Eine neue Zweiteilung des Arbeitsmarktes vermeiden

31.05.1985

Wir stehen vor der Aufgabe, bei allen Jugendlichen Verständnis für die modernen Techniken zu wecken. Die Fähigkeit, mit den neuen Techniken umzugehen, darf nicht in einer Art Geheimwissenschaft auf den Kreis von Spezialisten begrenzt sein. Deshalb brauchen wir eine informationstechnische Grundbildung für alle hierüber stimmen Bund und Länder überein.

Sie muß als neuer Bestandteil der Bildung unserer Jugend verstanden werden, ohne die traditionellen Kulturtechniken zu verdrängen. Sie muß integriert werden in den Inhalt der allgemeinen und beruflichen Bildung. Über das "Wie" streiten zur Zeit die Fachleute.

Umgang mit den neuen Techniken erfordert auch Wertorientierung für ein selbständiges und verantwortliches Urteil.

Informationstechnische Bildung in der Schule muß deshalb im Rahmen einer umfassenden Allgemein- und Persönälichkeitsbildung gesehen werden. Es geht nicht nur und nicht in erster Linie um die rein technische Beherrschung neuer Techniken. Es geht insbesondere vielmehr darum, die Jugend zu befähigen, die neuen Chancen der Information verantwortungsbewußt zu nutzen. Informationstechnische Grundbildung muß einen erzieherischen Beitrag leisten, der junge Menschen zur geistigen Auseinandersetzung mit dem technischen Fortschritt auf der Grundlage soliden Wissens und Könnens befähigt.

Von Bund und Ländern sind in den vergangenen Jahren wichtige Impulse für die Einführung einer informationstechnischen Grundbildung ausgegangen. Sie haben hierfür ein entsprechendes Rahmenkonzept erarbeitet.

Die Bundesregierung hat mit umfangreichen Förderprogrammen wichtige Signale gesetzt. Ich nenne nur als Beispiele:

- das Versuchsprogramm "Neue Technologien in der beruflichen Bildung",

- die Fördergemeinschaft Computer und Bildung, die gemeinsam mit dem Bundesminister für Forschung und Technologie von mir im März 1984 ins Leben gerufen wurde:

- das Modellprogramm "Computerkurse für Mädchen".

Wenn in Zukunft in vielen Berufsbereichen die neuen Informationstechniken eine zentrale Bedeutung haben, müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, nicht für Frauen neue Benachteiligungen dadurch entstehen zu lassen, daß sie für die neuen Techniken nicht qualifiziert sind. Wir müssen eine neue Zweiteilung des Arbeitsmarktes unbedingt vermeiden!

Die Berufs- und Arbeitsmarktchancen hängen aber in der Zukunft weitgehend von der Fähigkeit im Umgang mit den neuen Techniken ab.

Ich habe daher die herzliche Bitte, daß wir gemeinsam den Ursachen dafür nachgehen, warum Frauen sich bislang so auffällig von der modernen Technik fernhalten. Werden sie ferngehalten durch verfestigte Rollenvorstellungen, durch althergebrachte Traditionen in der Gesellschaft, bei den Betrieben, in Schule und Elternhaus?

Wir brauchen heute hervorragend qualifizierte Facharbeiter, die technische Produkte herstellen und neue Produktionsverfahren anwenden können. Wir brauchen Arbeitnehmer in Dienstleistungs- und Verwaltungsberufen, die an ihrem Arbeitsplatz neue Techniken sachkundig einsetzen können, ebensosehr wie technisch-wissenschaftliche Spitzenkräfte.

Aus der Rede der Bundesministerin anläßlich der Siegerehrug des 3. Bundeswettbewerbs Informatik am 10. Mai 1985 in Paderborn.