Die staatlich geprüfte Programmiererin wurde Projektleiterin

Eine Treppe höher

02.05.1975

MÜNCHEN - Der erste Eindruck von der Projektleiterin Steffi Günther (30): "Die läßt sich die Butter nicht vom Brote nehmen."

Nach ausführlicher Unterhaltung in der EDV-Abteilung der Firma Sager & Woerner (Hoch- und Tief- sowie Straßenbau) verwischt sich die anfängliche, aber irrige Auffassung, trotz attraktiver Verpackung ein karrieresüchtiges "Mannweib" vor sich zu haben. Die staatlich geprüfte Programmiererin (4semestriges Studium an der Fachhochschule Konstanz) Steffi Günther hat bei aller Resolutheit und bestimmt nicht mangelndem Durchsetzungsvermögen eine beträchtliche Portion weiblichen Charmes mitbekommen, der auf Vertreter des starken, männlichen Geschlechts bestimmt nicht ohne beabsichtigte Wirkung bleibt.

Kollegiale Kumpelhaftigkeit und Charme

Ihr Rezept für Frauen in qualifizierten Stellungen ist zwar keine Offenbarung. Es ist jedoch offensichtlich, daß sie damit während ihres bisherigen Berufsweges inmitten nicht minder ehrgeiziger DV-Männer nicht schlecht gefahren ist. Viele Frauen seien der Meinung, daß sich entweder nur als unbeliebtes "Mannweib oder als "reiner Kumpel" oder nur mit verführerischem Augenaufschlag Karriere machen lasse. Steffi Günther bevorzugt eine geschickte Mischung aus kollegialer Kumpelhaftigkeit und Charme und versichert: Nach anfänglichen Vorbehalten habe man sie im Kollegenkreis ohne Mißgunst akzeptiert.

Ihr fast nebensächlicher Hinweis, daß sie es nicht immer leicht gehabt habe, klingt nicht nach Selbstmitleid. Selbstsicher berichtet die gebürtige Sächsin, die kurz vor dem Mauerbau nach Westberlin übersiedelte und dort ihr Abitur machte: Sie sei in ihrer achtjährigen DV-Tätigkeit den Anforderungen als Programmiererin, Systemanalytikerin und DV-Organisatorin gerecht geworden. Zuletzt habe sie während der vergangenen fünf Jahre bei Sager & Woerner als Gruppen- beziehungsweise Projektleiterin fürs Technische Zentralbüro die numerische Bauablaufkontrolle (Massenberechnung von vorgegebenen, mathematischen Formeln zur Leistungserfassung im Hoch-, Tief- und Straßenbau), bestehend aus über einhundert individuellen Programmen in Assembler gelöst. Jetzt habe sie ein neues Projekt in Zusammenarbeit bis zur Programmierreife vorbereitet, und zwar den technisch-wissenschaftlichen Bereich einer umfassenden Reparatur-Kosten-Überwachung von Baugeräten.

Ambitionen im Anwender-Software

Ihre zukünftigen professionellen Ambitionen lägen eindeutig in der Projektbearbeitung von Anwender-Software. Die Antwort, ob sie diese fachlichen Neigungen beim gegenwärtigen Arbeitgeber voll verwirklichen wird können, bleibt sie schuldig. Steffi Günther: "Hier herrscht ein sehr legerer, kollegialer Ton." Den würde sie woanders doch sehr vermissen.