Missverständnisse und Richtigstellungen

Eine Woche HomePod

Kommentar  24.02.2018
Von   
Mark Zimmermann leitet hauptberuflich das Center of Excellence (CoE mobile) zur mobilen Lösungsentwicklung bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG in Karlsruhe. Er weist mehrere Jahre Erfahrung in den Bereichen Mobile Sicherheit, Mobile Lösungserstellung, Digitalisierung und Wearables auf. Der Autor versteht es, seine Themen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln für unternehmensspezifische Herausforderungen darzustellen. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeiten ist er Autor zahlreicher Artikel in Fachmagazinen.
Auch wenn der HomePod von Apple in Deutschland noch nicht verfügbar ist, konnte ich mir ein Exemplar für den persönlichen Gebrauch ergattern. Dieser Artikel soll einige der im Internet existierenden Missverständnisse entkräften und die kursierenden Meinungen durch eigene - zugegeben subjektive - Erfahrungen ergänzen.

Der HomePod ist ein Gerät voller Missverständnisse: Apple bietet den "smarten" Lautsprecher an und stellt den Assistenten Siri extra nicht in den Vordergrund. Im Fokus steht vielmehr immer die Qualität der Musik-Wiedergabe. Dabei ist Sprache das natürlichste Interface überhaupt. So bewirbt beispielsweise Amazon seinen Echo-Lautsprecher nicht mit seiner Musikqualität, sondern damit, dass dieser auf Sprachkommandos hört und diese "angeblich" versteht. Nutzer denken sofort an SciFi-Serien wie Raumschiff Enterprise, wenn Captain Picard mit dem Schiffscomputer per Sprache interagiert.

Apple HomePod - ein missverstandenes Genie?
Apple HomePod - ein missverstandenes Genie?
Foto: Mark Zimmermann

Kein digitaler Assistent

Die Tücken stecken jedoch im Detail. So funktioniert das Stellen eines Weckers bei Alexa meist noch problemfrei. Das Ergänzen eines Einkaufszettels sorgt aber schon für Schwierigkeiten. Sagen Sie "Alexa, setze Papier, Stift und Radiergummi auf meine Einkaufsliste" registriert Alexa dies noch freundlich. Ein Abfragen "Alexa, was steht auf meiner Einkaufsliste?" versteht der intelligente Lautsprecher auch noch. Die Antwort zeigt aber das Problem, denn diese lautet "Du hast ein Produkt auf der Einkaufsliste: 'Papier Stift und Radiergummi'."

Das Erkennen von Sprache, also das Überführen (Transkribieren) von Sprache in Text, funktioniert häufig ganz gut. Virtuelle Assistenten müssen dabei nicht nur mehr als 50 Sprachen beherrschen, sondern auch eine Reihe an individuellen Dialekten. So verkaufen Bäcker in Südbayern "Semmeln", die ihre Kollegen in Nord- und Ostdeutschland als "Brötchen" bezeichnen.

Das inhaltliche Verstehen obliegt dem Entwickler der dahinter liegenden Dienste, denn dieser bekommt - wiederum am Beispiel von Amazon Echo - den gesprochenen Text übergeben und muss sich selbst um alle Kombinationsmöglichkeiten in Sachen Satzbau und Wortwahl kümmern.

Work in Progress

Apple geht diese Schritte langsam an (für manchen zu langsam), aber dafür mit Bedacht. Mit Siri auf dem HomePod kann man genau das tun, was man für das Thema Musik braucht. Wie sich das Ganze zukünftig entwickelt, kann man aber schon absehen, wenn man einen Blick auf das iPhone wirft.

Dort gibt es feste "Typen" von Interaktionsmöglichkeiten (z.B. Navigieren, Nachrichten, ...) mit Siri. Dafür erhält die jeweilige App die Nachricht bereits korrekt übergeben und muss sich nicht mit Dingen beschäftigen, wie "Schreibe eine Nachricht an...", "Sage meiner Ehefrau ..." oder "Schicke eine Mitteilung an...". Bei Amazon Echo erhält die App komplette Sätze und muss das "Herausfischen" des passenden Kontexts selbst bewältigen.

Das "Verständnis" (verbal/inhaltlich) der menschlichen Aussprache in Kombination mit den (starren) API-Methoden der digitalen Dienstleister, nicht nur von Amazon Echo, wird sich durch die Qualität der Assistenten maßgeblich unterscheiden. Deshalb überlassen viele Firmen die Auswertung der "Eingaben" nicht nur der digitalen Analyse. Im Hintergrund arbeiten oft noch zusätzlich Menschen, die die gestellten Fragen und Aufgaben analysieren, um das "Verständnis" für zukünftige Versionen zu optimieren.

Der Kontext ist wichtig

Bei dem "Verständnis" spielen viele Kriterien eine Rolle, um beispielsweise Mehrdeutigkeiten und Unsicherheiten korrekt zu behandeln. Aber auch die Kontextualität, also das Verstehen und Identifizieren von Elementen im direkten Zusammenhang, spielt eine entscheidende Rolle.

Dies hilft, Bedeutung, Syntax, Ort und Zeit mit Regularien, Profilen, Aufgabe, Zielen und Prozessen zu verbinden. Daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und Informationen aus der Interaktion zu verwerten, und dies zukünftig immer mehr gemischt mit Sensordaten (visuell, gestisch, auditiv), stellt eine enorme Herausforderung dar, nicht nur für virtuelle Assistenten.

Daher halte ich es für nicht richtig, den HomePod für etwas zu bewerten, was er NICHT ist, er ist einfach kein Sprachassistent. Aber das ist ja, soweit wollte ich Sie mit diesem Artikel führen, auch keiner der anderen Lautsprecher im (deutschen) Markt.

Musik muss aus Apple Musik stammen

Dass Apple ein geschlossenes Ökosystem liebt, ist jedem klar und ich bin der Letzte, der das abstreitet. In gewissen Grenzen finde ich das persönlich sogar vorteilhaft. Das Springen zwischen verschiedenen Diensten ist mir im Privaten zu umständlich. Ich möchte eine Lösung, die soll aber funktionieren.

Mit Apple Musik klappt auch alles soweit sehr sehr gut. Die Verständnisprobleme rühren aktuell daher, dass ich deutsche Titel mit englischem Akzent auszusprechen versuche. Wie Sie wissen, ist der HomePod ja in Deutschland noch nicht verfügbar, ergo kann er auch kein Deutsch (Stand heute) verstehen - ein Software-Update wird kurzfristig helfen.

Es ist allerdings falsch, wenn man sagt, dass der HomePod keine anderen Musikquellen unterstützt. Besitzen Sie Spotify & Co., können Sie die Musik mit der jeweiligen iOS-App starten und per AirPlay an den Lautsprecher senden. Ab diesem Moment greift auch wieder die Sprachsteuerung, um zwischen den Songs zu schalten, zu starten oder zu pausieren. Auch auf die Frage, um welchen Song oder Interpreten es sich handelt, gibt der HomePod eine Antwort. Ein Bashing, dass Apple sich Drittanbietern verschließt, halte ich daher für schlichtweg übertrieben.

Wenn SiriKit von iOS auch auf dem HomePod Einzug hält, werden die Möglichkeiten auch steigen. Das Ganze ist, wenn Sie sich die Entwicklungen der Vergangenheit ansehen, keine Phantasie, sondern faktenbasierte Erwartungshaltung.

Kein Android-Support

Viele Menschen vermelden, dass man mit Android und dem HomePod nichts anfangen könne. Das stimmt aber nicht zu 100 Prozent. Sie brauchen ein iOS-Gerät, um den HomePod initial einzurichten, danach können Sie mit jeder AirPlay fähigen App (egal ob Android Phone, Amazon FireTV,...) ihre Audio-Daten über den HomePod wiedergeben.

MultiRoom- und AirPlay-2-Support

AirPlay ist eine proprietäre Schnittstelle zur kabellosen Übertragung von Musik, Videos und Fotos von iOS- und macOS-Geräten auf AirPlay-fähige Empfängergeräte wie Lautsprecher, AV-Empfänger, Stereosysteme und Fernseher. Dritthersteller können eine Lizenz für AirPlay erwerben und ihre Lautsprecher, HiFi-Anlagen usw. mit der Schnittstelle ausstatten, so dass keine zusätzlichen Geräte benötigt werden.

Nun hat Apple für iOS 11 und für den HomePod selbst das Nachfolgeprotokoll AirPlay 2 angekündigt. Mit Airplay 2 wird das Protokoll durch Multi-Room-Support (mit geringer Latenz), Multi-Device-Control (mehrere können es kontrollieren) und einem verbesserten Buffering stark erweitert. Ferner unterstützt Airplay 2 verschiedene Audioformate direkt (LPCM, AAC, MP3, ALAC).

Diese Unterstützung war zuletzt in der iOS 11.3 Beta 2 zu sehen, seitdem fehlt jede Spur. Scheinbar hat Apple noch einige Hausaufgaben zu verrichten.

Wer jedoch MultiRoom-Support heute schon haben will, kann dies mit dem normalen AirPlay bereits erhalten. Öffnen Sie iTunes und nutzen Sie dort AirPlay, MultiRoom geht hier bereits seit Jahren.

AirPlay MultiRoom
AirPlay MultiRoom
Foto: Mark Zimmermann

Aber wenn man das genau nimmt, ist es umso fraglicher, warum das Ganze nicht in iOS Einzug gehalten hat. Hier stimme ich den meisten Beschwerden im Internet zu. Aber ich freue mich wenn das neue Protokoll die höhere Verlässlichkeit mit dem Bedienkomfort veröffentlicht.

Integration in iOS

Die Integration in iOS hat Apple beim HomePod noch nicht optimal gelöst. Wer einen iPod hat, wird sich wundern, was alles möglich ist.

Wählen Sie im Kontrollzentrum die AirPlay Optionen in den Musik-Einstellungen aus. Sie sehen den HomePod als AirPlay-fähiges Gerät in der Liste aller Geräte aufgeführt, aber sie sehen ihn ebenfalls in einer gesonderten Box unterhalb stehen. Wählen Sie diese Box aus und Sie bekommen nicht nur die Möglichkeit, auf dem HomePod direkt die Musik zu steuern, ab jetzt zeigt auch die Musik-App von iOS direkt an, was der HomePod tut bzw. als nächstes tun wird. So können Sie Musik direkt auf dem HomePod wiedergeben und gleichzeitig "andere" Musik auf Ihrem Apple TV und wieder andere Musik auf Ihrem iPhone. Umständlich - aber es geht.

Heimautomatisierung

Zur Steuerung des Eigenheims ist HomeKit nicht die günstigste, aber persönlich empfunden die einfachste und effizienteste Lösung. Im Gegensatz zu anderen Herstellern hat Apple die HomeKit-Unterstützung nur eingeschränkt integriert.

Die Einschränkung hat dabei sogar einen Sinn. Sie wollen ja nicht, dass Ihr Nachbar laut genug schreit "Hey Siri, open the door", um Zutritt durch Ihr smartes Türschloss zu bekommen. Derartige Kommandos verweigert Siri und verweist auf das iPhone. Alle anderen HomeKit-Komponenten lassen sich genau so effizient steuern, wie man es gewohnt ist.

Was noch fehlt

Natürlich ist die erste Firmware noch verbesserungsbedürftig. Abseits von AirPlay 2 und der deutschen Sprache fallen mir noch ein paar andere Punkte ein. So wäre es sinnvoll, den HomePod-Wecker mit Musikstücken belegen zu können. Auch wäre es sinnvoll, die HomeKit-Integration so zu nutzen, dass der HomePod sich deaktiviert, wenn sich das letzte iPhone aus der Wohnung entfernt, bzw. aktiviert, wenn sich ein Nutzer der Wohnung nähert. Auch das Ertönen von Alarmtönen bei gemeldetem Feuer (z.B. HomeKit Feuersensor) oder bei erkannten Bewegungen (obwohl alle iPhones aus dem Haus sind) wären nette Funktionen.

Das man den HomePod zwar als Freisprecheinrichtung nutzen kann, damit aber selbst keine Telefonate führen kann, führe ich auch noch auf die "erste" Firmware zurück und hoffe auf baldige Besserung. Auch die Integration mit der Apple Watch ist noch optimierbar.

Last but not least: Die Musikqualität

Die Musik ist spitze. Es hört sich voluminös an. Der HomePod erkennt seine Umgebung und steuert seine 7 Lautsprecher individuell anhand der Umgebungsparameter. In einigen Review-Videos wurden die HomePods mit anderen Lautsprechern verglichen. So gab es einmal sogar einen "Blindtest", bei dem die Lautsprecher hinter einem Vorhang waren. Der HomePod hat hier als "schlechtester" in Sachen Soundqualität abgeschlossen. Ich habe dafür eine Erklärung. Wenn der HomePod wirklich seine Umgebung erkennt, dann ist ein Vorhang für ihn eine Wand - kein Wunder das der Sound dann nicht so "knackig" rüber kommt. Aber das ist nur meine persönliche Erklärung - ich selbst liebe den HomePod und freue mich auf anstehende Updates. (mb)