher scheiterte dies jedoch an den unterschiedlichen Rechenanlagen der Hersteller und den unterschiedlichen Verfahren (Software) der Anwender. Um ISDN für den unternehmensübergreifenden Text- und Datenaustausch, abgesehen von den standardisierten Diensten Teletex und Telefax, wirklich sinnvoll nutzen zu können, ist die Verbreitung der dafür entwickelten internationalen Standards eine zwingende Voraussetzung. Hier sind zwei Standards von herausragender Bedeutung für VANS:

- X.400-Standard für Mitteilungssysteme (Message Handling Systeme), ein Standard, der für den Austausch von unformatierten Texten über öffentliche Systeme für Electronic Mail von Bedeutung ist,

- Edifact-Standard, der für den Austausch formatierter Geschäftsdaten entwickelt wurde.

Marktchancen für die VANS

In der folgenden Tabelle sind die wesentlichen für VANS-Anbieter relevanten Elemente der Liberalisierung des Fernmeldewesens in Deutschland zusammengestellt.

Die Deutsche Bundespost Telekom behält zwar das Netz- und das Vermittlungsmonopol für Sprache, doch alle Daten- und Textdienste wurden zu "freien Leistungen" erklärt.

Eine entscheidende Rolle wird dabei die Möglichkeit spielen, die von der Deutsche Bundespost Telekom gemietete Leitungskapazität an Kunden weiterzuverkaufen.

Das Funkmonopol bleibt ebenso bei der Deutschen Bundespost Telekom, jedoch mit der Besonderheit, daß ein zweiter Anbieter für den Mobilfunk vorgesehen wurde.

Weiterhin ist die Daten- und Textkommunikation über Satellitenempfangs- und -sendeanlagen für niedrige Bit-Raten (kleiner als 15 Kbit/s) freigegeben. Die Freigabe der Vermittlung von Daten und Text ist für die Anbieter von VANS von entscheidender Bedeutung.

Auf Basis von Mietleitungen und Wählverbindungen können nun private Anbieter eigene Netzinfrastrukturen aufbauen und deren Leistungen an Dritte verkaufen.

Hier sind Netzbetreiber, die einen vertrieblichen Zugang zu Branchen mit hoher räumlicher Diversifikation haben, in der Lage, Bündelungsgewinne zu erzielen. Dies trifft vor allem für Netzbetreiber zu, die bereits eigene Netze installiert haben und jetzt Leistungen ihres Netzes an Kunden weiterverkaufen können.

Auch Unternehmen einer Branche, die sich zusammengeschlossen haben und einen hohen brancheninternen Datenverkehr bewältigen müssen, bietet sich durch die Zusammenfassung ihrer Einzelverbindungen zu einem gemeinsamen Netz, welches von einer Gemeinschaftsfirma betrieben wird, die Möglichkeit, leichter als bisher Kosten zu senken und durch Vermarktung der Dienstleistungen Gewinne zu erwirtschaften.

Private Anbietern sind nun in der Lage, alle Dienstleistungen anzubieten, soweit sie das Netz- und Vermittlungsmonopol für Sprache nicht tangieren. Dies schließt neben den "anwendungsnahen" Mehrwertdiensten auch die "netznahen" Mehrwertdienste mit ein.

Aus den oben dargelegten Gründen werden auch für private Anbieter eine Reihe netznaher Dienste denkbar. Prinzipiell ist der Aufbau neuer, mit dem DATEX-P-Netz konkurrierende X.25-Netze in der Bundesrepublik und den EG-Ländern nun möglich geworden.

"Kritische Masse" an Teilnehmern

Die aufgezeigten Entwicklungen ermöglichen in den nächsten Jahren eine Fülle von VANS-Angeboten, von denen hier nur einige beispielhaft und stichwortartig zusammengestellt sind.

Der wichtigste Erfolgsfaktor für einen VANS-Anbieter ist die Fähigkeit, die "kritische Masse" an Teilnehmern für seinen Mehrwertdienst als Kunden oder Nutzer zu gewinnen. Der Gesichtspunkt der Kostendeckung geht einher mit der Tatsache, daß der Mehrwertdienst nur dann etwas "wert" ist, wenn der einzelne Nutzer oder Kunde viele Teilnehmer erreichen kann, mit denen er Daten oder Texte austauschen kann. Dies gilt vor allem für E-Mail, EDI und Eftpos. Soweit der Anbieter nicht eine oder mehrere große Kundengruppen mit gleichartigen Anwendungserfordernissen für seinen Dienst gewinnen kann, sind hierzu erhebliche Anstrengungen und Aufwendungen für Vertrieb und Marketing erforderlich.

Am Beispiel von Electronic Mail wird dies besonders deutlich. Ein Mailbox-System kann heute mit vergleichsweise geringer Investition aufgebaut werden. E-Mail-Software, Rechner, Modem und Datex-P-Anschluß sind schnell aufgebaut. Unabhängig von den angebotenen Leistungsmerkmalen ist der Erfolg dabei aber von der Fähigkeit des Unternehmens bestimmt, die notwendige "kritische Masse" an Nutzungsverträgen zu akquirieren. Fähigkeit heißt hier nichts anderes, als eine lange Investitionsphase - in Vertrieb und Marketing - erfolgreich durchzustehen. Die Investitionen in Software, Hardware und Netzkosten spielen eine vergleichsweise geringe Rolle. Die eigentliche Investition für Mehrwertdienste besteht in der Werbung und den Personalkosten für Marketing und Vertrieb. Sehr gute Chancen haben aus dieser Sicht Mehrwertdienste, die durch ihre Ausrichtung auf einen bereits vorhandenen Verbund von Nutzern zielen und damit schnell das Problem der "kritischen Masse" überwinden.

Elemente der Liberalisierung für VANS-Anbieter

Einschränkung des Monopols der Post auf:

- das physikalische Netz,

- die Vermittlung von Sprache,

- die Funkkommunikation.

Aufhebung von Verboten:

- Aufhebung der Zusammenschaltungsverbote zwischen Wählnetzen,

- Aufhebung des Vermittlungsverbots für Daten, Text und Bild,

- Aufhebung der Nutzungsbeschränkung für Dritte bei Mietleitungen,

- Zulassung eines zweiten Anbieters für den Mobilfunk,

- Freigabe der Satellitenkommunikation für niedrige Bit-Raten,

- Zulassung privater Modems.

Möglichkeiten für anwendungsnahe Mehrwertdienste

- Electronic Mail mit Zusatzdiensten,

- E-Mail-Lösungen aus einer Hand: Modem, Pcisw, Training, E Mail,

- Online-Verifikation von Kreditkarten,

- Edifact Clearing Center,

- EDI-Lösungen aus einer Hand: Training, Terminal,

Software, Netzanschluß, EDI-Zentrale, Vermittlung von EDI-Partnern,

- Point of Sales Clearing Center, EC-Karte, Kreditkarten, Chip-Karte,

- Geldausgabeautomaten-Clearing Versand von Börsendaten über ISDN-Wählverbindungen,

- Filetransfer,

- Verteilung von Daten für Dritte über Satelliten.

Möglichkeiten für netznahe Mehrwertdienste

- Betrieb von X.25-Netzen und deren Vermarktung,

- Netzwerk-Management für Dritte,

- Betrieb von privaten Btx-Systemen,

- Vertrieb von Übertragungsleistung gesplitterter Mietleitungen,

- Errichtung und Betrieb von privaten Netzen durch Koppelung aller verfügbaren Netz-Dienstleistungen der Deutsche Bundespost Telekom,

- Betrieb von Diensteübergängen und Gateways zwischen ISDN und den bisherigen Diensten,

- Errichtung und Betrieb von Satellitenfunkanlagen für die Übertragung (Verteilung von Daten) niedriger Bit-Raten.

Erfolgsfaktoren für VANS-Anbieter

- "Kritische Masse" von Teilnehmern,

- Finanzkraft für die Marketing und Vertriebsinvestitionen,

- Zugang zu Kundengruppen mit gleichartigen potentiellen Anforderungen, nutzbringende Leistungsmerkmale,

- Stabilität des Unternehmens: Der Kunde braucht Vertrauen in die Langlebigkeit und Zukunftssicherheit des Angebots,

- Know-how über den Telekommunikationsmarkt, internationale Ausrichtung von Anfang an: EG-Binnenmarkt, Nordamerika und Asien.